Einst gegen Kopfschmerz, heute gegen Durst
Coca Cola
Als John Stith Pemberton sein Gebräu verkaufte, das er als Arzneimittel gegen Kopfschmerzen erfand, bekam er dafür einen Mickerpreis. Und auch den unaufhaltsamen Aufstieg des Getränks erlebt der Apotheker nicht mehr mit. Vor 130 Jahren erfand er das vielleicht bekannteste Getränk – die Coca Cola.

Von „Jacob’s Pharmacy“ fand die Brause ihren Weg in die Soda-Bars Atlantas.
Bis in den hinterletzten Zipfel der Welt kennt man den rot-weißen, geschwungenen Schiftzug. Als John Stith Pemberton seinen mit Soda versetzten Sirup erstmals am 8. Mai 1886 in „Jacob’s Pharmacy“ in Atlanta verkaufte, pries er den Coca-Cola-Vorläufer noch als Medizin gegen Kopfschmerzen und Müdigkeit an. Fünf Cent kostete das Glas. Von reißendem Absatz, so heißt es allerdings, blieb der Apotheker zunächst verschont.
Jahrelang hatte Pemberton damals schon an der richtigen Rezeptur gefeilt. Hatte Blätter der Kokapflanze zerrieben und Kolanüsse gestampft, hatte Fruchtöle zugesetzt und wieder weggelassen und hatte das Gebräu anfangs vor allem mit ordentlich Wein aufgegossen. Wie er damit Kopfschmerzen kurieren wollte, blieb freilich sein Geheimnis. Mit Beginn der Prohibition muss sich der Pharma-Tüftler dann wieder etwas Neues einfallen lassen.
Kokain galt damals noch als ungefährlich
Wein weg, Soda rein, so einfach war es am Ende. Geschmacklich wird die Ur-Cola nicht viel mit der heutigen zu tun gehabt haben. Um Genuss ging es John Stith Pemberton allerdings, wenn überhaupt, dann nur am Rande. Sein Ziel war es von Anfang an, für sich selbst eine Alternative zum Morphium zu finden. Einen anderen Wirkstoff, der seine Süchte befriedigte, gleichzeitig aber seine Gesundheit nicht weiter zerstörte. Das aus der Kokapflanze gewonnene Kokain galt damals noch absolut nicht als gefährlich.
Man muss sich nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen, um festzustellen, dass der Apotheker sein Ziel meilenweit verfehlt hat. Auch die Coca-Cola – den Namen soll übrigens Pembertons Buchhalter Frank Robinson erfunden haben – half ihm nicht dabei, vom Morphin lassen zu können. Pemberton überlebte seine geniale Erfindung um gerade einmal zwei Jahre. Zuvor hatte er die Rechte an dem Rezept mehrfach verkauft, um sich Geld für neue Suchtmittel besorgen zu können.
Rechte an der Rezeptur verkauft
Der Aufstieg der Coca-Cola zur Weltmarke erlebte der Erfinder also nicht mehr mit. Denn die Beliebtheit der braunen Brause entwickelte sich nicht rasant, sondern eher langsam und stetig. Aus „Jacob’s Pharmacy“ fand sie den Weg zunächst in die Soda-Bars Atlantas. Dort traf sich die feine Gesellschaft gerne zum Plausch, zum Leutegucken und Händeschütteln und zu einem guten Schluck zwischendurch. Was dem Amerikaner Ende des 19. Jahrhundertes die Soda-Bars waren, ist dem Wiener bis heute sein Caféhaus: ein Stück Lebensgefühl.
Als die Marke Coca-Cola schließlich 1888 bei Asa Griggs Candler landete, nahm der Erfolg Fahrt auf. Ganze 2300 US-Dollar soll der Apothekengroßhändler für die Rechte an der Rezeptur und an dem rot-weißen Schriftzug gezahlt haben. Ein Schnäppchen, wie sich bald herausstellte. Denn Candler gelang das, was Pemberton schon immer geahnt hatte: Das Getränk wurde zum Kult.
Nur für die Soda-Bars
1892 gründete der Geschäftsmann die Coca-Cola-Company, und nur drei Jahre später belieferte Candler bereits Abnehmer in den gesamten USA. Immer mehr Bundesstaaten hatten zu diesem Zeitpunkt die Prohibition beschlossen. Ein Glücksfall für die braune, alkoholfreie Brause. Sie war eine gute und süffige Alternative, als immer mehr Getränke von der Karte gestrichen wurden.
Doch auch Asa Griggs Candler war nicht frei von unternehmerischen Fehleinschätzungen. In diesem Fall lautete seine: „Die Coca-Cola ist und bleibt vornehmlich für die Soda-Bars bestimmt. Deshalb kann ich die Rechte für die Abfüllung in Flaschen getrost aus der Hand geben.“
Der Weihnachtsmann als Marketing
Spätestens mit der Erfindung des Kronkorkens im Jahr 1899 dürfte der Unternehmer registriert haben, dass es durchaus lohnend gewesen wäre, auch die „Coca Cola Bottling Co.“ zu besitzen. Von da an erfrischte die Brause nämlich nicht mehr nur die Oberschicht in den Städten, sondern auch die normale Bevölkerung auf dem Land. Heute – 130 Jahre nach dem ersten Becher – ist die Coke Kult. Für nicht wenige sogar der Inbegriff der Globalisierung. Egal, wohin man auf der Welt reist: Coca-Cola war schon vorher da. Hartnäckig hält sich sogar das Gerücht, das Brause-Imperium aus Atlanta habe den Weihnachtsmann erfunden.
Doch das hat wohl nur ganz entfernt etwas mit der Wahrheit zu tun. Zwar stimmt es, dass der freundliche, rundliche Herr mit seinem weißen Rauschebart seit den 1920er-Jahren jedes Jahr zur Weihnachtszeit eine zentrale Rolle in der Coca-Cola-Marketingstrategie einnimmt. Die Figur des Santa Claus ist jedoch tatsächlich viel älter als die Limonade. Und einen roten Mantel hatte er auch schon vorher an. Es hätte halt nur alles so schön gepasst.
Modeschöpfer Karl Lagerfeld
Wie sehr die Marke jedoch inzwischen in den Alltag der modernen Welt integriert ist, zeigt das Beispiel des wohl berühmtesten Sonnenbrillenträgers diesseits des Atlantiks. Modeschöpfer Karl Lagerfeld, der für seine Exzentrik bekannt ist, geht nicht einmal selbst ans Telefon, wenn es klingelt: „Mich kann man nicht direkt anrufen. Man muss sich an das Kindermädchen wenden, wenn man das Baby sehen möchte.“
Aber eins macht er höchstpersönlich. Auf die Frage, ob er kochen könne, hat der Modeschöpfer geantwortet: „Sehe ich so aus? Ich kann eine Dose Cola Light aufmachen, und damit hat sich das.“