Wachskrippe von Herz Jesu in Rünthe ist ein bedeutender Schatz Warum Maria vier Hände hat

Die Wachskrippe von Herz Jesu: In Rünthe steht ein wahrer Schatz
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Zur Weihnachtszeit gehören Krippen und damit die Nachbildung der Szenerie im Stall von Bethlehem, wie sie in der Bibel beschrieben wird. In der Herz-Jesu-Kirche in Bergkamen-Rünthe ist diese Krippe von ganz besonderer Art. Die Köpfe und Hände aller Krippenfiguren sind aus Wachs gefertigt. Eine Technik, die zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten ist. Die Krippe von Herz Jesu reißt Fachleute und Touristen daher zu Begeisterungsstürmen hin, und Teile davon wanderten sogar ins Museum..

Doch der Reihe nach: Die Krippenfiguren stammen aus dem Kloster der Schwestern vom armen Kinde Jesu. Nach einigen Umzügen ist das Mutterhaus des Ordens inzwischen wieder in Aachen-Burtscheid. Die Wachsbildnerei war ursprünglich eine der beiden großen Einkommensquellen für die Klosterschwestern, und sie brachten es dabei zu großer Kunstfertigkeit. Krippen mit Wachsfiguren der Schwestern vom armen Kinde Jesus zählen deshalb zu den bedeutendsten Kirchenkrippen in Deutschland. Doch die Technik geriet in Vergessenheit.

Die Gesichter aus Wachs wirken geradezu lebendig.
Die Gesichter aus Wachs wirken geradezu lebendig. © Stefan Milk

Rund um das Jahr 1920 schaffte die Rünther Kirchengemeinde die Wachsfiguren an - eigentlich aus der Not heraus, denn Holzfiguren konnte man sich damals nach dem Ersten Weltkrieg nicht leisten. „Ich glaube nicht, dass man in der Gemeinde damals wusste, welche Besonderheit man da kaufte“, sagt Margret Vieweger, die die Krippe 25 Jahre lang hegte und pflegte und den Aufbau vor wenigen Jahren in die Hände des Ehepaars Szymanowski legte.

100 Jahre später weiß man aber darum, durch einen Zufall. Und seither zieht die Krippe jedes Jahr Besucher aus Nah und Fern an. Die Kirchengemeinde hat extra Zeiten eingerichtet, in denen es Gelegenheit für eine besinnliche Zeit an der Krippe mit leiser Musik gibt. Vielen Menschen geht es dann genauso wie Pfarrer Thorsten Neudenberger, der ganz offen gesteht: „Herz Jesu, das ist für mich die Weihnachtskirche.“

Das Christuskind wird erst an Heiligabend in die Krippe gelegt - schließlich wird es da erst geboren.
Das Christuskind wird erst an Heiligabend in die Krippe gelegt - schließlich wird es da erst geboren. © Stefan Milk

Seligsprechung der Ordensgründerin hatte Folgen

Doch die besondere Krippe hat auch ihre Tücken: „Früher konnten wir die Figuren zurück ins Kloster zur Reparatur geben“, erklärt Margret Fieweger. „Doch eines Tages ging das nicht mehr.“ Das Wissen um die verwendete Technik bei der Fertigung der Wachsfiguren war verloren gegangen.

Doch als Ordensgründerin Clara Fey (1815 bis 1894) im Jahr 2018 durch Papst Franziskus selig gesprochen wurde, wurde an ihrem Sterbeort im niederländischen Simpelvield ein Museum zu ihren Ehren eingerichtet. Weltweit wurde in diesem Zusammenhang nach eben solchen Krippenfiguren gesucht, wie sie die Herz-Jesu-Gemeinde besitzt - und die den kleinen Orden nahezu berühmt machten.

Die Niederländer kamen daher nach Rünthe und nahmen die 15 Figuren der Krippe mit Kennerblick in Augenschein. „Die meisten Figuren sind im Laufe der Jahre ersetzt worden“, weiß Margret Fieweger, „doch unsere Maria ist noch ein Original aus den 1920er Jahren.“

Der heilige Joseph faszinierte die Fachleute

Fasziniert waren die Experten jedoch von der Figur des heiligen Josef, der in der jüngeren Vergangenheit meist im Schrank geblieben war, weil er wegen seiner Größe nicht so gut zu den anderen Figuren passte. „Die Figur haben wir mal im Keller gefunden“, erinnert sich Margret Fieweger, und kann bis heute nicht glauben, welchen Schatz sie jahrelang hegte und pflegte – und doch missachtete.

