NEFFE REINHARD H. fragt: Lieber Onkel Max, ich glaube mich zu erinnern, dass es noch zu Zeiten des polnischen Papstes Karol Wojtyla eine „Stabsstelle“ im Vatikan gab, die für Teufelsaustreibungen zuständig war. Dafür war ein Bischof eigens abgestellt. Gibt es diese Institution für die Teufelsaustreibung noch?
Eine Institution oder Stabsstelle im Vatikan für Exorzismus gab und gibt es nicht, lieber Reinhard. Dies hat mir die Deutsche Bischofskonferenz mitgeteilt. Aber: Es gibt die Internationale Vereinigung der Exorzisten, die vom Vatikan anerkannt ist. Außerdem bietet die Päpstliche Hochschule Exorzismus-Kurse an. Sogenannte „Teufelsaustreibungen“ gibt es daher immer noch.
Laut Weltverband der Exorzisten gibt es etwa 900 aktive Exorzisten und Hilfsexorzisten, die meisten in Italien, den USA und Mexiko. In Deutschland gab es am 1. Juli 1976 den letzten offiziellen Exorzismus. An diesem Tag meldete ein Geistlicher namens Ernst Alt den Tod von Anneliese Michel.
Die 23-Jährige lebte mit ihren drei Schwestern in einem streng katholischen Elternhaus. Mit 16 Jahren hatte sie einen epileptischen Anfall. Die Ärzte diagnostizierten die Epilepsie und verschrieben ihr Medikamente. Zunächst blieb sie unter der Medikation unauffällig, doch bei ihrem letzten Besuch beim behandelnden Arzt stellte dieser fest, dass sie erste Anzeichen einer paranoiden Psychose aufwies. Sie sieht Dämonen mit Fratzen und fühlt sich von übernatürlichen Wesen bedroht.
Im Gegensatz zu dem Mediziner glaubt die streng gläubige Familie – ebenso wie Anneliese selbst – daran, dass das Mädchen vom Teufel besessen sei. Die Familie wendet sich an den Exorzisten Alt, der vom Würzburger Bischof schließlich den Auftrag erhält, an Anneliese einen Exorzismus durchzuführen. Alt versucht, zusammen mit einem anderen Pater, die angeblich sechs Dämonen, von denen Anneliese besessen sei, ausfindig zu machen und dazu zu bewegen, von der jungen Frau abzulassen.
1976 stirbt Anneliese im Alter von 23 Jahren an Unterernährung – sie hatte das Essen verweigert und wog schließlich nur noch 31 Kilogramm. Sowohl die Priester als auch die Eltern wurden anschließend wegen unterlassener Hilfeleistung zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt.
Vatikan überarbeitete 1999 das Regelwerk
Nach dem Tod von Anneliese Michel entbrannte in der Öffentlichkeit eine große Diskussion über dieses Thema – auch in der katholischen Kirche. Aber erst 1999 gab der Vatikan überarbeitete Regeln bekannt: Seither sollen Bittgebete das Ritual bestimmen und nicht mehr die direkte Anrede des Dämons. Außerdem ist eine medizinische und psychologische Betreuung vorgesehen. So soll etwa der Exorzismus abgebrochen werden, wenn die behandelte Person medizinische Hilfe verweigert. Konkret soll der Exorzist vorab prüfen, ob eine Besessenheit vorliegt und sich dann mit Ärzten und Psychiatern beraten.
Ritual wird von zwei Priestern durchgeführt
Wenn dann wirklich eine Teufelsaustreibung stattfindet, steht am Anfang des etwa einstündigen Rituals die Besprengung mit Weihwasser. Anschließend folgt ein Gebet mit der Anrufung Gottes. Danach wird ein Evangeliumstext vorgelesen, der Exorzist legt die Hände auf und ruft noch einmal Gott an, um den Teufel zu vertreiben. Das Ritual soll dabei immer von zwei Priestern durchgeführt werden.
Seit 2005 bietet die päpstliche Hochschule Athenaeum Regina Apostolorum – wie bereits erwähnt – Exorzismus-Kurse an, in denen es nicht nur um theologische und liturgische Aspekte, sondern auch um psychologische, neurologische und rechtliche Themen rund um den Exorzismus geht.
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