
© picture alliance/dpa
Ex-Sportler und ihr Geld: die schwierige Aufgabe, nicht pleite zu gehen
Pleite
Ex-Tennisstar Boris Becker steht seit einer Woche in London wegen möglicher Insolvenzverschleppung vor Gericht. Bereits 2017 war er zahlungsunfähig. Mit diesem Schicksal ist er nicht allein.
Boris Becker war „schockiert“ und „beschämt“, als er im Juni 2017 zahlungsunfähig wurde. Das sagte er Montag vor dem Southwark Crown Court in London. In 24 Anklagepunkten wird ihm Insolvenzverschleppung vorgeworfen. Dazu zählt neben dem Zurückhalten seiner Trophäen in neun Fällen das Verschweigen von Immobilien, Aktien und Bankguthaben.
Die Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn, frühzeitig von seiner bevorstehenden Insolvenz gewusst zu haben. Nämlich bereits im Jahr 2015. Becker bestreitet das. Wie dem auch sei. Fakt ist: Der dreifache Wimbledon-Sieger hat in seiner Karriere von 1984 bis 1999 insgesamt gut 25 Millionen US-Dollar Preisgeld erspielt. Geblieben ist davon so gut wie nichts.
Doch mit diesem Schicksal ist er nicht alleine. Ehemalige Profisportler – in den allermeisten Fällen sind es tatsächlich Männer, Sportlerinnen fast nie – die ihre Millionengehälter früher oder später verprassen, sind ein bekanntes Phänomen. Oftmals sind ein ausschweifender Lebensstil und schlechte Vorsorge der Grund.
Der Tennisspieler Björn Borg hatte beispielsweise von den 80 Millionen Dollar, die er während seiner Karriere erspielte, schon wenige Jahre später nichts mehr. Basketballstar Allen Iverson verlor mehr als 200 Millionen Dollar. Profiboxer Mike Tyson sogar 400 Millionen. Und auch Basketballer Dennis Rodman musste eingestehen, bankrott zu sein.
Auf was Sportler beim Finanzplan achten sollten
Doch nicht nur extravagante Sport-Punks wie Dennis Rodman sind der Gefahr des Bankrotts ausgesetzt. Es kann auch gewöhnliche Sportler ohne Hang zum Luxuriösen treffen. „In der Fußball-Bundesliga verdienen die Spieler zum Beispiel gutes Geld, aber eben über einen begrenzten Zeitraum“, erklärt der Vermögensverwalter Marc Cujai gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Je nach Mentalität und Umgang mit dem Geld kann ein durchschnittlicher Bundesliga-Spieler auch bei den heutigen Gehältern irgendwann in finanzielle Probleme kommen.“
Cujai ist Geschäftsführer der MC Vermögensmanagement AG und berät Sportler in Finanzfragen. Die meisten seiner Kunden sind Fußballprofis. „Bei Fußballern ist es oft so, dass sie zwischen 30 und 35 in einer Realität ankommen und kaum noch etwas verdienen. Die Lebenshaltungskosten dann runterzuschrauben ist extrem schwierig“, erklärt er im Gespräch mit dem RND.
Deshalb sei es wichtig, bereits früh mit den jungen Profis und deren Spielerberatern zusammenzuarbeiten. Entscheidend sei es, „mit steigendem Gehalt die Lebenshaltungskosten nicht zu stark ansteigen zu lassen und gleichzeitig eine relativ einfache und überschaubare Struktur zu haben“. Cujai empfiehlt, ein Haus oder eine Wohnung zu haben, die bis Karriereende abbezahlt ist, zusätzlich ein bis zwei Wohnungen, die vermietet werden, und in Wertpapiere zu investieren.
