Mit seinen wenigen Habseligkeiten steht Rukhsar Ahmed vor dem Haus in Herten-Süd, in dem er eine Wohnung bekommen hat.

© Privat

Ein „Engel“ rettet Herrn Ahmed zu Weihnachten aus der Obdachlosigkeit

rnGlückliche Wendung

Heiligabend im kalten Auto – mit diesem Schicksal hatte sich Rukhsar Ahmed abgefunden. Doch unser Bericht über den obdachlosen 42-Jährigen bewegt viele Menschen, sorgt für ein Weihnachtswunder.

Herten, Marl, Recklinghausen

, 24.12.2021, 14:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Seitdem am 17. August Schwierigkeiten in seiner Ehe eskaliert waren, lebt Rukhsar Ahmed auf der Straße. Der Vater von sechs Kindern – fünf ehelich, eines unehelich – pendelt mit seinem alten, dunkelblauen VW Polo zwischen den Städten. In Herten hat der gelernte Immobilienkaufmann bei der Diakonie eine Postadresse, in Marl bekommt er bei einer Pizzeria ab und zu etwas zu essen oder kann mal bei einem Bekannten schlafen, in Recklinghausen lebt seine Familie.

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Nach dem gesellschaftlichen, beruflichen und psychischen Absturz hatte Rukhsar Ahmed keine neue Wohnung in Aussicht, zumal ihm das Jobcenter Leistungen, wenn überhaupt, nur für wenige Monate bewilligt. Und so ging er davon aus, auch die Weihnachtstage – und die kalten Nächte – im Auto zu verbringen.

Rukhsar Ahmed sitzt an der Dr.-Loewenstein-Straße in Herten-Süd in seinem VW Polo, hinter ihm seine Bettwäsche, neben ihm eine Schale mit Erdnüssen und Mandarinen: „Das ist meine Weihnachtsstimmung.“

Rukhsar Ahmed sitzt an der Dr.-Loewenstein-Straße in Herten-Süd in seinem VW Polo, hinter ihm seine Bettwäsche, neben ihm eine Schale mit Erdnüssen und Mandarinen: „Das ist meine Weihnachtsstimmung.“ © Frank Bergmannshoff

Doch jetzt kommt alles anders. Nach unserer Berichterstattung meldeten sich mehrere Menschen, boten einen Wohnwagen als Zwischenlösung oder auch Wohnungen an. Rukhsar Ahmed ist überwältigt von der Hilfsbereitschaft: „So viele Menschen öffnen ihr Herz. Erst hatte ich nichts, jetzt kann ich sogar auswählen!“ Bernd Raspel vom Caritasverband zum Beispiel stellte für einige Wochen eine Seniorenwohnung in Aussicht, außerdem noch Dinge des täglichen Bedarfs wie Handtücher, Waschmittel, Duschgel.

„Ich habe geweint vor Freude“

Doch dann meldete sich eine Seniorin aus Herten-Süd, die Ahmed als „Engel“ beschreibt. Die rüstige 86-Jährige, die ihren Namen nicht öffentlich lesen möchte, überlässt Rukhsar Ahmed eine voll möblierte, aber nicht genutzte Wohnung in ihrem Zwei-Familien-Haus. Mehr noch: Die beiden sind auf Anhieb ein Herz und eine Seele, duzen sich, haben am Mittwochmittag direkt zusammen gegessen. „Ich bekam Lachs mit Spinat und Kartoffeln“, schwärmt Rukhsar Ahmed. „Ich habe geweint vor Freude.“ Am Nachmittag holte er in Marl seine wenigen Habseligkeiten ab und richtete sich in seiner neuen Bleibe ein.

„Als hätte ich eine Familie gefunden“

„Nach dem Lesen des Berichts hatte mir das keine Ruhe gelassen“, erzählt die alleinstehende Hertenerin gegenüber unserer Redaktion. Sie habe sich an die Weihnachtsgeschichte erinnert: „So wie Maria und Josef eine Herberge gesucht haben, so ist es auch Herrn Ahmed ergangen. Jetzt gebe ich ihm eine Herberge. Ich habe ein gutes Gefühl bei der Sache. Herr Ahmed ist ein wertvoller Mensch!“ Sie freue sich, etwas Gesellschaft und bei Bedarf Hilfe zu haben. Rukhsar Ahmed wird ganz emotional: „Ich hatte ein Dach über dem Kopf gesucht, und jetzt fühlt es sich an, als hätte ich eine Familie gefunden.“