Ex-Leibwächter abgeschoben: Gericht sieht Foltergefahr

Zeitweise soll Sami A. Leibgardist Osama bin Ladens gewesen sein. Seit Jahren lebt er in Bochum, nun wird der Tunesier in sein Heimatland abgeschoben - trotz eines gerichtlichen Abschiebeverbots.

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Berlin/Düsseldorf

, 13.07.2018, 13:18 Uhr / Lesedauer: 2 min
Ein Justizbeamter geht hinter einer vergitterten Tür über den Flur eines Abschiebegefängnisses. Foto: Arne Dedert/Archiv

Ein Justizbeamter geht hinter einer vergitterten Tür über den Flur eines Abschiebegefängnisses. Foto: Arne Dedert/Archiv

Ein Ex-Leibwächter von Al-Kaida-Anführer Osama bin Laden ist aus Deutschland abgeschoben und den Behörden in Tunesien übergeben worden - obwohl ein Gericht dies kurz zuvor untersagt hatte. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte in Berlin, er sei in Begleitung von vier Bundespolizisten außer Landes gebracht worden. Sami A. wurde Sicherheitskreisen zufolge am Freitag gegen 7.00 Uhr mit einer Chartermaschine von Düsseldorf aus in sein Heimatland geflogen. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung darüber berichtet.

Erst am Donnerstag hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden, dass der von den Sicherheitsbehörden als islamistischer Gefährder eingestufte Sami A. vorerst nicht abgeschoben werden dürfe. Über das Abschiebeverbot hatte das Gericht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) am Freitagmorgen informiert. Die Entscheidung vom Donnerstagabend sei um 8.27 Uhr an das Bamf gefaxt worden, sagte ein Gerichtssprecher. Das Bamf untersteht dem Bundesinnenministerium (BMI).

Die BMI-Sprecherin sagte weiter, Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) „wurde heute morgen nach Beendigung der Rückführung informiert, sprich mit Übergabe an die tunesischen Behörden“. Sie erklärte, generell sei es so, dass „wenn den Behörden ein gerichtlicher Beschluss bekannt ist, dass eine Abschiebung nicht durchgeführt werden darf, dann kann nicht abgeschoben werden“.

Das Bundesinnenministerium habe die Behörden in Nordrhein-Westfalen bei der Abschiebung „unterstützt“, fügte die Sprecherin hinzu. Die Entscheidung über die Abschiebung liege in diesem Fall aber in NRW. Vom NRW-Flüchtlingsministerium war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Auf die Frage eines Journalisten, ob der Gefährder womöglich aufgrund der Gerichtsentscheidung nach Deutschland zurückgeholt werden müsse, sagte die BMI-Sprecherin: „Das ist tatsächlich Sache von NRW und im Ergebnis des Gerichts.“

Das Verwaltungsgericht hatte sein Verbot mit fehlender Sicherheit für Sami A. vor Folter in Tunesien begründet. Es liege keine diplomatisch verbindliche Zusicherung der tunesischen Regierung vor, dass dem Tunesier im Falle der Rückkehr keine Folter drohe. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, das Ministerium sei am vergangenen Montag über den geplanten Abschiebeflug informiert worden. Die deutsche Botschaft in Tunis habe daraufhin beim tunesischen Außenministerium diesen Flug angemeldet.

Sami A. lebte seit Jahren mit Frau und Kindern in Bochum. Er war 1997 zum Studium nach Deutschland gekommen. Im Jahr 2000 soll er eine militärische Ausbildung in einem Lager der Al-Kaida in Afghanistan erhalten und zeitweise zur Leibgarde von Osama bin Laden gehört haben. Bin Laden ist der Gründer des Terrornetzwerks Al-Kaida. Er wurde 2011 in Pakistan von einem US-Kommando getötet.

Anschließend soll sich Sami A. in Deutschland als salafistischer Prediger betätigt haben. Der Tunesier hat diese Vorwürfe stets bestritten. Die Bundesanwaltschaft hatte laut Gericht gegen ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, aber mangels hinreichenden Tatverdachts wieder eingestellt.

Abgeschoben werden soll der Tunesier seit 2014. Damals hatte das Bamf das Abschiebeverbot erstmals aufgehoben. Dagegen wehrte sich Sami A. bislang erfolgreich vor Gericht. Im Juni 2018 hob das Bamf erneut das Abschiebeverbot auf. Sami A. wurde darauf festgenommen und kam in ein Abschiebegefängnis.