Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1 und der Übernahmestation der Ferngasleitung OPAL (Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung) sind vor Sonnenaufgang zu sehen.

Aus Russland kommt deutlich weniger Gas als üblich, die Speicher in Deutschland müssen aber trotzdem bis zum Winter gefüllt werden. Das hat Auswirkungen auch auf die Gaspreise. © picture alliance/dpa

Gaspreise, Speicherstände und Verbrauch: Die aktuelle Lage in Deutschland

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Die Gaspreise in Deutschland explodieren, weitere Steigerungen sind bereits angekündigt. Die Gasspeicher füllen sich nur langsam. Die aktuelle Lage im Überblick.

NRW

, 03.08.2022, 04:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Jahrelang hat Deutschland Gas aus Russland importiert und damit die eigenen Speicher gefüllt. Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine will die Bundesrepublik weniger abhängig von Gas-Importen aus Russland werden und sucht nach Alternativen. Zeitgleich hat Russland die Gas-Lieferungen in den vergangenen Monaten drastisch reduziert.

Die Folgen der Energiekrise sind bereits jetzt für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu spüren: Die Gaspreise sind explodiert und werden noch weiter steigen. Zugleich blicken Privatpersonen und Industrie auf die Gas-Speicherstände in Deutschland. Reichen die Mengen aus, um über den Winter zu kommen? Die Bundesregierung plant bereits für Herbst und Winter vor.

Wie voll sind die Gasspeicher in Deutschland? Wie haben sich die Gaspreise in den vergangenen Monaten entwickelt? Und macht sich bereits bemerkbar, dass Privatpersonen und Industrie Gas sparen wollen? Die aktuelle Lage in Deutschland im Überblick.

Gaspreise: Verdreifachung der Preise seit 2021

Die Gaspreise in Deutschland sind in den vergangenen Monaten drastisch gestiegen. Lag der durchschnittliche Preis für eine Kilowattstunde (kWh) bei einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh in den Jahren 2020 und 2021 noch zwischen 5 und 6 Cent, kostet die Kilowattstunde inzwischen fast 18 Cent. Und die Preise werden aller Voraussicht nach noch weiter steigen.

Wegen einer staatlichen Umlage kommen ab Herbst zusätzliche Preiserhöhungen auf deutsche Gaskunden zu. Privathaushalte werden dadurch ab Oktober um voraussichtlich mehrere hundert Euro pro Jahr zusätzlich belastet. Die Umlage soll Gasversorgern wie Uniper zugute kommen, die zu hohen Preisen Ersatz für ausbleibende Gasmengen aus Russland kaufen müssen. Dazu kommt, dass marktgetriebene drastische Preissteigerungen ohnehin schrittweise die Kunden erreichen.

Konkret wird die Gas-Umlage bei 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde liegen, so Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Bei einem durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Jahr wären das 300 bis 1000 Euro.

Die Bundesregierung hat jedoch weitere Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger angekündigt. Zu Beginn des kommenden Jahres soll es eine Wohngeldreform geben, der Kreis der Berechtigten soll ausgeweitet werden. Ebenfalls ab 2023 soll ein Bürgergeld kommen, welches das bisherige Hartz IV-System ablösen soll.

Gasspeicher: 95 Prozent bis zum Winter geplant

Seit Juni fließt deutlich weniger Gas aus Russland nach Deutschland, als noch in den Monaten und Jahren zuvor. Erst hatte der russische Energiekonzern Gazprom die Liefermenge durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 auf 40 Prozent der maximalen Kapazität gesenkt. Nach einem kurzzeitigen kompletten Lieferstopp wird seit Ende Juli nur noch 20 Prozent der möglichen Gesamtmenge aus Russland geliefert.

Geht Deutschland bald das Gas aus? Um das zu verhindern, soll das Gasspeichergesetz noch einmal verschärft werden mit einem neuen Zwischenziel für den 1. September von 75 Prozent. Zum 1. Oktober sollen die Speicher zu 85 Prozent voll sein statt wie bisher geplant zu 80 Prozent und zum 1. November zu 95 statt wie bisher 90 Prozent. am 30. Juli lag der Speicherstand bei rund 69 Prozent. Die Speicher voll zu bekommen, hat oberste Priorität für die Bundesregierung, um möglichst gewappnet zu sein für den Winter.

Die Gaswirtschaft ist in Sachen Speicherbefüllung skeptisch: „Sollte es bei einer auf 20 Prozent reduzierten Liefermenge bleiben, ist eine ausreichende Befüllung der Gasspeicher in unseren Augen nicht realistisch“, sagte der Vorstand des Branchenverbandes Zukunft Gas, Timm Kehler, der Deutschen Presseagentur (dpa). Aktuell drohe demnach aufgrund der zuverlässigen Lieferungen aus Norwegen und den Niederlanden aber keine Gasmangellage.

Gasverbrauch: Hohe Temperaturen machen sich bemerkbar

Angesichts der gedrosselten Gas-Liefermengen gilt vor allem eins: sparen, sparen, sparen. Der Gasverbrauch in Deutschland muss deutlich reduziert werden - teilweise geschieht das angesichts der explodierenden Gaspreise schon freiwillig.

Zugute kommen dabei aber auch die hohen Temperaturen in diesem Jahr. In den bisherigen Monaten des Jahres 2022 ist es deutlich wärmer als noch im selben Zeitraum des Vorjahres - insbesondere in den heizintensiven Monaten Januar und Februar. Daher wurde bereits im Winter weniger Gas verbraucht als noch im Vorjahr.

Aber auch in den Monaten, in denen üblicherweise weniger bis gar nicht geheizt wird, wurde in diesem Jahr Gas gespart. So ist der Gasverbrauch im Mai und Juni besonders stark zurückgegangen, um jeweils rund ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr. Im Juli wurde sogar weniger als halb so viel Gas verbraucht, wie noch 2021.