
Es nervt! Wieder keine Entscheidung in Sachen Kraftwerk Datteln 4, und wenn man die Zeichen richtig deutet, dürften zu den 17 Jahren, die dieser Rechtsstreit nun schon andauert, noch einige hinzukommen.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich sage nicht, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts falsch sei. Es geht da um juristische Verästelungen, die selbst Experten kaum noch verstehen, Laien wie ich erst recht nicht.
Was ich aber weiß: Keineswegs ist dies ein Urteil über Sinn oder Unsinn von Kohlekraftwerken generell, sondern nur zum Baurecht für ein bestimmtes Kraftwerk, und selbst da nur zu zwei Aspekten.
Aber genau da liegt das Problem: Es gibt so viel Weiteres zu verhandeln, so viele weitere juristische Wege. Und sicher ist: Sie werden gegangen. Es ist wirklich absurd, aber langsam wird das Szenario wahrscheinlich, dass dieses Kraftwerk wegen des Endes des Kohleverstromung ohnehin vom Netz geht, bevor letztverbindlich juristisch der Stab darüber gebrochen wurde.
Und das Kraftwerk läuft derweil weiter...
Das kann niemanden zufrieden zurücklassen. Rechtssicherheit, und sei es nur für künftige Projekte, braucht auch der Kraftwerksbetreiber. Aus Sicht der Kläger aber ist es besonders frustrierend: Wenn man eine Fülle begründete Argumente hat, warum dieses Kraftwerk so nicht rechtens ist, das OVG einem folgt, darauf ein Urteil aufbaut und das dann dem höchsten deutschen Verwaltungsgericht nicht standhält - dann ist das schon bitter.
Und während sich die Juristen streiten, produzierte Datteln 4 laut BUND im Jahr 2022 insgesamt 4,6 Terawattstunden Strom für die Deutsche Bahn und die öffentliche Versorgung. Es sei damit nur zu 50,4 Prozent ausgelastet gewesen, habe aber 3,82 Millionen Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid ausgestoßen. Der Ausstoß von 24,9 Kilogramm Quecksilber, 429 Tonnen Schwefeloxide und 1.190 Tonnen Stickoxide seien hinzugekommen.
Es begann mit Überheblichkeit
Wenn eines fernen Tages einmal entschieden werden sollte, dass all das nicht auf juristisch sicherer Grundlage in die Luft gepustet wurde, kann man sich schon einmal fragen, ob man einfach schulterzuckend zur Kenntnis nehmen will, dass Gerichtsverfahren in Deutschland eben so lange dauern. Und dass das Kraftwerk eben so lange in Betrieb bleibt, bis final entschieden wurde.
Keine Frage: Die politische Abwägung ist extrem schwierig, die rechtliche sowieso. Ja, es gibt auch Gründe für den Kohlestrom in Zeiten hoher Energiekosten. Es geht um den Preis, um Versorgungssicherheit, um die Deutsche Bahn. Und auch juristisch lässt sich den Klägern sicher manches entgegenhalten. Eines bleibt aber festzuhalten: Die mangelhafte Planung und die Überheblichkeit des Vorgänger-Besitzers des Kraftwerks, Eon, hat diesen Rechts- und den politischen Streit erst entfacht.
Sie hat dazu geführt, dass die Lage immer verzwickter wurde, weil mit den Jahren immer mehr Themen mit diesem Kraftwerk in Verbindung gebracht wurden. Dass Datteln 4 nicht nur Gegenstand einer lokalen Schadstoff- und Abstandsdiskussion wurde, sondern zum Symbol der bundesweiten Klimadebatte und des Diskurses über den Kohleausstieg. Und dass zu allem Überfluss jetzt auch noch der Ukraine-Krieg, die daraus folgende Schieflage des Betreibers und die erzwungene Suche nach einem Käufer eine Rolle spielen.
Schon die 17 Jahre waren zu lang
Wie gesagt: Es nervt! Ich weiß nicht, wie man es besser machen kann. Aber schon die 17 Jahre Rechtsstreit fühlten sich viel zu lang an, weil irgendwann auch das Resultat der Auseinandersetzung niemandem mehr nutzt. Aber so ist es jetzt: Es geht weiter, vor dem OVG Münster, irgendwann im nächsten Jahr.
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