Die Hintergründe zur Wahl des Bundespräsidenten

Fragen & Antworten

Am Sonntag wählt die Bundesversammlung einen neuen Bundespräsidenten. Zur Wahl stehen neben dem bisherigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier unter anderem ein Politologe und ein TV-Richter. Wie läuft die Wahl ab? Warum wird der Präsident von der Bundesversammlung gewählt. In unserem Fragen & Antworten klären wir auf.

Berlin

von Rasmus Buchsteiner

, 10.02.2017, 16:18 Uhr / Lesedauer: 3 min

Am Sonntag ist es soweit: In Berlin kommt zum 16. Mal in der Geschichte der Bundesrepublik die Bundesversammlung zusammen. Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier ist klarer Favorit. Er wäre erst der dritte Sozialdemokrat im Amt des Staatsoberhaupts. Die Wahl folgt gesetzlichen Vorgaben und eingespielten Regeln. Bevor zum Ausklang die Nationalhymne erklingt, bekommt der frisch gewählte Präsident das Wort. Stimmkarte, Zählappell, Vorschlagsrecht – wie funktioniert die Bundesversammlung? Die Hintergründe zur Wahl des Bundespräsidenten. 

 

Gibt es außer Frank-Walter Steinmeier noch andere Kandidaten?

Ja. Es liegen drei weitere Vorschläge beim Bundestagspräsidenten vor. Der Kölner Politologe und Armutsforscher Christoph Butterwegge kandidiert für die Linkspartei. Die Freien Wähler setzen auf TV-Richter Alexander Hold. Die AfD hat ihren Parteivize Albrecht Glaser nominiert, einen früheren Kommunalpolitiker aus Frankfurt. TV-Satiriker und Europaparlaments-Abgeordneter Martin Sonneborn hat zudem seinen Vater Engelbert Sonneborn als Kandidaten für die Satire-Partei "Die Partei" aufgestellt.

Jedes Mitglied der Bundesversammlung ist berechtigt, weitere Vorschläge zu machen. Wählbar ist laut Grundgesetz jeder, der das Wahlrecht zum Bundestag besitzt und das 40. Lebensjahr vollendet hat.

 

Die Mehrheit für Steinmeier ist sicher, oder?

Union und SPD stellen zusammen 924 Wahlmännern und Wahlfrauen in der Bundesversammlung. Für die im ersten Wahlgang erforderliche absolute Mehrheit müssen mindestens 631 Stimmen zusammenkommen. Die spannende Frage wird sein, ob wieviel Unterstützung der Kandidat Steinmeier aus anderen politischen Lagern erhält – etwa von Grünen und FDP, die jeweils auf eigene Kandidaten verzichtet haben. Der scheidende Amtsinhaber Joachim Gauck war 2012 auf 991 Stimmen gekommen. 79,9 Prozent der Mitglieder der Bundesversammlung stimmten für ihn.

 

Wie ist die Bundesversammlung zusammengesetzt?

Zur Hälfte besteht sie aus den 630 Abgeordneten des Bundestages, zur anderen Hälfte aus Wahlmännern und Wahlfrauen, die von den Landtagen entsandt werden. Die Grünen verfügen über 147 Stimmen, die Linke über 95. Die FDP hat 36 und die AfD 35 Wahlmänner und Wahlfrauen. Piraten und Freie Wähler verfügen über jeweils elf Stimmen in der Bundesversammlung, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) über eine.

Wie läuft die Bundesversammlung ab?

Artikel 54 des Grundgesetzes gibt vor, dass der Bundespräsident ohne Aussprache von der Bundesversammlung gewählt wird. Es beginnt mit einer einleitenden Rede des Bundestagspräsidenten, es folgen die Feststellung der Beschlussfähigkeit und die Prüfung, ob die Kandidaturen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Dann werden die Mitglieder der Bundesversammlung in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen.

Die Stimmkarten werden in einer Wahlkabine angekreuzt und in den Wahlumschlag gelegt. Mit dem Ergebnis wird am Sonntag gegen 14 Uhr gerechnet. Danach hätte der Sieger 48 Stunden Zeit, um zu überlegen, ob er die Wahl nimmt. In der Praxis ist von dieser Möglichkeit noch nie Gebrauch gemacht worden. Traditionell endet die Bundesversammlung mit einer Ansprache des gewählten Präsidenten und schließlich der Nationalhymne. 

 

Warum wird der Bundespräsident eigentlich von der Bundesversammlung gewählt?

Das Staatsoberhaupt hat in der Bundesrepublik laut Grundgesetz vor allem eine Repräsentativ-Funktion. Die Väter und Mütter der Verfassung wollten aus der Erfahrung der Weimarer Zeit lernen und den Einfluss des Staatsoberhaupts vermindern. Theodor Heuss, nach dem Krieg Vorsitzender der FDP und später erster Bundespräsident, setzte sich schließlich mit seinem Vorschlag durch, dass Staatsoberhaupt durch eine „Bundesversammlung“ wählen zu lassen.

1976 wurde die Entscheidung noch einmal überprüft. Eine Kommission kam zu dem Ergebnis, dass eine unmittelbare Wahl durch das Volk „zugleich die Entscheidung für ein aktiv-politisches Präsidentenamt“ wäre und erweiterte Kompetenzen für den Amtsinhaber nach sich ziehen müsste.

 

Wann beginnt die Amtszeit des Neuen?

Joachim Gauck bleibt bis zum 18. März Bundespräsident – auf den Tag genau fünf Jahre nach seiner Wahl. Am 19. März beginnt die Amtszeit des neuen Staatsoberhaupts. Vereidigt wird der frisch Gewählte am 22. März in einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat.

 

Was kostet die Präsidenten-Kür?

Im Bundeshaushalt 2017 sind 1,727 Millionen Euro für die Bundesversammlung einkalkuliert. Die 630 Wahlmänner und Wahlfrauen, die von den Landtagen nominiert worden sind, erhalten eine „Aufwandsentschädigung“ von 70 Euro. Darüber hinaus wird für die Übernachtung in Berlin eine Hotelpauschale von bis zu 189 Euro gezahlt.