Endstation „Lindenstraße“ – die letzte Klappe der Kultserie fällt
TV-Kult
Auf dem Filmgelände in Köln-Bocklemünd endet nach 34 Jahren ein Kapitel deutscher Fernsehgeschichte. Wenn die letzte Klappe gefallen ist, gibt es noch eine Weihnachtsfeier – dann ist Schluss.

„Schön war’s hier, Mama!“: Marie-Luise Marjan und Moritz A. Sachs schauen sich in der Kulisse der ARD-Vorabendserie „Lindenstraße“ um. Die Serie wird nach 34 Jahren eingestellt. All die Jahre begeisterten die beiden als Mutter Beimer und ihr Sohn Klaus Beimer die Zuschauer. © picture alliance/dpa
Die Tage sind gezählt. Am Freitag (20. Dezember) fällt in Köln-Bocklemünd nach 34 Jahren die letzte Klappe bei der ARD-Kultserie „Lindenstraße“. Am 29. März 2020 soll die finale Folge im Fernsehen gezeigt werden. Höchste Zeit, ein letztes Mal bei den Dreharbeiten vorbeizuschauen.
Das Außengelände sowie die beiden Studiokomplexe der „Lindenstraße“ befinden sich auf dem WDR-Gelände nordwestlich von Köln. Man muss mit dem Auto oder Bus anreisen. Eine Straßenbahn fährt nicht so weit raus aus Köln.
Moritz A. Sachs hat ein sehr emotionales Verhältnis zur „Lindenstraße“
Es ist ein kalter Vormittag im November. Leichter Nieselregen fällt. Im Cafe Bayer, der wohl berühmtesten TV-Bäckerei der Republik, ist gerade Umbaupause. Einer der Schauspieler vor Ort ist Moritz A. Sachs. Seit seinem siebten Lebensjahr steht er regelmäßig als Klaus Beimer vor der Kamera.
„Es gibt so unglaublich viele Szenen und Drehtage, die ich in guter Erinnerung habe. Immerhin habe ich mein ganzes Leben hier verbracht“, sagt Sachs zum RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Für ihn sei die Einstellung der „Lindenstraße“ sehr emotional, erklärt der 41-jährige Kölner. „Wie auch die anderen Schauspielerinnen und Schauspieler, die als Kinder angefangen haben, kann ich mich nicht mal an eine Zeit ohne ,Lindenstraße‘ erinnern. Das wird mich sicher noch eine Weile beschäftigen.“
Die Nachricht vom Ende musste verkraftet werden
Noch gut kann er sich an den Tag erinnern, an dem er erfahren hat, dass die „Lindenstraße“ von den Programmverantwortlichen abgesetzt wird. Bis abends um 21 Uhr hätten er und seine Schauspielkollegen Interviews geben müssen. Sogar die „Tagesschau“ (ARD) brachte einen Beitrag. Danach habe er sein Handy ausgeschaltet und sich eine Flasche Wein geschnappt und sei zu den Mitarbeitern gegangen, die sich im Innenhof am Produktionsort versammelt hatten.
„Da haben wir dann bis morgens um sechs Uhr gefeiert. Diese Nachricht musste ja irgendwie verkraftet werden. Das war ein langer, harter Tag“, erinnert sich Sachs. Der Innenhof ist legendär. Hier fand in den zurückliegenden Jahren so manche Feier statt. Während der Drehzeit wird er vor allem von den Rauchern benutzt. Auf dem Tisch haben sich mit Edding viele Schauspielerinnen und Schauspieler verewigt. Manche haben unterschrieben, andere haben „As Time Goes By“ (dt. „Wie die Zeit vergeht“) in Großbuchstaben auf den Tisch geschrieben.
Das Foto von Til Schweiger hat jemand entfernt
Und wie die Zeit vergangen ist. Weit über 200 Schauspielerinnen und Schauspieler haben in all den Jahren in Hauptrollen mitgewirkt. Die meisten von ihnen wurden als gerahmte Porträts in den beiden langen Gängen der Produktionsräume im Erdgeschoss verewigt. Christian Kahrmann hängt da, der Benni – den älteren Bruder von Klaus Beimer – spielte. Oder Bill Mockridge, der von 1995 bis 2015 als Erich Schiller die zweite große Liebe von Mutter Beimer verkörperte. Auch Willi Herren grinst frech von der Wand der Darsteller. Nur das Foto von Til Schweiger muss jemand entfernt haben. Es ist nicht mehr auffindbar.
n den Produktionsbüros befinden sich auch die Zimmer des „Lindenstraße“-Erfinders Hans W. Geißendörfer (78) und seiner Tochter Hana (35), die die Serie seit 2015 als Produzentin verantwortet. In der jüngsten Vergangenheit war immer wieder spekuliert worden, ob ein anderer TV-Sender oder Streamingdienste wie Netflix die „Lindenstraße“ weiterführen könnten.
Für Hans W. Geißendörfer ist eine Netflix-„Lindenstraße“ undenkbar
Doch davon will Hans W. Geißendörfer nichts wissen: „Die ,Lindenstraße‘ gehört zur ARD, und wenn es vorbei ist, ist es eben vorbei. Alles, was gut ist, hat auch mal ein Ende.“ Noch immer ist es für den Produzenten ein Rätsel, was die Ursachen der Absetzung anbelangt. „Es kann nicht das Geld sein, denn das Geld war ja auch bisher vorhanden. Es ist Willkür, und ich glaube, dass das Wort Willkür auch eine gewisse Boshaftigkeit beinhaltet.“
Als das „Lindenstraßen“-Aus verkündet wurde, hatten die Macher nur noch 18 ungeschriebene Folgen Zeit, um die Serie zu Ende zu bringen. Dazu Hana Geißendörfer: „Wir haben uns große Mühe gegeben, für jede Figur ein gewisses Ende zu entwickeln. Aber die letzte Folge heißt ja nicht umsonst ,Auf Wiedersehen‘. Jeder darf gespannt sein, wo sich seine Lieblinge in der letzten Folge befinden.“
Von der letzten Folge werden mehrere Enden gedreht
Angeblich werden bis Freitag noch mehrere Enden gedreht, damit vorher nicht an die Öffentlichkeit gelangt, wie die „Lindenstraße“ aufhört. Kein Geheimnis hingegen ist es, dass am Freitag die letzte Weihnachtsfeier im Innenhof stattfinden wird. An der Tür hängt ein Zettel, auf dem steht: „Damit wir direkt im Anschluss an die letzte Klappe anstoßen können, haben wir uns entschlossen, hier im Studio zu feiern.“
RND
Der Artikel "Endstation „Lindenstraße“ – die letzte Klappe der Kultserie fällt" stammt von unserem Partner, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.