Wo sind wir hier? In dieser Hölle der Finsternis im Kleinen Haus der Ruhrfestspiele in Recklinghausen am Freitag. Ist das ein Verlies? Ein Luftschutzkeller? Oder gar einer dieser Folterorte, wo eine enthemmte russische Soldateska ukrainische Zivilisten bis aufs Blut drangsaliert?
Dieser Ort lässt schaudern. Kaum ein Lichtstrahl fällt durch die Bretter vor kopfhohen Gittern zur Linken. Der namhafte russische Regisseur Kirill Serebrennikov hat diese Unterwelt mit Elena Bulochnikova entworfen.
Frei nach Gogol
Wie geschaffen für den Auftritt eines Dämons mit tötendem Blick, den die slawische Mythologie als den Wij fürchtet. Der aus der Ukraine stammende große russische Autor Nikolai Gogol hat daraus 1835 eine Schauergeschichte um eine junge Tote geformt, der ein Student drei Tage lang vorlesen muss, bis der Wij sein Leben auslöscht.
Sehr frei nach Gogol hat der im Westen lebende russische Regisseur daraus mit dem Ukrainer Bohdan Pankrukhin für das Hamburger Thalia-Theater eine Groteske geformt. Beiden ist bewusst, dass sich der durch nichts zu rechtfertigende mörderische Überfall eines kriegslüsternen Russlands auf die Ukraine nicht abbilden lässt. Aber das Grauen kann die Bühne spiegeln.
Epilog als Höhepunkt
Drei junge Ukrainer (Johannes Hegemann, Pascal Houdus, Oleksandr Yatsenko) suchen in der Düsternis nach einem kauernden Bündel Mensch, einem russischen Gefangenen (Filipp Awdejew), um ihn „abzuschlachten“. Er soll, so fordert der irre Großvater (Falk Rockstroh) weise, der zu quirligem Leben erwachenden toten Enkelin (Rosa Thormeyer) aus „Romeo und Julia“ vorlesen. Bis der Wij (Bernd Grawert) als schmieriger Conférencier samt Combo auftaucht.
Der grandiose Epilog zu Flak-Lichtstrahlen gehört Filipp Awdejew. Er zeigt das Ausmaß verrohter Entmenschlichung durch den Krieg. Dafür gab es großen Beifall.
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