Das Duell: Superstar Brady gegen Mister Unbeständigkeit
Der eine zählt längst zu den American-Football-Legenden, der andere schwankt zwischen Buhrufen und Sternstunden. Im Super Bowl trifft Tom Brady auf Nick Foles - es sind Quarterbacks aus verschiedenen Welten.

Patriots-Quarterback Tom Brady ist heiß auf den Super Bowl. Foto: Mark Humphrey
Unterschiedlicher geht es kaum. Hier Tom Brady, Superstar in einer eigenen Liga - dort Nick Foles, Inbegriff der Unbeständigkeit.
Wenn die New England Patriots im 52. Super Bowl in der Nacht zum Montag auf die Philadelphia Eagles treffen, ist das auch ein Duell zweier grundverschiedener Quarterbacks.
Längst steht Bradys Name in Goldschrift in den Geschichtsbüchern des American Football - vielen ist er GOAT, „The Greatest of All Time“. Fünfmal hat er mit den „Pats“ den Olymp des American Football erklommen, das gab es nie zuvor. Die nächstbesten Quarterbacks (Terry Bradshaw, Joe Montana) konnten je viermal die Vince-Lombardi-Trophäe hochhalten. Folgt jetzt Nummer sechs? „Gottgegebenes Talent“ habe Brady, sagt Ex-Mannschaftspartner Sebastian Vollmer im dpa-Interview.
Der 4. Februar markiert die achte Teilnahme für Brady an einem Super Bowl, auch das ist eine Bestmarke. Er wird dann 40 Jahre und 185 Tage alt sein. Man muss Brady nicht mögen, aber im American Football sind die Karrieren oft extrem kurz - schon sein Alter und die Dauer der Höchstleistung machen Brady zu einer Ausnahmeerscheinung. Sebastian Vollmer schätzt, Brady sei so gut drauf, dass er wohl kaum jetzt aufhören werde. Im Halbfinale gegen die Jacksonville Jaguars war Brady einmal mehr „King of Comeback“, führte sein Team aus fast aussichtsloser Situation noch zum Sieg.
Brady muss niemandem mehr etwas beweisen. Kaum jemand kann die gegnerische Defense so schnell röntgen, kaum ein anderer Quarterback hat einen solchen Killerblick. Seine jüngste Handverletzung könnte nun allerdings ein Handicap sein. In Minneapolis sagte Brady mit nachdenklichem Blick auf seinen Spezialhandschuh: „Das ist noch nicht soweit, wie ich es gerne hätte.“ Der Superstar trainierte aber zwei Stunden lang unter voller Belastung, die Wurfhand war dabei nur noch schwarz bandagiert.
Brady, 1,93 Meter groß und gut 100 Kilo schwer, ist ein Weltstar, gilt vielen als der beste Quarterback überhaupt. Verheiratet mit Ex-Supermodel Gisele Bündchen, ausgestattet mit millionenschweren Werbeverträgen, ist er ein strahlender All-American-Boy. Er spielte in Filmen mit und wurde in der Serie „The Simpsons“ verewigt.
Zu Bradys fünf Super-Bowl-Siegen kommen vier Super-Bowl-MVP-Trophäen für den besten Spieler des Endspiels, außerdem zwei NFL-MVP-Auszeichnungen für den besten Spieler der Liga. Kaum ein anderer Quarterback ist so wenig anfällig für Interceptions.
Für Bradys Gegenüber galt das nur in einer einzigen Saison, und damit sind die Gemeinsamkeiten aber auch schon fast erschöpft.
Nick Foles: 1,94 Meter groß, 110 Kilo schwer. Als Brady seinen ersten Super Bowl gewinnt, ist Foles 13 Jahre alt. Dass der Texaner nun überhaupt aufläuft in Minneapolis, liegt an der Verletzung von Carson Wentz. Auf dem besten Weg zum MVP der NFL, riss sich der etatmäßige Quarterback ein Kreuzband. Damit galt die Saison der Eagles als abgeschrieben, hatte Foles doch einen allenfalls durchwachsenen Ruf. Was folgte, war eine ur-amerikanische Geschichte vom Phoenix aus der Asche.
2013 hatte Foles eine phänomenale Saison: Ein Spiel mit 22 von 28 Pässen im Ziel, den Rekord von sieben Touchdowns in einer Partie eingestellt, bärenstarke 411 Yards. Dann verletzte er sich an der Schulter, baute rapide ab, wechselte nach St. Louis und Kansas und verschwand so in der Versenkung, dass er mit 26 an Rücktritt dachte. Im März 2017 kehrte er mit einem Zweijahresvertrag zu den Eagles zurück - und hatte nach Wentz' Verletzung im Dezember seine Chance.
Foles begann schwach, dann kam das Selbstvertrauen zurück, und im Halbfinale gegen die Minnesota Vikings war er grandios. Präsent und präzise zerlegte er die beste Verteidigung der Liga, konnte seine Leistung danach selbst gar nicht glauben. Nur - Foles gilt als extrem wechselhaft. Das ist für die Fans der Eagles eine echte Herausforderung, für den Gegner aber auch. Mit welchem Gesicht zeigt sich Philadelphia, worauf stellt man sich ein?
Je länger Foles den Ball hält, umso mehr zeigen sich seine Unzulänglichkeiten. Das bedeutet Schwerarbeit für seine unmittelbare Deckung, die „Pocket“ sauber zu halten, den Raum um den Quarterback. Wie Brady wirft Foles am liebsten aus dieser Pocket, ein Lauf ist für die beiden Quarterbacks nur eine Notfall-Option.
Brady hält mit einem Touchdowns-Interceptions-Verhältnis von 28:2 in mindestens 300 Wurfversuchen einen Rekord (2016). Der vorherige stammte aus dem Jahr 2013. 27:2, gehalten von Nick Foles. Der wird nun das Spiel seines Lebens zeigen müssen, um die Eagles zum Sieg zu führen. In der laufenden Saison erzielten Bradys Patriots mit einer Ausnahme immer mindestens 20 Punkte, und in acht Partien waren es mehr als 30. „Wenn Foles das Ding am Sonntag gewinnt“, meinten die Experten des NFL eigenen Senders, „wäre das eine der größten Geschichten überhaupt.“
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