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Fatale Irrtümer: RKI widerlegt die meisten medizinischen Gründe gegen eine Impfung
Coronavirus
Viele Menschen glauben, dass eine Corona-Impfung aus medizinischen Gründen für sie nicht in Frage kommt. In den meisten Fällen ist das aber ein fataler Irrtum mit schlimmen Folgen, so das RKI.
Noch immer sind rund 25 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ohne jeden Impfschutz gegen das Coronavirus. Das sind mehr als 20 Millionen Menschen. Doch nicht alle diese Menschen sind Impfskeptiker oder gar Impfgegner.
Viele von ihnen würden sich gerne impfen lassen, sind aber der festen Überzeugung, dass sie sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen dürfen. Dabei ist das in den allermeisten Fällen laut Robert-Koch-Institut (RKI) ein glatter Irrtum mit im Zweifelsfall schlimmen Folgen.
Robert-Koch-Institut versteckt Liste der Fehleinschätzungen
Wenige Tage vor Weihnachten hat das RKI Hinweise zu Fehleinschätzungen über die Frage, wann medizinische Gründe gegen eine Corona-Impfung veröffentlicht. In Wahrheit gebe es „nur sehr wenige Kontraindikationen und Gründe, warum eine Person sich dauerhaft oder vorübergehend nicht gegen Covid-19 impfen lassen kann“.
Das Problem: Diese Hinweise sind versteckt in einem viele, viele Seiten langen Frage- und Antwort-Stück des RKI, das nahezu täglich mit weiteren Infos bestückt wird. Das ist möglicherweise der Hauptgrund dafür, dass diese Hinweise bisher kaum bekannt sind. Dabei können sie für manche Betroffene den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.
Die Irrtümer im Detail
In seinen Hinweisen listet das RKI die „falschen Kontraindikationen“ auf, also die Fälle, in denen jemand völlig zu Unrecht annimmt, dass er oder sie sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen darf. Im einzelnen nennt das RKI folgende Irrtümer:
- Krebserkrankungen, rheumatologische Erkrankungen
- Allergien, sofern sie nicht direkt gegen Bestandteile der Impfstoffe bestehen
- Behandlung mit Antibiotika oder Kortikosteroiden oder lokal angewendeten steroidhaltigen Präparaten
- Blutungsneigung/ Einnahme von Gerinnungsmedikamenten
- Neurologische Vorerkrankungen wie Multiple Sklerose
- Chronische Erkrankungen wie Chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder Nierenerkrankungen
In all diesen Fällen spreche nichts gegen eine Corona-Impfung, so das RKI, das zudem mit einem weiteren Irrtum aufräumt. Fälschlicherweise nähmen viele Menschen an, dass bei hohem Antikörperspiegel nach der Grundimmunisierung gegen Covid 19 oder einer Corona-Infektion keine Auffrischungs-Impfung verabreicht werden sollte.
Antikörpertestung „nicht empfohlen“
Auch das sei „nicht korrekt“, sagt das RKI und schreibt: „Es ist nicht bekannt, ab welchem Wert von einem ausreichenden Schutz vor der Erkrankung ausgegangen werden kann. Es ist daher auch nicht empfohlen, vor der Verabreichung der (Auffrisch-)Impfung mittels serologischer Antikörpertestung zu prüfen, ob weiterhin ein Schutz vor Covid-19 besteht.“ Sicherheitsbedenken für eine (Auffrisch-)Impfung bei noch bestehender Immunität gebe es nicht.
Nach Einschätzung des RKI gebe es nur sehr wenige Einzelfälle, in denen Menschen aufgrund von Allergien gegen Bestandteile der Corona-Impfstoffe nicht geimpft werden dürfen. In der Regel könnten Personen, für die ein Impfstoff ausscheidet, mit einem der anderen geimpft werden.
Leichtes Fieber schadet nicht
Eine Impfung mit Astrazeneca sollte man lediglich bei zwei seltenen Vorerkrankungen unterlassen: bei einem Thrombozytopenie-Syndrom oder einem Kapillarlecksyndrom. In diesen Fällen können mRNA-Impfstoffe verwendet werden.
Zudem seien noch immer Menschen der Überzeugung, dass sie sich etwa bei Erkältungen mit leichtem Fieber nicht impfen lassen dürften. Auch das sei falsch, schreibt das RKI. Bei „banalen Infekten“ und Fieber bis 38,5 Grad bestehe kein Grund, eine Impfung abzusagen. Bei höherem Fieber solle man das Abklingen des Fiebers abwarten.
Chemo-Patienten und Organtransplantierte
Das RKI räumt ein, dass viele andere Personengruppen zwar geimpft werden können, die Impfwirkung bei ihnen aber möglicherweise weniger wirksam ist. Das betreffe etwa Menschen mit einer Immunschwäche. „Dies heißt aber nicht, dass alle diese Personen nicht auf die Impfung ansprechen. Selbst unter schwer immunsupprimierten Personen, wie z.B. Krebspatienten unter bestimmten Chemotherapien oder Organtransplantierten, ist das Ansprechen auf die Impfung sehr unterschiedlich“, stellt das RKI klar.
Zudem weist es darauf hin, dass auch manche Ärztinnen und Ärzte in solchen Fällen Komplikationen befürchten und daher auf eine Impfung verzichteten. Das aber sei nicht der richtige Weg, sagt das RKI, denn: „Gerade die „Impfung immundefizienter Patientinnen und Patienten ist besonders wichtig, da diese ein erhöhtes Risiko für schwere Covid-19-Verläufe haben. Deshalb wird hier in der Regel besonders zu einer Impfung geraten.“
Ulrich Breulmann, Jahrgang 1962, ist Diplom-Theologe. Nach seinem Volontariat arbeitete er zunächst sechseinhalb Jahre in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten, bevor er als Redaktionsleiter in verschiedenen Städten des Münsterlandes und in Dortmund eingesetzt war. Seit Dezember 2019 ist er als Investigativ-Reporter im Einsatz.
