Ex-Opern-Chef trickst Enkeltrick-Betrüger aus – reihenweise
Prozess
Er hat sich nicht aufs Glatteis führen lassen: Werner Hellfritzsch, Ex-Opern-Chef in Düsseldorf, brachte Enkeltrick-Betrüger zur Strecke. Ein anderer Prominenter wäre fast auf sie reingefallen.
Der ehemalige Verwaltungschef der Düsseldorfer Oper, Werner Hellfritzsch (74), erwirbt sich im Ruhestand ungewöhnliche Verdienste: Er bringt Enkeltrickbetrüger zur Strecke. Amtsrichter Mihael Pohar lobte das Engagement Hellfritzschs am Dienstag ausdrücklich als „stark“.
Zuvor hatte Hellfritzsch als Zeuge ausgesagt, wie er im Februar ein weiteres Mal Enkeltrick-Betrüger auffliegen ließ. Einem vorbestraften 46-Jährigen, der als Geldabholer fungierte, trug dies am Dienstag eineinhalb Jahre Haft ohne Bewährung wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs ein.
„Gegen 15.40 Uhr klingelte mein Festnetztelefon“, sagte Hellfritzsch vor Gericht. Zuerst sei eine schluchzende Frau am anderen Ende der Leitung gewesen: Sie habe einen tödlichen Unfall verursacht und käme in Haft, wenn sie nicht eine Kaution herbeischaffe.
Dann habe ein vermeintlicher Staatsanwalt behauptet, die Frau sei die Tochter des ehemaligen Opernchefs. Doch Hellfritzsch hat keine Tochter. „Aber ich wollte den Betrügern das Handwerk legen“, sagte der 74-Jährige und spielte das böse Spiel mit.
Betrüger waren bereits im vergangenen Jahr an Hellfritzsch gescheitert
Um parallel die Polizei zu alarmieren, täuschte er Probleme mit seinem Tresor und ein „altersbedingtes dringendes Bedürfnis“ vor. Der Forderung der Anrufer, Gold und Geld zur Düsseldorfer Gerichtskasse zu bringen, kam er auf Anraten der Polizei nicht nach: Er sei zu schlecht zu Fuß.
Als die Betrüger daraufhin den Geldabholer zu ihm nach Hause entsandten, wartete die Polizei bereits. Dessen Beteuerungen, er habe von der Vorgeschichte nichts gewusst, glaubte ihm das Gericht schon angesichts der Vorstrafen nicht.
Bereits Ende November 2021 waren Betrüger mit der gleichen Masche an Hellfritzsch gescheitert. Damals war es Tochter „Erika“ und eine falsche Staatsanwältin, die ihn zu überrumpeln versuchten. Ein 18-Jähriger war beim Geldabholen festgenommen und zu Jugendarrest verurteilt worden.
Christian Pfeiffer hingegen wäre fast auf Enkeltrick-Betrüger hereingefallen - trotz seiner Erfahrung als langjähriger Kriminologe und früherer Direktor des kriminologischen Forschungsinstituts in Niedersachsen. Wie er in kürzlich bei einer Pressekonferenz erklärte, gaukelten die Kriminellen ihm am Telefon vor, seine Tochter sei in einen Autounfall verwickelt worden und habe ein Kind totgefahren. Um einen Haftbefehl abzuwenden, brauche die Tochter angeblich 55.000 Euro. Den 78-Jährigen hat das Erlebnis stark mitgenommen.
„Es hat absolut glaubwürdig gewirkt“
Der Schwindel der Trickbetrüger auf der anderen Seite der Telefonleitung bewegte Pfeiffer sogar dazu, Kontakt mit seiner Bank aufzunehmen, um das Geld zu besorgen. Geschickt ließen die Betrüger Details wie den Namen der Tochter und die Farbe ihres Autos einfließen - es habe absolut glaubwürdig gewirkt, versicherte er. Nur durch den zufälligen Ausfall der Technik und seinem Versuch, über die Rufnummer 110 wieder Kontakt zu der Person herzustellen, flog der Betrug auf.
Ab da stand er unter Polizeischutz.

Der Kriminologe Christian Pfeiffer, langjähriger Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, wurde fast zum Opfer von Enkeltrick-Betrügern. © picture alliance/dpa
Er versuchte, gemeinsam mit der Polizei die Betrüger zu fassen. Klar sei ihm gewesen, er werde höchstwahrscheinlich beobachtet. Mit verdecktem Polizeischutz machte sich Pfeiffer auf den Weg zur Bank und schob einen Zettel hin, auf dem stand „Betrug: 55.000 Euro“. Die Mitarbeiterin steckte in eine kleine Tasche gewöhnliches Papier hinein. Von weitem betrachtet hätte es eine Mappe voller Bargeld sein können, sagte er. Währenddessen blieb er ständig mit den Betrügern am Telefon verbunden.
Pfeiffer ließ sich darauf ein, den Lockvogel zu spielen
Mittlerweile war es gegen 2 Uhr in der Nacht. Die Betrüger forderten Pfeiffer auf, das Geld nach Hildesheim zu bringen. Aus Sicherheitsgründen brach die Polizei die Aktion ab. Die Gefahr war zu hoch, dass Pfeiffer etwas auf dem Weg passieren könnte. So wurden die Täter nicht gefunden.
Die Polizei steht vor der großen Herausforderung, den Trickbetrügern entgegenzuwirken. Die Dunkelziffer der Vorfälle sei sehr hoch, denn viele Opfer würden sich schämen, darauf hereingefallen zu sein, hieß es von der Polizei. Volker Kluwe, Präsident der PD Hannover, rät, immer misstrauisch und sensibel zu bleiben. „Drücken Sie nicht die Rückruftaste“, dies führe zu häufigeren Anrufen. Opfer sollten stets die Polizei benachrichtigen, das helfe bei der Aufklärung.