WM-Aus für DFB-Elf Danke, Jungs! Jetzt muss Papa nicht mehr alle mit dem WM-Boykott nerven

Ich kann in der Familie keinen WM-Boykott durchsetzen
Lesezeit

Muss der Papatastisch-Autor jetzt auch noch zur WM seinen Senf dazugeben? Muss er. Er ist sauer. „Es ist jawohl ganz klar, dass wir keines dieser Spiele anschauen!“ Deutlich habe ich meinen Standpunkt vertreten, als der Beginn der Fußballweltmeisterschaft näher rückte. Inzwischen wünsche ich mir beinahe die Zeiten zurück, als das Wort des Vaters Gesetz war in jedem Haushalt. Aber das Schlimmste ist ja jetzt zum Glück überstanden.

Wir versuchen, den Kindern hier und da Werte zu vermitteln. Wenn Menschen ausgebeutet werden, damit andere superreich werden, ist das nicht richtig. Wenn Menschen beim Bau von Fußballstadien sterben, ist das gelinde gesagt auch falsch. So etwas versteht jedes Kind. Also hätten wir als Familie mit grimmiger Entschlossenheit entscheiden können, dass wir uns an dieser WM nicht als Zuschauer beteiligen. Wir hätten ein Zeichen setzen können in unserem Wohnzimmer. Haben wir aber nicht. Ich konnte keinen Boykott durchsetzen. „Wir wollen Fußball gucken, Papa!“

Schwarz-rot-gelb geschminkt saß bei uns zwar niemand auf dem Sofa dieses Mal. Echte WM-Begeisterung war Fehlanzeige. Aber die deutschen Spiele und auch ein paar andere haben die Kinder dann doch gesehen – begleitet von Vattis Genörgel.

Kompromiss: Der Solidaritäts-Euro

Gefrustet schlug ich als Kompromiss den Solidaritäts-Euro vor: Wer ein Spiel sehen möchte, muss einen Euro abgeben. Das Gesammelte würde ich am Ende dann aus meiner Tasche verdoppeln, und wir spenden die Summe an eine Menschenrechtsorganisation. Ich fand die Idee super. Aber gezahlt hat bisher keiner. Mein Ältester erklärte, er werde die Spiele dann einfach bei einem Kumpel sehen, da kostet es ja nichts. Na, mal sehen. Vielleicht bekommen wir ja nachträglich jetzt noch eine kleine interne Spendenaktion hin, die Menschen irgendwo ein wenig unterstützt.

Ein Glück, sie sind ‘raus

Die Flick-Elf (nennt man das so?) hat mir am Donnerstagabend jedenfalls geholfen. Ich sage danke, dass wir jetzt nicht mehr so viel streiten müssen zu Hause. Die Spiele der anderen Mannschaften werden sich vielleicht unsere hartgesottenen Fans (zwei Jungs und Opa) noch reinziehen, aber ansonsten ist durch das deutsche Ausscheiden wohl die Luft raus aus dem fragwürdigen Spektakel.

Sauer bin ich immer noch. Schon als Kind habe ich nie Fußball an sich, aber Welt- und Europameisterschaften immer gern verfolgt. An „Italia 90“ mit Andi Brehmes Sieg-Elfmeter kurz vor Schluss gegen Maradonas Argentinier erinnere ich mich gern. Was haben wir mitgefiebert. Solche Wettbewerbe können richtig Spaß machen und spannend sein – ein schönes Erlebnis auch für eine Familie. Aber mit der Vergabe an Katar haben die Funktionäre uns jawohl allen endgültig den Spaß daran verdorben. Herr Infantino: Dafür mache ich Sie und Ihresgleichen persönlich verantwortlich. So. Jetzt weiß er‘s.

„Papatastisch“ heißt die Familienkolumne von Redakteur und Vater Thomas Raulf. Alle Schilderungen beruhen auf wahren Ereignissen, aber lesen Sie gern ein Augenzwinkern mit. Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie auf unserer Internetseite: www.hellwegeranzeiger.de/schlagwort/papatastisch