„Die Aussprache“ Frauen suchen Antworten auf die Gewalt der Kerle

Von Kai-Uwe Brinkmann
„Die Aussprache“
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Es ist ein Redefilm, eine Lektion in Sachen Basisdemokratie, ein Lehrstück über Schuld und Moral, das Protokoll einer Selbstbefragung und Gewissensprüfung. Das Paradoxe daran: Nicht etwa Täter, sondern die Opfer reflektieren ihre Rolle und zerbrechen sich den Kopf, was zu tun ist.

Die Handlung von Sarah Polleys „Die Aussprache“ ist schnell skizziert: Frauen treffen sich in einer Scheune und debattieren. Einige von ihnen wurden betäubt, vergewaltigt, geschwängert. Sie waren Ziel und Objekt männlicher Aggression und ringen um eine Antwort.

Macht der Männer

Das oscarnominierte Kinostück erzählt von Frauen, die einen Weg finden, ihrer Ohnmacht und der Macht der Männer ein Ende zu setzen. Basierend auf einem Buch von Miriam Toews schildert es einen wahren Fall in einer Kolonie strenggläubiger Mennoniten.

Ein Vergewaltiger wurde auf frischer Tat ertappt, er nannte Mittäter, die nun in Haft sitzen. Bringt die Gemeinde die Kaution auf, kehren sie zurück. Und dann? „Sollen wir tun, als sei nichts gewesen? Vergeben und vergessen?“ „Wir nehmen die Kinder und gehen!“ „Nein, wir bleiben und kämpfen!“ Die Frauen tauschen Argumente aus.

Rooney Mara
Rooney Mara spielt Ona in dem neuen Film von Sarah Polley. © Michael Gibson

Rebellion in der Scheune

Mennoniten hegen ein alttestamentarisches Weltbild. Ein Ältestenrat führt die Gemeinde, Frauen gehen nicht zur Schule, sind auf die Mutterrolle festgelegt. Rebellion in dieser Umgebung tradierter Geringschätzung sprengt die Vorstellung vieler Frauen in der Scheune.

Sarah Polley bringt mehr als einen spröden Diskurs zu weiblicher Selbstermächtigung auf die Leinwand. Ein starkes Ensemble verleiht Pein und Aufbegehren viel Lebendigkeit. Claire Foy, Rooney Mara, Jesse Buckley und Frances McDormand spielen superb, Ben Wishaw (einziger Mann des Films) gibt einen Freund.

Ein sehenswertes Kammerspiel im Cinemascope-Format, optisch wie inhaltlich von weitem Horizont: Was ist passiert, dass unschuldige Jungs zu brutalen Triebtätern wurden?

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