Bürgergeld im Bundesrat gestoppt So geht es jetzt weiter

Bürgergeld im Bundesrat gestoppt - So geht es jetzt weiter
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Im Streit zwischen Ampel und Union über die Reform der Grundsicherung sind die Fronten verhärtet. Das Bürgergeld wurde nun vom Bundesrat gestoppt. Das Ringen um einen Kompromiss beginnt. Verabschiedet hatte der Bundesrat zuvor die Soforthilfe für Gas- und Fernwärmekunden. Sie müssen einen Abschlag nicht zahlen.

Die Bürger werden nach wochenlangen Diskussionen und dem Bundestagsbeschluss zur Einführung eines Bürgergelds voraussichtlich erst zum Monatsende erfahren, ob es wirklich kommt und wie es konkret ausgestaltet wird. Vor der Abstimmung über das Gesetz im Bundesrat an diesem Montag hatte sich immer mehr angedeutet, dass es für das Vorhaben der Ampel keine Zustimmung geben und eine Kompromisssuche im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat nötig sein wird.

Ein Kompromiss müsste nach Experteneinschätzung bis spätestens Ende November gefunden sein, damit das Bürgergeld wie geplant zum 1. Januar eingeführt werden kann. Vertreter von Union und Ampel machten am Wochenende erneut ihre gegensätzlichen Positionen deutlich. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder forderte in der „Bild am Sonntag“ (BamS), die Ampel müsse grundsätzlich nachbessern: bei den Sanktionen, beim Schonvermögen und beim Leistungsprinzip. „Nur unter diesen Bedingungen kann es eine Zustimmung geben“. CDU-Chef Friedrich Merz sagte der „Welt am Sonntag“: „Die Bundesregierung vollzieht mit diesem Gesetz einen vollständigen Systemwechsel in der Arbeitsmarktpolitik. Da sind Kompromisse schwierig.“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte bereits kurz vor der Abstimmung im Bundesrat an, dass die Bundesregierung noch an diesem Montag den Vermittlungsausschuss anrufen werde. Der gemeinsame Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat solle dann möglichst zeitnah einen Kompromiss zu dem Gesetzentwurf erarbeiten. Bis Ende November müsse das Gesetz in beiden Kammern beschlossen sein, um zum 1. Januar in Kraft treten zu können, bekräftigte Heil.

Was stört die Union so an dem Gesetz?

Die Ampel-Pläne sehen eine Erhöhung des heutigen Regelsatzes von 449 Euro für Alleinstehende auf 502 Euro vor. Das ist unstrittig und wird auch von der Union befürwortet. Arbeitslose sollen zudem künftig weniger durch einen angedrohten Leistungsentzug (Sanktionen) unter Druck gesetzt werden, speziell im ersten halben Jahr des Bürgergeldbezugs („Vertrauenszeit“).

Vorgaben zur erlaubten Vermögenshöhe und zur Wohnungsgröße bei Leistungsbeziehern will die Ampel lockern. Bei all diesen Punkten hält die Union ihr Stoppschild hoch. Das „sogenannte Bürgergeld“ sei der Weg in ein bedingungsloses Grundeinkommen aus Steuermitteln, kritisierte Merz. CDU und CSU sprechen von „falschen Anreizen“ und sind der Ansicht, das Bürgergeld senkt die Motivation, eine Arbeit anzunehmen.

Wackelt die Einführung zum 1. Januar?

Viel Zeit bleibt nicht. Die für Hartz IV und später für das Bürgergeld zuständige Bundesagentur für Arbeit hatte ein beschlossenes Gesetz bis spätestens Ende November gefordert, damit es mit der Umstellung zum 1. Januar einschließlich Anhebung der Regelsätze klappt. Am übernächsten Freitag (25. November) kommt der Bundesrat zu seiner nächsten regulären Sitzung zusammen und könnte dort einem möglichen Kompromiss zustimmen. Bis dahin sind aber nicht einmal zwei Wochen Zeit. Die Mitglieder des Vermittlungsausschusses müssen sich wahrscheinlich auf mindestens eine lange Nachtsitzung einstellen.

Ist auch ein Scheitern des Bürgergelds möglich?

Theoretisch ja, allerdings ist der Kompromissdruck hoch, auch angesichts der Krise mit enorm gestiegenen Preisen. Für eine Blockade der Regelsatzanhebung, die mit dem Bürgergeld kommen soll, wird niemand verantwortlich gemacht werden wollen. Beim Blick auf die Statistik des Vermittlungsausschusses wird deutlich: In der überwiegenden Mehrheit der Verfahren in den vergangenen Jahrzehnten wurde eine Einigung gefunden und am Ende ein Gesetz beschlossen.

Der Bundestag hatte den Entwurf zum Bürgergeld am vergangenen Donnerstag (10.11.) mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP verabschiedet. Dem vorausgegangen war bereits eine heftige Parlamentsdebatte.

dpa/kar

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