Das ist der beste "Faust" von Gounod in der Region

Check an vier Häusern

Der „Faust“ von Charles Gounod ist in diesem Jahr eine Lieblingsoper der Theater. Wir haben uns vier Inszenierungen, in Dortmund, Essen, Münster und bei den Salzburger Festspielen, angesehen und verglichen. Der „Faust“-Check.

DORTMUND

, 27.09.2016, 17:17 Uhr / Lesedauer: 3 min

Inszenierung:

In Münster erzählt Aron Stiehl die Geschichte aus Mephistos Sicht. Das macht Spaß, ist unterhaltsam und witzig. Und dieser Mephisto beherrscht auch viele überraschende Zaubertricks.4 von 5 Sternen

In Dortmund setzt Regisseur John Fulljames  während der ganzen Oper einen alten Faust auf die Bühne. In seiner Erinnerung spielt das Stück. Aber die zusätzliche Figur auf der Bühne stört.1 von 5 Sternen

In Essen war in der vergangenen Saison die Inszenierung, die Philipp Stölzl 2015 an der Deutschen Oper Berlin herausgebracht hat, zu sehen. Ganz ruhig und sehr fantasievoll erzählt Stölzl die Geschichte auf einer Drehscheibe, die um eine Säule rotiert. Das überrascht und unterhält glänzend.5 von 5 Sternen

Bei den Salzburger Festspielen war Reinhard von der Tannen für Regie, Bühne und Kostüme zuständig und bot gepflegte Langeweile und manchmal auch alberne Szenen wie in der Revuenummer oder beim Aufmarsch der Zipfelmützengesellschaft.1 von 5 Sternen

Bühne und Kostüme:

Dietlind Konold hat für das Theater Münster ein pfiffiges Bühnenbild entworfen: Mit Guckklappen für den Chor und einer kleinen Guckkasten-Bühne von Mephisto. Da schaut man gerne hin. Die Kostüme sind guter Durchschnitt, bei Mephisto staunt man über die vielen Kleiderwechsel.4 von 5 Sternen

Magdalena Gut hat auf die Bühne des Dortmunder Opernhauses ein graues-Bunker-Keller-Loch gebaut. Der Baum, der verkehrt herum von der Decke baumelt, ist ein Hingucker, sonst aber wenig. Über die Kostüme des von Julia Kornacka schlecht angezogenen Opernchors wundert man sich. Der alte Faust ist ein Klischee-Greis.1 von 5 Sternen

In der Essener Aalto-Oper ist ein wirklich originelles Bühnenbild zu sehen: Die Spielfläche ist eine Scheibe, die sich um eine Säule dreht. Auf die Scheibe werden hinten alle Requisiten und Möbelstücke geschafft – auch ein kleiner Wohnwagen für Margarethe. Mal was Neues, sehr fantasievoll. Die Kostüme von Ursula Kudrna sind besonders in der Maskenszene des Chors großartig.5 von 5 Sternen

Eine Showtreppe mit einem Auge im Zentrum, ein Riesenskelett, das von der Decke schwebt, gewaltige Orgelpfeifen und eine Kirche auf einem Bollerwagen sind bei den Salzburger Festspielen zwar optisch effektvoll, aber  tragen nicht über drei Stunden. Die Kostüme zeigen klassische Schwarz-Weiß-Eleganz.2 von 5 Sternen

Sänger:

Münster hat mit Gregor Dalal einen tollen Mephisto. Und mit Paul O’Neill als Gast einen ordentlichen Faust. Zwei Margarethes teilen sich die Vorstellungen.3 von 5 Sternen

Dortmund punktet beim „Faust“ mit einer Luxusbesetzung: Besser als Karl-Heinz Lehner ist auch René Pape nicht als Mephisto. Und Eleonore Marguerre und Lucian Krasznec sind ein Traumpaar.5 von 5 Sternen

Margarethe und Faust (Jessica Muihead und Absellah Lasri) sind auch in Essen toll besetzt, der Mephisto ist etwas schwächer.4 von 5 Sternen

Salzburg punktet mit Startenor Piotr Beczala als Faust – großartig in dieser Partie. Der Rest des Ensembles singt auf gehobenem Stadttheater-Niveau.3 von 5 Sternen

Originalität:

Münster hat pfiffige Ideen – mit den Klappen im Bühnenbild, für Auf- und Abtritte des Mephisto und die eindrucksvolle Kindesmord-Szene.4 von 5 Sternen

Dortmund hat den Baum und zu Beginn einen Mephisto im Krankenschwester-Kittel.2 von 5 Sternen

Essen liegt wieder klar vorn mit dem Bühnenbild und der Inszenierungs-Idee.5 von 5 Sternen

Naja, originell ist Salzburg nicht mit den Zwergen und der Schwarz-Weiß-Inszenierung. Ästhetisch, aber nicht überraschend.3 von 5 Sternen

Orchester und Chor:

Das Sinfonieorchester Münster spielt unter Leitung von Stefan Veselka auf hohem Niveau, auch der Chor ist gut.3 von 5 Sternen

Motonori  Kobayshi zaubert aus dem Graben der Dortmunder Philharmoniker französische Eleganz. Und er setzt die Klangwelt des Mephisto sehr schön gegen die von Faust und Margarethe ab.4 von 5 Sternen

In Essen steht mit Sébastien Rouland ein Franzose am Pult der Philharmoniker. Das hört man, es klingt elegant und süffig.4 von 5 Sternen

In Salzburg dirigiert Alejo Pérez die Wiener Philharmoniker und den Philharmonia Chor Wien. Natürlich klingt das toll.5 von 5 Sternen

 

Gesamtwertung:

Münster:  4 von 5 Sternen

Dortmund: 3 von 5 Sternen

Essen: 5 von 5 Sternen

Salzburg: 3 von 5 Sternen

 

Termine und Karten:

Theater Münster: 6. / 8. / 23.10., 20. / 29.11., 2.12., 28. 1.; Karten:  Tel. (0251) 590 91 00

Theater Dortmund:  30.9., 2. / 9. / 15. / 22.10., 3. / 11.11.; Karten: Tel. (0231) 502 72 22

Theater Essen: In dieser und der nächsten Spielzeit steht der „Faust“ aus der Saison 2015/16 nicht auf dem Spielplan, aber vielleicht danach noch einmal.

Die Salzburger Festspiele bringen meist DVD-Produktionen von ihren Premieren heraus.

 

Ein Extra:

Wer Gounods „Faust“ für den DVD-Spieler zu Hause kaufen möchte, sollte zur Aufnahme aus der Met in New York greifen. – Nicht nur wegen Jonas Kaufmann als Faust, René Pape als Mephisto, und der schönen Inszenierung von Desmond McAnuff (mit einem tollen Schlussbild), sondern vor allem wegen des Dirigenten Yannick Nézet-Séguin. Was er aus der Musik herausholt, ist großartig  (Decca, rund 15 Euro).