1.143 Cold Cases in NRW So laufen die Ermittlungen in alten Mordfällen

Ausklärungschancen in über 400 Cold Cases
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Rund anderthalb Jahre lang hat eine Gruppe aus ehemaligen Polizistinnen und Polizisten 1.143 ungeklärte Mordfälle aus Nordrhein-Westfalen noch einmal genau unter die Lupe genommen. Die Fälle reichen bis in das Jahr 1970 zurück. Die bereits im März vorgestellte Bilanz des Projektes sollte die Polizei aber noch weiter beschäftigen. "Auch wenn die Verbrechen noch so lange her sind, keiner der Täter sollte sich in Sicherheit wähnen", kommentierte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) die Ergebnisse des Polizeiprojektes damals.

Die Ermittler sahen tatsächlich in mehr als 400 Fällen gute Chancen, dass die Täter doch noch gefasst werden können. Vor sechs Jahren hatte das Landeskriminalamt NRW eine Datenbank für diese Fälle eingerichtet. Vor allem die DNA-Technik liefere neue Ansätze. Sie hat sich seither rasant weiterentwickelt. Konnten alte Fälle aufgeklärt oder neue Hinweise und Verdächtige ermittelt werden?

Mord an einer Stewardess im Jahr 2007

Die Leiche von Flugbegleiterin Claudia K. war am 1. Februar 2007 von ihrem Sohn in ihrer Wohnung tot aufgefunden worden, als der Junge aus der Schule kam. Der Ehemann der getöteten 47-Jährigen habe damals Zeugen zufolge damit gedroht, seine Frau umzubringen oder umbringen zu lassen. Er hatte sich wenige Tage nach dem Mord an der 47-jährigen Claudia K. erschossen.

Doch bei dem mutmaßlichen Mörder einer Stewardess aus Velbert soll es sich um einen vorbestraften Bekannten ihres Ehemanns handeln. An der Kleidung der Toten seien 2007 mehrere Hautschuppen des inzwischen 57-Jährigen sichergestellt worden, teilten die Ermittler am Montag (4.9.) in Düsseldorf mit. Mit Hilfe einer neuen Technik sei es nun gelungen, diese Hautschuppen auf den vielen Klebefolien aufzuspüren, mit denen die Leiche damals abgeklebt worden war.

Karnevalsmord von 1988

Karneval 1988: In der Kölner Altstadt wird eine junge Frau erwürgt. Das Verbrechen bleibt lange ungeklärt. Doch dann nehmen die Ermittler 35 Jahre nach der Tat einen Verdächtigen fest. Am Montag (4.9.) startete der Prozess am Kölner Landgericht. Den entscheidenden Hinweis gab ein Zuschauer der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY...ungelöst“, wo der Fall von den Ermittlern vorgestellt wurde.

Ein Anrufer berichtete, dass sein früherer Kumpel der 24-Jährigen in der Tatnacht von einem Taxistand aus gefolgt sei und in den folgenden Tagen sein Aussehen verändert habe. „Ohne den Zeugen wären wir nie auf den Verdächtigen gekommen“, sagt der Leiter der „Cold Cases“-Einheit der Kölner Polizei, Markus Weber. Ein DNA-Abgleich mit an der Leiche gesicherten DNA-Spuren ergab dann einen Treffer.

„Cold Case“ Mord im Maisfeld von 1992

Vor 31 Jahren wurde die 50-jährige Sigrid C. bei einem Spaziergang in einem Maisfeld in Meersbusch gewürgt, erdrosselt und mit 13 Messerstichen umgebracht. Auch hier brachten DNA-Spuren den Durchbruch: ein gebürtiger Düsseldorfer ist jetzt wegen Mordes angeklagt. Er verbüßt bereits eine lebenslange Haftstrafe, weil er 1995 laut rechtskräftigem Gerichtsurteil in Süddeutschland eine zwölf Jahre alte Schülerin erstochen hatte. Die Tat in Meersbusch bestreitet der Angeklagte. Ein Urteil liegt noch nicht vor.

Brutaler Mord in Vlotho-Exter von 2014

Im Februar 2014 war die 84-jährige Agnes N. in ihrem Haus von einem Unbekannten erstochen worden. Knapp neun Jahre nach ihrem gewaltsamen Tod hat die Polizei einen Tatverdächtigen festgenommen. Zur Festnahme kam es durch die erneute Auswertung von Mikrospuren am Tatort. Die führten zum DNA-Material des 38-jährigen Verdächtigen, das den Ermittlern aus einem anderen Verfahren vorlag. Zu einem Verfahren werde es laut WDR aber nicht kommen, da der 38-Jährige in Untersuchungshaft Suizid begangen habe. Ein weiterer Mordfall aus Lohmar konnte aus Ermittlersicht bereits aufgeklärt werden.

Mit dpa-Informationen/seh

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