Freitag: Ich will mit Stoch ums Gelbe Trikot kämpfen

Skispringen: Interview

Es wird wieder spektakulär. Ab Donnerstag startet die Skiflug-Weltmeisterschaft in Oberstdorf mit der Qualifikation (16 Uhr/Eurosport). Flüge von mehr als 230 Metern präsentieren die Top-Athleten dann. Auch Richard Freitag ist wieder dabei. Der 26-jährige Wahl-Oberstdorfer kehrt dann nach verletzungsbedingter zweiwöchiger Wettkampfpause in den Weltcup zurück.

DORTMUND

, 17.01.2018, 12:18 Uhr / Lesedauer: 5 min
Richard Freitag will bei der Skiflug-Weltmeisterschaft das Gelbe Trikot zurückerobern.

Richard Freitag will bei der Skiflug-Weltmeisterschaft das Gelbe Trikot zurückerobern. © dpa

Herr Freitag, zuallererst wie geht’s der Hüfte?

Soweit ganz gut. Ich merke es noch, das Knochenmarkhämatom wird nicht sofort weggehen. Es ist auf jeden Fall besser.


Wie sehr schränkt Sie das Knochenmarködem noch ein?

Alles, was ich sprungtechnisch brauche, ist okay. Leichte Schmerzen habe ich noch, wenn ich auf einem Bein Stabilisationsübungen mache. Dann merke ich, dass es noch nicht so koordiniert ist, wie es vorher war. Aber das sollte jetzt nicht die größte Einschränkung sein.



Was haben Sie in den Tagen nach Ihrem Sturz in Innsbruck gemacht?

Ich habe viel Physiotherapie gemacht, um es schnellstmöglich wieder herzurichten. Ich habe einfach versucht, den Stoffwechsel anzuregen mit Ergometer fahren. Normales Gehen und Laufen, um Bewegung in den Körper zubekommen und nicht ganz einzurosten. Krafttraining. Ansonsten: Bisschen gelesen, Gitarre gespielt. Auch Freunde getroffen – das ist immer viel Wert, wenn man den Kreis mal wieder trifft.

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Wie haben Sie das Tournee-Aus verarbeitet?

Schwierig. Natürlich ist es blöd gelaufen zu diesem Zeitpunkt. Aber grundsätzlich war das etwas, was auch im Training passieren kann. So ein Sturz, bei dem man sich hinten auf die Skier steigt, ist immer blöd. Ich hatte genug zu tun, um wieder fit zu werden, also ging das ziemlich schnell.



Kommt ein Highlight wie die Skiflug-WM für Sie nach dem Sturz zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt?

Man sucht sich so etwas ja nicht aus. Ich weiß nicht, ob ich es mir zu einem anderen Zeitpunkt wünschen würde. Es kann extrem gut werden, ich hatte eine ruhige Woche durch die Pause. Ich freue mich drauf. Es wird glaube ich, ausverkauft sein, es ist eine tolle Schanze nach dem Umbau geworden.



In Oberstdorf haben Sie schon einmal ein Fliegen gewinnen können. Welche Erinnerungen haben Sie an den 16. Februar 2013?

Dass es einfach cool war. Die alte Oberstdorfschanze war eine meiner Lieblingsflugschanzen aufgrund des Charakters, sie ist aber nicht viel anders geworden. Es war einfach eine coole Stimmung und die wird dieses Jahr noch besser sein (lacht).



Wie wohl fühlen Sie sich beim Skifliegen generell?

Ich glaube, dass die Voraussetzungen bei mir noch nie so da waren, wie in diesem Jahr. Deswegen freue ich mich jetzt auch, das beim Skifliegen erleben zu dürfen. Ob man das dann 1:1 umsetzen kann, das steht offen, das ist klar. Es ist immer noch eine geringfügig andere Disziplin zum Skispringen.



Beim Skifliegen wird auch oft von einer noch höheren psychischen Belastung im Vergleich zum Skispringen gesprochen.

Es liegt an den Kräften, die wirken. Die Absprungkante kommt durch die höheren Geschwindigkeiten schneller (lacht), man muss schon wach sein. Der Flug ist einfach 100 Meter länger, du kannst einerseits länger genießen, es ist aber nicht so, dass wir nicht auch in der Luft arbeiten müssen.



Was nehmen Sie sich persönlich für die vier Wettkampfsprünge vor?

Es sind natürlich zwei Trainingssprünge und die Qualifikation vorneweg. Da sehe ich dann, wie ich wieder hereinkomme. Grundsätzlich habe ich mir erst einmal vorgenommen, es zu genießen. Ich hatte keine Trainingsflüge vorweg. Wir haben eine Skiflug-WM zuhause, wenn wir uns die Vergabe der Großveranstaltungen in den letzten Jahren anschauen, können wir darüber, glaube ich, sehr, sehr froh sein. Und ich werde mich davor hüten, mir es schwer zu machen, und mir einen zu großen Druck zu machen.



Die Norweger waren am Kulm wieder erwartungsgemäß stark. Wen zählen Sie noch zu den Favoriten?

Wenn man sich das letzte Skifliegen in Oberstdorf anschaut, dann waren Andreas Wellinger und Stefan Kraft stark. Ich glaube, dass sie wieder vorne mitmischen werden. Auch Simon Ammann, der jetzt wieder anschließen konnte, zähle ich dazu. Da lasse ich mich sehr gerne überraschen.

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Ein Wort zu Kamil Stochs Grand-Slam-Sieges bei der Tournee?

Unglaublich einfach. Er hat es verdient wie kein anderer, er hat in seiner Karriere schon alles gewonnen und jetzt auch diesen Vollerfolg.



Wie wichtig ist Ihnen die Zurückeroberung des Gelben Trikots von Stoch, der derzeit der Weltcup-Gesamtführende ist?

Ich will auf jeden Fall drum kämpfen. Jetzt stehen mit Skiflug-WM und Olympia natürlich noch zwei andere Höhepunkte an. Erst einmal möchte ich mich wieder in die Position bringen, mit Kamil darum zu kämpfen. Darauf freue ich mich.



Sie sind vor der Saison vom heimischen Erzgebirge nach Oberstdorf gezogen. Wie sehr hat Sie dieser Schritt auch abseits des Sports reifen lassen?

Am Anfang habe ich mich gefragt, ob es wirklich was für mich ist. Aber mittlerweile habe ich mich gut eingelebt. Das Umfeld ist da – Freunde, Trainer. Es passt alles zueinander. Ich glaube einfach, dass man an jeder Veränderung, wie mit diesem Umfeldwechsel, wachsen kann. Inwieweit, müssen andere beurteilen.



Richard Freitag trägt seit dieser Saison Schnurrbart. Hat das modische Gründe oder steckt da mehr dahinter?

(Lacht) Es fing im November mit der Aktion Movember an. Dann haben meine Freunde mitgezogen, dann hat sich ein kleiner Hype entwickelt und ich habe ihn nicht mehr abrasiert. Insofern ist es auch eine Werbung für den Sport geworden. Ich habe das Gefühl, dass mich jetzt mehr Leute erkennen (lacht), was nicht der Zweck war. Er bleibt erst mal dran.