Nino Matich war in der SPD so etwas wie die „klare Kante“ in Menschengestalt: Offen, ehrlich und sehr direkt, aber auch anpackend und verlässlich werden ihn die Unnaer in Erinnerung halten.
Wenn Nino Matich in Königsborn unterwegs war, glich seine Lauf- und Fahrstrecke dem Zickzack eines Streifenganges. Und doch war Nino immer geradeaus. Der „liebenswerte Bollerkopf“, wie ein Parteifreund ihn einmal nannte, stand wie kein zweiter in der Unnaer Politik für die Tugenden der Menschen im Ruhrgebiet: Kumpelhaft im Wesen, offen und direkt, anpackend und zuverlässig gestaltete er Unna und insbesondere Königsborn mit. 45 Jahre als Ratsherr und 39 Jahre als Ortsvorsteher sind die Rahmendaten einer Ära, in der Franz-Georg Matich zu den bekanntesten und markantesten Köpfen der Stadt gehörte.
Matich war einen Weg gegangen, der in vielem typisch war für die Region – allerdings so konsequent, dass es schon wieder herausragend war. Bergmann, Gewerkschafter, SPD-Mitglied, Taubenzüchter und Knappschaftsältester war Matich. Unter anderem. Am 14. September 1936 kam Franz-Georg Matich zur Welt. Sein Vater verdiente das Geld für die Familie auf der Zeche Königsborn. Der Sohn folgte diesem Beispiel. So war es damals üblich, genau wie die Partei- und Gewerkschaftsmitgliedschaft. Wer etwas werden oder etwas bewegen wollte, der musste dort Mitglied sein. Doch Matich fand dort auch eine echte Heimat. 2015 erhielt er für seine kommunalpolitische Arbeitsleistung die Willy-Brandt-Ehrenmedaille. Es ist die höchste Auszeichnung in der SPD.
Matichs Einstieg in die Politik war ein Traumstart. 1969, mit gerade einmal 33 Jahren, holte er das Direktmandat in seinem Wahlbezirk in Königsborn mit dem besten Einzelergebnis in der Stadt: 73,87 Prozent der Wähler hatten für den jungen Mann gestimmt, der zwar politisch noch am Anfang seines Weges stand, aber längst bekannt war wie ein bunter Hund. Eine seiner Stärken war, dass er stets mit Menschen konnte. Einem Nino Matich begegnete man immer auf Augenhöhe. Das galt für den Arbeitslosen wie für den Großverdiener. Ob es nun wirklich um politische Themen ging oder um die kleinen Nöte des Alltags: Matich war immer gut ansprechbar. Als er 1975 auch die Funktion des Ortsvorstehers übernahm, war er der erste weit und breit, der seinen Bürgern verbindliche Sprechzeiten anbot, damit sie wussten, wo sie ihn finden würden. Dabei war die Wahrscheinlichkeit, dem Ortsvorsteher zu begegnen, in Königsborn auch bei einem normalen Spaziergang immer hoch.
Präsenz zu zeigen gehörte für ihn zum laufenden Geschäft. Auf seinem Fahrrad drehte er seine Runden. Und noch später, als ihm das Gehen immer schwerer viel und er sich von den politischen Ämtern zurückgezogen hatte, schien Nino Matich immer mit dabei zu sein. Selbst auf Krücken sah man ihn durch Königsborn ziehen. Als er auf einen elektrischen Rollstuhl umsteigen musste, begegnete er der Lage mit typischem Kumpelhumor. „Ich setz mich dann auf meinen Chopper“, ulkte er.
Dabei war Matich über lange Jahre seines Lebens ein körperlich kräftiger Mann, der seinen Ort auch handfest mitgestaltete. Wenn aus dem Teich im Kurpark die „Klamotten“ geholt werden mussten, stieg Matich dafür selbst hinein und packte an.
Der Kurpark, den er unter anderem mit dem Mittsommernachtsfest belebte, war für Matich ein beliebtes Revier. Obwohl im Kern eher Königsborner als Unnaer, lagen ihm die Städtepartnerschaften am Herzen, und für die Besuche aus Döbeln kam er auf die Idee, den Kurpark als Zeltwiese zu nutzen. Später reisten die Waalwijker an. „Camping im Kurpark“ wurde zur Institution – und Matich persönlich schlüpfte in die Rolle des Platzwartes.
Obwohl er selbst im Bergbau zu Hause war, pflegte Matich auch die anderen Kapitel der Königsborner Ortsgeschichte: Die Salzgeschichte, das Andenken an die Kurbadzeit. Den Rekruten der Glückauf-Kaserne erklärte er in Führungen ihre vorübergehende Heimat. Danach wussten sie Bescheid, denn wenn ein Nino Matich gesprochen hat, blieben keine Fragen offen. Diese klare Sprache mit ihrer polternden Herzlichkeit werden nicht nur die Königsborner vermissen. Am 4. August ist seine Stimme verstummt. Matich verstarb im Alter von 81 Jahren.
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Verwurzelt und gewachsen in der Hellwegbörde. Ab 1976 Kindheit am Hellweg in Rünthe. Seit 2003 Redakteur beim Hellweger Anzeiger. Hat in Unna schon Kasernen bewacht und grüne Lastwagen gelenkt. Aktuell beäugt er das politische Geschehen dort und fährt lieber Fahrrad, natürlich auch auf dem Hellweg.
