Darum blockierte Hans Stattkus 20 Minuten lang den Busverkehr

Rollstuhl-Ärger

Seit einem Schlaganfall ist Hans Stattkus auf einen Rollstuhl und Busse angewiesen. Doch bereits 54 Mal verweigerten ihm DSW21-Fahrer den Einstieg, weil der Weg über eine ausgeklappte Rampe zu gefährlich sei. Nun hat sich Stattkus gewehrt - und muss sich wegen Nötigung verantworten.

DORTMUND

von Von Peter Bandermann

, 09.08.2012, 05:24 Uhr / Lesedauer: 2 min
Hans Stattkus vor einer typischen Situation, wenn er in einen Bus fahren will.

Hans Stattkus vor einer typischen Situation, wenn er in einen Bus fahren will.

 Noch vor anderthalb Jahren war er auf einer dicken Honda Gold Wing unterwegs. Von 1200 Kubikmetern Hubraum und 96 PS auf dem Motorrad musste der Schürener auf einen Elektro-Rollstuhl mit zweimal 24 Watt umsteigen - ein Schicksal, das ihn ein Leben lang behindert. Er hat gelernt, damit zu leben und sein Lachen nicht aufgegeben. Er engagiert sich in einer Selbsthilfegruppe, um Schlaganfallpatienten, die sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen haben, zu mobilisieren. Ob Rollstuhltraining auf dem Seniorentag in Aplerbeck oder Motivationsgespräche in der Gruppe – Stattkus ist immer voll dabei.  

 Das war auch am 25. Juli um 12.39 Uhr an einer Haltestelle in Hörde so. Als er wütend wurde. Nach eigenen Angaben sollte er zum 54. Mal einen Bus nicht befahren dürfen.Diesmal nicht, weil der Höhenunterschied zwischen Busboden und Gehweg über acht Zentimeter gelegen hat, sondern weil der Bus wegen der mitfahrenden Kinderwagen und Fahrräder voll war.

 Mit dem kleinen Steuerknüppel im E-Rolli-Cockpit manövrierte der 63-Jährige sein 112 Kilogramm schweres Gefährt direkt vor den Bus – und blockierte für 20 Minuten die Weiterfahrt. Ein Polizist versuchte ihn wegzuschieben. Stattkus blockierte die Räder. Ein hinzu gerufener Verkehrsmeister von DSW21 erstattete Anzeige. Wegen Nötigung. „Wenn das Nötigung ist, was ich hier mache, was ist denn dann das, was DSW 21 mit mir macht?“, will Stattkus wissen.

„Das Verhalten des Rollstuhlfahrers ist menschlich nachvollziehbar, aber die Rechtsordnung sieht einen anderen Weg des Protests vor“, so Oberstaatsanwältin Dr. Ina Holznagel über die strafbare Trotzreaktion. Am 16. August hat der resolute Rollifahrer um 13 Uhr einen Termin im Polizeipräsidium. Ein Kommissar befragt ihn zur Sache. Dass Hans Stattkus schon 54 Mal nicht mitfahren konnte, liegt an einem Investitionsstau: Von den 1800 Bushaltestellen in Dortmund sind nur etwa 30 Prozent so umgebaut worden, dass ein nahezu barrierefreier Zugang möglich ist. Stadtwerkesprecher Bernd Winkelmann: „Das ist nicht unsere Schuld. Zuständig ist dafür die Stadt.“