Denn an genau dieser Figur hatten die Gesandten des Ordens ein großes Interesse und die Gemeinde Herz-Jesu entschied, die Krippenfigur als Dauerleihgabe in die Niederlande zu geben. Dort steht die Figur seither, und etliche Rünther statteten ihr schon einen Besuch ab.

Für die Figur der Maria gibt es zwei Paar Hände: Mit einem kann sie das Kind halten, mit dem anderen betend an der Krippe sitzen.
Für die Figur der Maria gibt es zwei Paar Hände: Mit einem kann sie das Kind halten, mit dem anderen betend an der Krippe sitzen. © Stefan Milk

Doch noch eine weitere Rünther Figur trat die Reise in die Niederlande an. „In den 70er-Jahren“, so weiß Margret Fieweger, „ging unser Christuskind kaputt.“ Die Klosterschwestern wurden um Rat gefragt, winkten aber ab. „Eine Reparatur ging nicht mehr. Sie haben uns deshalb ein neues gefertigt.“ Diese neue Christusfigur liegt bis heute in der Krippe oder auf Marias Schoß, weshalb es für die Maria auch zwei Paar Hände gibt. „Heiligabend sitzt sie an der Krippe und betet, ab dem 1. Weihnachtsfeiertag hält sie das Kind auf dem Schoß und benötigt daher eine andere Handhaltung“, erklärt Fieweger.

Die aus Wachs geformten Hände sind sehr zerbrechlich. Einem Hirten fehlen zum Beispiel zwei Finger. Der Orden will hier zum Dank für die Leihgabe alsbald für Abhilfe sorgen.
Die aus Wachs geformten Hände sind sehr zerbrechlich. Einem Hirten fehlen zum Beispiel zwei Finger. Der Orden will hier zum Dank für die Leihgabe alsbald für Abhilfe sorgen. © Stefan Milk

Im Museum nur noch hinter Glas

Von dem alten Christuskind, wenn auch defekt, hatte sich der damalige Krippenwärter Heinfried Pohlmann aber nicht trennen können. Er hatte es mit nach Hause genommen. „Ich könnte auch keine Heiligenfigur einfach wegwerfen“, versteht Margret Fieweger ihren Vorgänger – und so nahm auch sie das lädierte Püppchen mit nach Hause, als die Witwe Heinfried Pohlmanns es der Gemeinde zurückgeben wollte.

„Ich hab mich dann gefragt, ob die Niederländer wohl auch daran Interesse haben würden“, erzählt Margret Fieweger. Mit etlichen Taschentüchern richtete sie die alte Christusfigur her, damit man die abgebrochenen Arme und Beine nicht sah. „Das hatte so ein feines Gesicht“, schwärmt die Krippen-Kennerin von dem alten Schatz. Auch die Historiker und Restauratoren waren hin und weg. „So hat nun auch Jesus wieder ein Zuhause – im Museum“, freut sich Margret Fieweger. Sicher verwahrt in einer Glasvitrine, mit dem Hinweis, dass es eine Dauerleihgabe der Bergkamener Kirchengemeinde ist.

Die selbst gezimmerte Krippe wird jährlich mit neuem Heu und Stroh ausgelegt. So lassen sich die Kabel der Beleuchtung auch gut verstecken.
Die selbst gezimmerte Krippe wird jährlich mit neuem Heu und Stroh ausgelegt. So lassen sich die Kabel der Beleuchtung auch gut verstecken. © Stefan Milk

Ursprünglich erschien dieser Artikel leicht verändert am 24. Dezember 2022.

  • Von Weihnachten bis zum 1. Januar sind alle Interessierten eingeladen, eine kurze besinnliche Zeit mit leiser Musik an der Krippe zu verbringen.
  • 1. Weihnachtstag, 25. Dezember, 15 - 17 Uhr
  • 2. Weihnachtstag, 26. Dezember, 15 - 17 Uhr
  • Sonntag, 29. Dezember, 15 bis 17 Uhr
  • Neujahr, 1. Januar 2024, 15 - 17 Uhr
  • Sonntag, 5. Januar, 15 bis 17 Uhr
  • Weitere Informationen: www.katholische-kirche-in-bergkamen.de
  • Die Herz-Jesu-Kirche in Bergkamen-Rünthe befindet sich an der Rünther Straße 110.