Frag doch Onkel Max Zuckerberg und Rosenthal - woher kommen jüdische Nachnamen?

Frag doch Onkel Max: Woher kommen jüdische Nachnamen?
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NICHTE GISELA B. fragt: Jüdische Namen erkennt man oft, weil sie blumenreich und wohlklingend sind, etwa Rubinstein, Rosenthal, Bernstein, Lilienthal usw. Meine Mutter erzählte dazu, dass Juden früher deutsche Namen annehmen und dafür Geld bezahlen mussten. Jedenfalls hätten die Armen oder weniger Zahlungskräftigen hässlichere Namen abgekriegt, die dann später oft geändert wurden. Den Namen der Vorfahren unserer Nachbarn kannte sie von früher. Sie hießen Niedergesäß. Was kannst du dazu herausfinden?

Auch, wenn viele dies glauben, aber „die“ jüdischen Namen gibt es nicht, liebe Gisela.

„Jüdinnen und Juden trugen und tragen eine Vielzahl an Familiennamen, die sich meist nicht von den Namen von Nichtjuden unterscheiden“, sagt Dr. Johannes Czakai von der Hebräischen Universität Jerusalem. „Zu den häufigsten Familiennamen von deutschen Juden um 1900 zählten zum Beispiel Meyer und Wolf. Dennoch gibt es Namen, die häufiger in jüdischen Familien vorkommen. Die angesprochenen ‚wohlklingenden‘ Namen etwa kommen tatsächlich etwas häufiger vor, aber lassen sich meist nicht auf jüdische Familien begrenzen. Der berühmte Otto Lilienthal etwa hatte absolut keine Verbindung zum Judentum. Dass manche Namen eventuell teuer erkauft wurden, ist ein Gerücht aus dem 19. Jahrhundert, das aber auf keinerlei Fakten basiert. Die neuere Forschung hat keine Anhaltspunkte für Bestechung gefunden, kann aber auch nicht 100-prozentig ausschließen, dass es so etwas in irgendwelchen Einzelfällen gegeben haben kann – dann aber vermutlich nicht im heutigen deutschen Sprachraum. Der Name Niedergesäß hat keinerlei jüdischen Ursprung, sondern ist ein alter christlicher Familienname.“

Der Grund dafür, dass man vor allem „wohlklingende“ Namen mit jüdischen Familien assoziiert, liegt in der Geschichte. In seiner Doktorarbeit mit dem Titel „Nochems neue Namen“ hat sich Czakai mit den jüdischen Namen in der früheren österreichischen Provinz Galizien beschäftigt. Heute gehört das Gebiet zum Staatsbereich von Polen und der Ukraine. „Die Vergabe neuer Namen an Jüdinnen und Juden war allem voran ein administrativer Akt“, sagt Johannes Czakai. Um das Jahr 1800 führten viele europäische Staaten moderne Verwaltungen und Staatsbürgerrechte für Juden ein. Zu diesem Zweck sollten die Bürger registriert werden. In der jüdischen Bevölkerung waren damals aber meist noch keine festen Familiennamen gebräuchlich. Es gab Vor- und variable Beinamen, oft auch Spitznamen. Für die Bürokratie stellte das natürlich ein großes Problem dar. Und so wurden Juden aufgefordert, einen festen und unveränderlichen Vor- und Familiennamen zu registrieren.

„In den meisten Staaten durften die Jüdinnen und Juden selbst über ihre Namen entscheiden. Oft machten sie Vornamen oder Herkunftsorte zu neuen Familiennamen, wie Moses, Simon, Rathenau oder Horkheimer. In anderen Fällen waren es Namen, wie sie im damaligen Kulturgeschmack en vogue waren, wie Weißberg oder Rosenthal, oder andere Wörter der deutschen Sprache, wie Neumann, Stern, Adler, Strauß.“ In Galizien jedoch bestimmten Beamte viele der neuen Namen, die heute merkwürdig oder zufällig anmuten. Dort entstand etwa der Name „Streusand“, die Ursprungsversion des Familiennamens von Barbra Streisand. Namen dieser Art seien aber eher die Ausnahme.

Namen von Juden lassen sich kaum von den Namen von Nichtjuden unterscheiden

Obwohl einige Namen also häufiger in jüdischen Familien vorkommen (wie Levi oder Friedmann), lassen sich die Namen von Juden für gewöhnlich kaum von den Namen von Nichtjuden unterscheiden und man kann meistens keine klaren Grenzen ziehen. Dennoch wurden und werden in der Öffentlichkeit einige Namen als „typisch“ jüdisch wahrgenommen, was man in Dietz Berings Buch „Der Name als Stigma“ nachlesen kann.

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