Flipper im Krieg für Putin? Warum die Tiere der russischen Armee helfen könnten

Ukraine-Krieg

Im Schwarzen Meer sollen Delfine Putins Flotte schützen. Ein Experte für Delfinhaltung ordnet die Berichte ein – und macht deutlich, wie lange Militärs schon mit Delfinen arbeiten.

Berlin

30.04.2022, 04:00 Uhr / Lesedauer: 2 min
Delfine können für den Einsatz im Krieg trainiert werden, weiß Verhaltensbiologe und Delfinexperte Lorenzo von Fersen.

Delfine können für den Einsatz im Krieg trainiert werden, weiß Verhaltensbiologe und Delfinexperte Lorenzo von Fersen. © picture alliance / dpa-tmn

Delfine im Einsatz für Russland im Krieg gegen die Ukraine? Was zunächst skurril klingt, kann durchaus einen wichtigen Dienst im Kriegseinsatz erfüllen. „Ein Delfin ist wie ein guter Wachhund“, sagt der Biologe Lorenzo von Fersen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Seit mehr als 20 Jahren forscht von Fersen im Tiergarten Nürnberg mit dem Schwerpunkt der Verhaltensbiologie bei aquatischen Säugetieren, der Delfinhaltung und dem Artenschutz. Von Fersen weiß: Nicht nur die Russen haben in der Vergangenheit militärisch auf die Meeressäuger gesetzt.

Delfine im Kriegseinsatz? Das sei eine alte Geschichte, sagt von Fersen. „Der letzte militärische Einsatz von Delfinen durch die Amerikaner war in den 90ern im Golfkrieg.“ Er sei selbst dabei gewesen, als Russland und die USA erstmals ihre Ergebnisse aus den Forschungen mit Delfinen zusammentrugen. Eingeladen hatte damals die Akademie der Wissenschaften in Moskau. Das war Anfang der 1990er Jahre. Von Fersen selbst forscht seit 1982 auf seinem Gebiet.

Delfine im Krieg: Forschungen laufen seit den 60er Jahren

Der Ursprung der russischen und amerikanischen Forschungen ist laut von Fersen derselbe gewesen. „Man wollte das Sonarsystem der Delfine verstehen.“ Begonnen hätten solche Forschungen in den 60er und 70er Jahren. „Die menschgemachten Sonarsysteme waren da noch lange nicht so gut wie die der Delfine“, erklärt der Verhaltensbiologe und Experte für Delfine.

Laut des unabhängigen US Naval Institutes (USNI), das in Annapolis im Bundesstaat Maryland sitzt, entwickelte die sowjetische Marine während des Kalten Krieges sogar mehrere Programme mit Meeressäugern, darunter eines mit sogenannten Kampfdelfinen nahe Sewastopol. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sei dieses an das ukrainische Militär gegangen, als Folge der russischen Annexion der Halbinsel Krim 2014 dann aber unter Kontrolle der Marine Russlands geraten. Seither seien diese Programme ausgeweitet worden.

Delfine können Tauchern schwere Verletzungen zufügen

Doch lassen sich Delfine abrichten wie Hunde oder Pferde, die schon lange Teil von Sicherheitseinrichtungen und Militärs sind? Das Trainieren der Tiere sei nicht besonders schwer, sagt von Fersen. „Das Entdecken und Bergen von Minen oder Ähnlichem ist einfach.“ Delfine könnten auch darauf trainiert werden, Taucher nur zu markieren, also zu melden. „Dann springen die Tiere zum Beispiel aus dem Wasser. Es wird also mit einem Verhalten signalisiert – so wie der Hund bellt.“

Aber auch das Einüben von gezielten Attacken gegen Menschen ist laut von Fersen möglich. „Ein Delfin kann ohne Weiteres trainiert werden, einen Taucher zu rammen. Delfine haben eine sehr starke Schnauze und das kann dann schon zu schweren Verletzungen führen.“

Man sehe die Tiere jetzt erneut im Einsatz in einer kriegerischen Mission. „Das ist vollkommen Unsinn und äußerst alarmierend, die Tiere werden unnötigen und lebensbedrohlichen Gefahren ausgesetzt“, kritisiert von Fersen das Vorgehen. Für ihn ist der Einsatz „eher ein Zeichen der technischen Schwäche. Es gibt genug technische Möglichkeiten, die sicherlich viel besser sind als das, was ein Delfin liefern kann.“

Berichte über russischen Delfin-Einsatz im Schwarzen Meer

Laut US-Angaben nutzt Russland Delfine, um seine Schwarzmeerflotte zu schützen. An der Einfahrt zum Hafen von Sewastopol seien dazu zwei Unterwassergehege platziert worden, schrieb das US Naval Institute am Mittwoch (Ortszeit) in seinem Nachrichtenportal.

Satellitenaufnahmen legten nahe, dass die Gehege im Februar dorthin verlegt worden seien, etwa zu der Zeit, als Russlands Angriff auf die Ukraine begann. Von Fersen gibt jedoch zu bedenken, dass es gerade in dieser Region schon immer viel Forschung an Delfinen gab. „Dass es die Käfige gibt, kann sehr gut sein. Es ist aber auch möglich, dass das gar nichts mit der kriegerischen Auseinandersetzung zu tun hat.“

Laut dem Bericht ist es denkbar, dass die Delfine zur Abwehr feindlicher Taucher eingesetzt werden sollen, die versuchen könnten, in den Hafen einzudringen und Kriegsschiffe zu sabotieren.

RND

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