„Der zerbrochne Krug“ von Kleist Deutsches Theater Berlin macht das Lustspiel zum Vergnügen

„Der zerbrochne Krug“ von Kleist: Deutsches Theater Berlin macht das Lustspiel zum Vergnügen
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Die sieben Figuren aus Kleists Lustspiel sitzen in niederländisch-orangenen Gewändern (Kostüme: Sibylle Wallum) wie im Wartesaal aufgereiht auf 14 Stühlen nebeneinander vor einem riesigen Stillleben des niederländischen Malers Jan Davidsz aus dem 17. Jahrhundert.

Regisseurin Anne Lenk hat den Klassiker für das Deutsche Theater Berlin als prallbuntes Bildertheater inszeniert; am Dienstag feierten die Berliner damit eine umjubelte Premiere bei den Ruhrfestspielen im Großen Festspielhaus in Recklinghausen. – Ein früher Höhepunkt des Festivals.

Strotzend vor Selbstbewusstsein

Richter, Schreiber, die Gerichtsrätin, Klägerin, der Angeklagte und Zeugen wechseln die Plätze, interagieren immer wieder neu.

Das Bühnenbild von Judith Oswald drängt sie in einen kleinen Bühnenraum – so, wie der vor Selbstbewusstsein und Selbstverliebheit strotzende Dorfrichter Adam von den sechs Huisumern immer mehr in die Ecke gedrängt wird.

In Spots unterteilt

In Spots (zwischen den Szenen wird die Bühne schwarz) beleuchtet Anne Lenk die wechselnden Figurenkonstellationen aus verschieden Perspektiven – und strafft das Stück klug auf 90 pausenlose, unterhaltsame Minuten.

Szenisch passiert wenig; das Spiel der sieben Figuren ist fokussiert auf Mimik und kleine Gesten. Und die beherrschen die hervorragenden Schauspieler des Berliner Theaters ganz vortrefflich.

Ulrich Matthes glänzt als Adam

Ulrich Matthes war der Dorfrichter Adam – ein großartiges Schlitzohr, der sich süffisant und überlegen lächelnd auf dem Stuhl fläzte und die Selbstsicherheit ausstrahlte, dass ihm, dem Dorfrichter, der Missbrauch am Evchen nicht nachgewiesen werden kann.

Obwohl er bei der Flucht aus Eves Fenster den Krug zerbrochen und die Perücke verloren hat und nun glatzköpfig den Prozess um den zerbrochenen Krug, führen muss.

Jungstar aus der „Lindenstraße“

Mit Jeremy Mockridge saß als Gerichtsschreiber ein Jungstar und Kind einer Schauspieler-Familie auf der Bühne. Manch einer wird ihn noch aus der TV-Serie „Lindenstraße“ kennen, in der er als 14-Jähriger erste Schauspielerfahrung gesammelt hat.

Lisa Hrdina war eine fabelhafte Eve, die zunächst schwieg, um ihren Verlobten vor der Einberufung in die Armee zu schützen, dann aber im großen Schlussmonolog ein eindrucksvolles Kammerschauspiel bot.

Ein Ständchen zum Geburtstag

Eine gute Idee der Regisseurin ist es, die Gerichtsrätin Walter (emanzipiert und patent: Lorena Handschin) dem Kleistschen Lustspiel hinzuzufügen. Sie ist der Gegenpart zu dem Dorfrichter; eine Frau, die ihm – im Gegensatz zu Eve – Paroli bieten kann.

Die Blumen übergab beim Schlussapplaus Intendant Olaf Kröck, denn Ulrich Matthes feierte am Dienstag seinen 64. Geburtstag und war gerührt über ein „Happy Birthday“, gesungen von 1000 Zuschauern.

Matthes fand dann einen Besucher im Saal, der auch Geburtstag hatte – auch für ihn gab’s ein Ständchen.

Termine: täglich bis 11. 5.; Karten: Tel. (023 61) 921 80 oder Hier geht es zu den Ruhrfestspielen

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