Papas neues Spielzeug ist auf dem Dach Wie Photovoltaik unser Familienleben verändert

Papas Spielzeug auf dem Dach: Familienleben folgt dem Stand der Sonne
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Mit neun kW hätte früher kein Papa angegeben. Ein Auto mit umgerechnet zwölf PS löst unter „echten Männern“ eher mitleidige Blicke aus. Über einen solchen Familienwagen hätten Jungs in der Schule lieber geschwiegen: voll peinlich. Aber neun kW auf dem Dach: Da sieht die Sache schon anders aus. Jawohl: Die Papatastisch-Familie ist jetzt unter die Stromerzeuger gegangen. Endlich ist die Anlage da. Mit unseren neun kW können wir protzen, Jungs!

Am Anfang stand ein Klettergerüst

Als die Photovoltaik gerade installiert wurde, hatten die Kinder viel Freude an dem Projekt. Über das Baugerüst kletterten sie in diesem Sommer am Haus rauf und runter. Kleine und große Kinder: Ich konnte weder meine Frau noch ihren Vater vom Kraxeln abhalten. Vielmehr ermunterte der Opa noch: „Super, geh mal bis ganz oben!“ Als Mensch mit Höhenangst konnte ich gar nicht hinsehen. Zum Glück kriege ich nicht alles mit.

Ein Teufelsding: Sonnenstrom ohne Sonne

Das Gerüst ist längst weg, die Platten sind drauf, und das Interesse lässt schlagartig nach. „Guck mal: Das ist unser Wechselrichter. Cool oder?“ Ich versuche Begeisterung zu wecken, doch das Echo ist mau: „Joa. Toll, Papa...“ Für mich ist die Sache jetzt erst richtig spannend. Dieses Teufelsding macht Strom aus Sonnenlicht, und ich kann es sehen. Am Computer oder auch mit einer App an meinem Handy wird „live“ angezeigt, wie viel Energie die Sonne in dieser Sekunde erzeugt. Das miese Wetter müsste eine einzige Enttäuschung sein, hatte ich befürchtet. Aber schon am Abend des ersten vollständigen Betriebstages habe ich gefeiert. Der Tag hatte Wolken oder Wolken mit Regen, rund um die Uhr, und trotzdem haben wir über 13 Kilowattstunden hergestellt. Papatastisch.

Die Photovoltaik-App ist Papas Spielzeug

Aktuelle Leistung, Auswertungen für die vergangenen Tage für Produktion oder Verbrauch, Energiebilanz, Ertragsberechnung - und die CO2-Erparnis liegt schon umgerechnet bei drei Bäumen. Stundenlang könnte ich mich mit meinem neuen Spielzeug beschäftigen. „Hast du die App schon auf dem Handy?“, fragte ich letztens meinen ältesten Sohn. „Nee, noch nicht.“ Er wolle das später machen, sagte er. Er sei gleich verabredet. Der Funke springt sehr schleppend über.

Handyladegeräte gehören nicht zu den größten Stromverbrauchern im Haushalt. Aber wenn alle Geräte der Familie am Netz hängen, dann sollte möglichst die Sonne scheinen.
Handyladegeräte gehören nicht zu den größten Stromverbrauchern im Haushalt. Aber wenn alle Geräte der Familie am Netz hängen, dann sollte möglichst die Sonne scheinen. © Raulf

Wettbewerb: Wir kaufen keinen Strom mehr

Mein neuer Sport heißt: Keinen Strom mehr kaufen. Meiner Frau habe ich die App kurzerhand selbst installiert und ihr vorgeschlagen, wie wir die neue Art der Energie nutzen. Unser großartiger Batteriespeicher macht uns zwar fast unabhängig: Stromproduktion und -verbrauch müssen nicht gleichzeitig sein. Aber am besten ist es natürlich, wenn leistungsstarke Maschinen während der Sonnenzeit laufen. Waschmaschine, Spülmaschine oder Trockner sollten nur tagsüber in Betrieb gehen, optimal sind Tage mit wenig Bewölkung. Ein Blick auf die App genügt, um den Tagesablauf optimal zu strukturieren. Als ich letztens von Hand spülte, habe ich Wasser im Wasserkocher erhitzt und ins Becken geschüttet. Warmwasser aus dem Hahn braucht schließlich teures, klimaschädliches Erdgas. Und das können wir ja jetzt vermeiden! „Na das wird ja lustig“, kommentierte meine Frau.

Noch lachen sie

Eine Computerspiel-Party meines Sohns störte ich dieser Tage auch mit einem Energiehinweis: „Jungs, die Sonne ist untergegangen. Bitte die Geräte so langsam ausschalten.“ An diesem Abend glaubten sie noch an einen Scherz. Aber Papas Pläne mit seinem neuen Spielzeug fangen jetzt erst richtig an. Mein Plan: Künftig werden Handys und Tablets nur noch zwischen 11 und 15 Uhr geladen. Wer erst später aus der Schule kommt, hat Pech. Ab Mitte November muss der Fernseher für dreieinhalb Monate ausgeschaltet bleiben. Der Apparat braucht schließlich 100 Watt, bei Blödsinn-Sendungen wahrscheinlich noch mehr. Und wer abends noch Hunger auf Reste kriegt, isst sie bitte ab sofort kalt. Kein Mikrowellenbetrieb ohne Direktsonne.

So werden wir es machen. Man muss die Menschen begeistern für Solarenergie.

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„Papatastisch“ heißt die Familienkolumne von Redakteur und Vater Thomas Raulf. Alle Schilderungen beruhen auf wahren Ereignissen, aber lesen Sie gern ein Augenzwinkern mit. Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie auf unserer Internetseite: www.hellwegeranzeiger.de/schlagwort/papatastisch