Der Verzicht auf Fleisch hat bei uns eine Grenze: Currywurst

© picture alliance/dpa

Der Verzicht auf Fleisch hat bei uns eine Grenze: Currywurst

rnKolumne Papatastisch

Gerade wegen der Kinder machen wir uns viele Gedanken über unseren ökologischen Fußabdruck. Gerade wegen der Kinder ist Lebensstil-Umstellung aber auch furchtbar schwer. Können wir Currywurst weglassen?

Unna

, 29.04.2022, 11:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wir müssen dringend etwas tun. Wir alle. Und bestimmte Sachen müssten wir dringend sein lassen, weil der Klimawandel einfach bedrohlich ist. Die größte Herausforderung der Menschheit ist auch in unserem kleinen Familienkosmos ein Thema – ein sehr unbequemes. Wir müssen über Currywurst reden.

Wir wissen eigentlich schon Bescheid

Unter den Büchern in Vatis Sachbuchecke stehen längst auch Werke, in denen es um den Klimawandel geht. Ich zwinge kein Kind, diese Sachen zu lesen, aber Erkenntnisse daraus sind Thema bei uns. Wir müssen weniger mit dem Auto fahren (besonders ich), wir müssen es irgendwie hinbekommen, dass unser Haus sparsamer wird, und wir können mit unserer Ernährung zum Klimaschutz beitragen.

Eines vorweg: Wenn wir uns im Familien- und Freundeskreis umschauen, essen wir wenig Fleisch. Wenn schon einer von zwei Elternteilen grundsätzlich kein Hackfleisch mag, fällt vieles einfach weg, was bei anderen auf dem Speiseplan steht. In „Halb und halb“ steckt zur Hälfte Rindfleisch, was bekanntlich zu den Top-Klimakillern unter den Lebensmitteln gehört.

Rindfleischsuppe ohne Rindfleisch?

An der Stelle sind wir gut. An dieser ist es schwer: Rindfleischsuppe gehört zu den paar Gerichten, die in unserem Hause jeder mag und jeder darf. Ohne Rindfleisch? Das Rezept suche ich noch.

Bunt und vielfältig sind die Möglichkeiten, eine Familie zu ernähren. Wir versuchen dabei auf Fleisch zu verzichten: gar nicht so einfach.

Bunt und vielfältig sind die Möglichkeiten, eine Familie zu ernähren. Wir versuchen dabei auf Fleisch zu verzichten: gar nicht so einfach. © Udo Hennes

Sonst versuchen wir auf einiges zu verzichten. Wurst kommt bei mir nach jahrelangem Salami-Konsum nicht mehr aufs Brot. Da fehlt mir auch nichts. Am Verbannen von Käse aus dem Kühlschrank hingegen arbeite ich noch. Die Kinder muss ich hier loben: Käse ist aus irgendeinem Grund seit jeher in der „Igitt“-Schublade und darf nur in einem Ausnahmefall da raus: gerieben auf der Pizza.

Dafür lassen wir die hungrige Bande raue Mengen einer gewissen Nuss-Nougat-Creme auf ihre Brote schmieren. Palettenweise steht das Zeug im Vorrat – und in unserer Umstellungs-Überzeugungs-Kampagne steht es oben auf der Liste. „Schmier es bitte nicht so dick. Guck mal hier: Da ist Palmöl drin.“ Während ich aus der Zutatenliste referiere, kauen die Kinder und nicken. „Wir zerstören gerade Regenwälder, ist euch das klar?“ Die Kinder kauen weiter. Aber was sollen sie auch machen? Wir Großen kaufen schließlich ein.

Das gilt auch für Fleisch. Nehmen wir mal Linseneintopf. Wo ich herkomme, gehören da Mettwürste rein. Aber ich koche selbst schon anders: Es müssen nicht vier Stück sein. Noch weiter gedacht, und umgesetzt: Linseneintopf geht auch vegetarisch, auch lecker.

Bockwurst verbieten? Kann ich nicht!

Aber was mache ich mit meiner Tochter, die sich immer so auf eine reingeschnibbelte Bockwurst freut? Es ist die Tochter, die leider wegen einer Gluten-Unverträglichkeit auf Vieles im Leben verzichten muss, darunter echtes, duftendes, frisches Brot. Diesem Mädchen kann ich das Würstchen nicht verwehren, das schaffe ich nicht.

Das ist zum Beispiel ein Eintopf aus meinem Elternhaus. Megalecker nicht nur in der Mittagspause, aber ohne Fleisch kriegt Oma das nicht hin.

Das ist zum Beispiel ein Eintopf aus meinem Elternhaus. Megalecker nicht nur in der Mittagspause, aber ohne Fleisch kriegt Oma das nicht hin. © Raulf

Man steht ja mit dem Klimaschutz ohnehin stets mit einem Fuß im Lager der Spaßverderber. Grillen zum Beispiel ist nüchtern betrachtet eine große Verschwendung von Ressourcen (Wo kommt die Kohle her?) und Tierprodukten (Warum zwei Kilogramm Fleisch essen bei nur einer Mahlzeit?). Aber wegen Corona ist für die Kids so viel Spaß ausgefallen. Wenn dann einer von den Kleinen die Grill-Idee bringt, dann grillen wir halt mal – Gemüsespieße und, ja, auch ein paar Würstchen.

Ein bisschen Spaß muss sein oder? Deswegen ist es echt eine Herausforderung mit dem Klimaschutz auf dem Teller. Gefühlt steigt im Moment sogar die Lust auf Fleisch. Der Älteste berichtet immer öfter, so ein Schnitzel sei gut. Und er wolle mal etwas probieren: Döner wurde ihm als lecker beschrieben. (Was ja auch stimmt, wie ich zugebe.) Seinen kleinen Bruder befragte ich jetzt für die Papatastisch-Recherche, was er aktuell von Currywurst hält. Er reagierte mit strahlenden, weit aufgerissenen Augen: „Cool, gibt’s heute Currywurst?!“

„Papatastisch“ ist ein Neu-Wort aus der Internet-Community. Es passt ganz gut zur Kolumne von Redakteur Thomas Raulf: Familie ist einfach toll, und ein „Papa“ schreibt darüber. Alle Schilderungen beruhen auf wahren Ereignissen, beim Schreiben fließt hier und da auch ‘mal satirische Würze ein. Lesen Sie gern ein Augenzwinkern mit.