«Day of Song»: Das Ruhrgebiet singt

Als Kulturhauptstadt hat das Ruhrgebiet mit einem Massen-Singen in 50 Städten neue Maßstäbe gesetzt. Zehntausende Menschen stimmten am Samstag gemeinsam das traditionsreiche Bergmannslied «Glück auf, Glück auf. Der Steiger kommt» an.

Gelsenkirchen/Essen (dpa)

06.06.2010, 13:14 Uhr / Lesedauer: 2 min
Bobby McFerrin beim Abschlusskonzert in Gelsenkirchen.

Bobby McFerrin beim Abschlusskonzert in Gelsenkirchen.

Danach folgten Auftritte hunderter Chöre im ganzen Ruhrgebiet und Gesangseinlagen auf Plätzen, Schiffen, in Geschäften und der U-Bahn. Passanten wurden mit Liedblättern zum Mitsingen animiert. Höhepunkt des «!Sing - Day of Song» war am Abend ein Mega-Konzert in der Gelsenkirchener Veltins-Arena mit rund 55 000 Menschen und ein Auftritt des amerikanischen Sängers Bobby McFerrin.

«Deutschland hat nach den NS-Erfahrungen das öffentliche Singen verlernt. Das wollen wir wiederentdecken», sagte Ruhr.2010-Geschäftsführer Oliver Scheytt. Das Gesangsfest sollte die Menschen im Ruhrgebiet verbinden - auch über von ihnen empfundene Gräben hinweg. Bei einer Schiffsparade auf dem Rhein-Herne-Kanal über 21 Kilometer von Waltrop nach Gelsenkirchen waren so etwa auch 100 Fans des Fußballvereins Borussia Dortmund mit an Bord. Sie wurden per Schiff und Bus in das Stadion des traditionellen Erzrivalen Schalke 04 zum gemeinsamen Singen gebracht.

Technische Probleme hatten den geplanten gleichzeitigen Beginn im ganzen Revier um Punkt 12.10 Uhr scheitern lassen. Der WDR konnte das Anfangssignal aus Gelsenkirchen nicht übertragen. Auf der Bühne am Gelsenkirchener Musiktheater schlug Ruhr.2010-Direktor Steven Sloane zwar mit 15 Schlägen den Countdown zum Gesang, die Übertragungsleitung brach aber offensichtlich zusammen - im Radio war nichts mehr zu hören. Der WDR reagierte aber spontan und legte Bobby McFerrins Hit «Don't Worry, Be Happy» (Ärger Dich nicht, sei einfach froh) auf. In den Städten wie Oberhausen und Unna zählten viele Sänger selbst auf Null herunter, wie Teilnehmer berichteten. Wesel ignorierte die vereinbarte Zeit sogar ganz und stimmte das Lied schon fünf Minuten zu früh an.

Zum Projekt, für das manche Chöre bis zu zwei Jahre geprobt haben, gehörten unter dem Motto «Sing sozial» auch Besuche in Krankenhäusern und Altenheimen. Über 30 Chöre aus ganz Europa und den USA nahmen am Singprojekt teil. Große Innenstadt-Veranstaltungen gab es etwa in Essen mit rund 10 000 Teilnehmern am Dom und in Duisburg mit 5000 Sängern vor dem Theater. Dabei blieb alles friedlich: «Keine Vorkommnisse», meldete die Essener Polizei.

«Es war überwältigend schön», berichtete der gebürtige Duisburger und Ruhr.2010-Chef Fritz Pleitgen aus seiner Heimatstadt. In Bochum sangen nicht nur 1000 Menschen auf dem Rathausvorplatz, auch in der U-Bahn wurden Lieder angestimmt, wie ein Teilnehmer des Internetdienstes Twitter berichtete. «Überall wunderbare Stimmung, die Herzen klingen», sagte Scheytt.

Der ausgebildete Musiker Scheytt gab in Gelsenkirchen zusammen mit Oberbürgermeister Frank Baranowski und Musiktheater-Intendant Michael Schulz eine Spontaninterpretation von Drafi Deutschers «Marmor, Stein und Eisen bricht» zum besten. Das Musiktheater hatte - ein Traum für jeden Badewannensänger - zu einem «Orchesterkaraoke» eingeladen, bei dem der satte Begleitsound nicht vom Band kam, sondern live von den Orchestermusikern gespielt wurde.

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