Die Geschichte des Dortmunder Bieres

Ein Besuch im Museum

Durchschnittlich 107 Liter Bier trinkt jeder Bundesbürger jährlich. Wer neugierig ist, wie das alkoholische Lieblingsgetränk der Deutschen entsteht, erfährt im Brauerei-Museum in Dortmund allerlei Wissenswertes rund um das Brauen.

Dortmund

, 16.04.2015, 16:55 Uhr / Lesedauer: 3 min
Die Dortmunder Biere werden stilecht auf einer Kneipentheke präsentiert.

Die Dortmunder Biere werden stilecht auf einer Kneipentheke präsentiert.

Also Dortmunder Union-Bier, dat hat einen Geschmack, dass die Kehle, also – richtig am Jubeln fängt, ährlich!“ In feinstem Ruhrdeutsch warb Herr Tegtmeier, alias Kabarettist Jürgen von Manger, in den 1960er-Jahren auf Bierdeckeln für die Union-Brauerei. Keine Frage, auf ihre Biere sind die Dortmunder stolz. So sehr, dass sie der Braukunst ein Museum gewidmet haben.

Das Brauerei-Museum an der Steigerstraße setzt dabei nicht nur auf Ausstellungsstücke wie den launigen Tegtmeier-Bierdeckel, Bierflaschen aus unterschiedlichen Jahrhunderten oder Maschinen aus der industriellen Produktion. Das Gebäude selbst ist Teil des Konzepts. Die Ausstellung ist im historischen Maschinenhaus der Hansa-Brauerei untergebracht.

Kupferne Maischebottiche

Aus dem Jahr 1912 stammt das denkmalgeschützte Sudhaus, das Besucher bei Führungen besichtigen können. „Es ist das einzige Sudhaus der Dortmunder Großbrauereien, das vor dem Ersten Weltkrieg gebaut wurde und erhalten geblieben ist“, sagt Kurator Dr. Heinrich Tappe. Die kupfernen Maischebottiche und Würzpfannen sind beeindruckend anzusehen. Einige sind aufgeschnitten, sodass der Besucher hineinblicken kann. „Erst so kann man die riesigen Dimensionen der Behälter sehen, diesen Einblick gibt es anderswo nicht.“

Die historischen Gebäude sind nicht das einzige, was den Standort in Dortmund ideal erscheinen lässt. Es ist die Stadt selbst. „Dortmund war lange Zeit die Bierstadt in Deutschland, neben München und Berlin. Zwischen den 1950er- und 1970er-Jahren wurde deutschlandweit hier am meisten Bier gebraut“, sagt Tappe. Auch wenn die Ruhrstadt bereits 1293 Braurechte und ein starkes Brauhandwerk hatte, legt das Museum den Fokus vor allem auf das industrielle Brauen. „Dortmund ist die Stadt der Brauindustrie, nicht des Brauhandwerks.“

Entwicklung von Flaschen

Daher erfährt der Besucher des Museums viel über die einzelnen Arbeitsschritte in Brauereien: von der Auswahl der Rohstoffe Malz, Hopfen und Hefe, dem eigentlichen Brauprozess und der Lagerung über Abfüllanlagen, die Entwicklung von Flaschen und Fässern bis zum Transport mit prächtigen Pferdewagen und riesigen motorisierten Fuhrparks. Ein Prunkstück der Ausstellung ist ein Krupp-LKW der Union-Brauerei.

Das rot-weiße Gefährt wurde 1922 gebaut und brachte es mit seinem Kettenantrieb auf eine Höchstgeschwindigkeit von 18 km/h. „Biertransporter aus dieser Zeit sind kaum erhalten geblieben“, sagt Tappe und ordnet damit den besonderen Wert des Transportes ein.