Unwissenheit und Pech bei Investitionen
In den schlechten Fällen würden sich Sportler oft Beteiligungen erkaufen, die fremdfinanziert oder mit Krediten finanziert sind. Oder Konstrukte aufbauen, bei denen Immobilien zu GmbHs zusammengeführt sind oder sie nicht mehr an ihr Geld kommen. Je mehr Berater die Sportler hätten, desto schlechter seien die Strukturen. „Wenn sich die Leute dann mit finanziellen Dingen nicht auskennen und sich die Investitionen nicht so entwickeln wie geplant, kommen sie in Probleme.“
Bei Boris Becker dürfte das der Fall gewesen sein. Vor Gericht gibt er an, nicht zu wissen, wie viele Konten er wo besitzt, dass Immobilien in seinem Namen geführt wurden und wo die gewonnenen Trophäen lagern. Er hat scheinbar den Überblick verloren – und das schon vor einiger Zeit.
23 Jahre lang besaß Becker drei Mercedes-Autohäuser. 2017 – im Jahr der Insolvenz – verkaufte er diese. Aus dem Verkauf soll er laut Anklage 1,14 Millionen Euro dem Insolvenzverwalter entzogen haben. „Das Problem von Becker ist, dass er immer an die Falschen geraten ist“, sagt Karsten Mielke, ein langjähriger Kunde in Beckers ehemaligem Autoahaus im Gespräch mit der „Ostsee-Zeitung“.
Vermögensverwalter Cujai beobachtet allerdings bei Sportlern auch einen positiven Trend. „Es gibt mittlerweile auch viele vernünftige Spieler, die ihr Vermögen so aufgebaut haben, dass sie nach ihrer Karriere sorglos leben können, weil sie Mieteinnahmen und Dividendeneinnahmen haben. Aber gleichzeitig eine hohe Sparquote. Das waren Spieler, die fast 100.000 monatlich verdient haben und mit 5000 bis 10.000 Euro monatlich auskamen“, sagt Cujai.
Ob Spieler gut mit Geld umgehen können, sei oft auch eine Charakterfrage. Allerdings gibt Cujai zu bedenken, dass das junge Alter und die fehlende wirtschaftliche Erfahrung oft das Problem sei. In den Fußballinternaten spiele das Thema Geldanlagen, wie allgemein im deutschen Schulsystem, keine Rolle. „Man kann ihnen gar nicht böse sein, wenn sie nicht mit Geld umgehen können.“
„Es gibt Sportler, die sind unbelehrbar“
Er empfiehlt daher: „Man sollte nicht versuchen, mit gewissen Leuten mitzuhalten.“ Im Umfeld eines Profisportlers gebe es immer Mannschaftskollegen oder Freunde, die mehr verdienen. Gerade in jungen Jahren steige der Druck, dazugehören zu wollen. Spieler würden sich dann Sachen leisten, die sich sich besser nicht leisten sollten, aber wollen es nicht zeigen. „Häufig reichen die Gelder dann nach Karriereende nur zwei bis drei Jahre. Das geht leider sehr schnell.“
Hinzu komme dann häufig, dass Sportler aufgrund der Bestätigung, die sie aus ihrem Umfeld bekommen, denken, dass sie alles besser wissen. „Die sind nicht belehrbar.“ Cujai und sein Unternehmen hätten sich deswegen schon von zehn bis 15 Spielern trennen müssen, weil die Zusammenarbeit nicht mehr funktioniert habe.
Die Absicherung in den ersten Jahren nach dem Karriereende sei besonders wichtig, erklärt der Vermögensverwalter. „Danach findet man meistens seine Berufung, was man nach dem Sport machen will, und verdient auch wieder Geld.“ Um diese Zeit zu überbrücken, hat Cujai einen Vorschlag: „Es wäre sinnvoll, von jedem Gehalt 10 bis 15 Prozent in eine Pensionskasse einzuzahlen. Nach dem Karriereende würden die Spieler das dann über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren wieder ausgeschüttet bekommen.“
Leider würden sich die Vereine da nicht rantrauen. „Mir wurde gesagt, dass das rechtlich nicht möglich sei.“ Deswegen seien die Spieler auf individuelle Absicherung angewiesen. Man manchen funktioniere das gut. Bei anderen weniger.
Der Artikel "Ex-Sportler und ihr Geld: die schwierige Aufgabe, nicht pleite zu gehen" stammt von unserem Partner, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.