Sonderausstellung zur Brauereiwirtschaft

Manchmal erzählen aber auch eher unscheinbare Ausstellungsstücke sehr interessante Geschichten: In der Sonderausstellung zur Brauereiwirtschaft und dem Ersten Weltkrieg ist ein Flaschenetikett zu sehen, das auf der Vorderseite völlig unspektakulär aussieht.

Auf der Rückseite steht geschrieben: „Getrunken am Heiligen Abend, Kriegsweihnacht 1915 in Frankreich“. „Dieses Etikett hat ein Soldat nach dem Krieg wieder mit nach Dortmund gebracht. Für mich ist das ein rührendes Erinnerungsstück, an dem man sehen kann, wie stolz die Dortmunder auf ihre Brauereien waren“, sagt Tappe. Die Ausstellungsstücke erzählen nicht nur von der industriell-technischen Seite des Brauereiwesens.

Zapfhähne der Eckkneipen

Auch gesellschaftliche Entwicklungen kann der Besucher nachempfinden. Im Schrank hinter einem Kneipentresen werden Bier-Werbespots gezeigt. Floss das meiste Bier bis in die 1950er-Jahren noch durch die Zapfhähne der Eckkneipen, änderte sich dieses Bild in den 1970er-Jahren: Bier wurde immer mehr zu Hause konsumiert. Ein Zeichen für den Strukturwandel, die Individualisierung der Gesellschaft und auch die immer weiter sinkenden Preise für Flaschenbier.

An den Wänden zeugen Plakate und Fotos von der engen Verknüpfung zwischen Bier und Sport. Als die Gründer des Ballspielvereins Borussia 09 den Namen für ihren Klub wählten, stand die Borussia-Brauerei Pate. Auch wenn Dortmund eine Bierstadt ist – eindrucksvoll kann sich der Besucher an einem Bildschirm vom Sterben der Brauereien überzeugen: Drei verschiedene Kartenansichten von 1901, 1958 und 2006, auf denen jeweils alle Brauereien verzeichnet sind, führen den Niedergang der Vielfalt vor Augen.

Von Konkurrenten aufgekauft

Sieht man auf der ersten Karte noch knapp 30 Brauereien, sind es auf der zweiten nur noch acht, auf der letzten nur noch eine, die Dortmunder Actien-Brauerei. „Auch in der Brauerei-Branche griffen die üblichen Prozesse: Brauereien gaben auf, weil sie wirtschaftlich nicht mehr existieren konnten. Andere wurde von größeren Konkurrenten aufgekauft oder sie fusionierten“, so Tappe.

Eine größere Vielfalt sei zwar schön, trotzdem habe man in Dortmund durchaus noch eine Wahl: „In Dortmund werden die bekannten Marken alle noch gebraut, wir können noch wählen zwischen Export oder Pils, Kronen oder Union.“ Denn unter dem Dach der Radeberger Gruppe werden an der Steigerstraße noch alle vertrauten Sorten hergestellt.

"Bierlandschaft ist noch lebendig"

Neuerdings beleben außerdem zwei Trends die Brauerei-Branche. In den USA entstanden in den vergangenen Jahren viele neue kleine Hausbrauereien. Diese Entwicklung gibt es mittlerweile auch in Deutschland. Und immer mehr Menschen entdecken das Bierbrauen auch als Hobby für sich. Für Heinrich Tappe ein gutes Zeichen: „Diese Trends zeigen: Die Bierlandschaft in Deutschland ist noch lebendig, da ist Bewegung drin, es entwickelt sich etwas.“

Eine größere Auswahl, neue Bier-Experten – Tendenzen, die sicher auch dem Herrn Tegtmeier gefallen hätten. Schließlich warb er auch mit diesem Spruch: „Also Herrschaften, über Dortmunder Union-Bier, da will ich nur mit Kenner über sprechen, sonst komm‘n Se nachher alle auf‘n Geschmack, dann wird dat am End‘ noch knapp, Junge, Du – dat wär ein Dingens.“

Schlagworte: