Bund und Land fördern die Tierquälereien in NRW

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Bund und Land fördern die Tierquälereien in NRW

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So wie im Moment der Tierschutz in Deutschland kontrolliert wird, ist das gesetzeswidrig und ein einziges Desaster. Unser Autor hat eine Idee, die Fleisch-Essern nicht gefallen dürfte.

NRW

, 06.08.2021, 05:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wer auch nur einen Funken Anstand in sich spürt, kann sich nur angewidert von den Bildern dieser fürchterlichen Tierquälereien in Werne abwenden. Mit ein paar Tagen Abstand muss aber auch die Frage erlaubt sein, wer denn eigentlich die Verantwortung trägt, dass so etwas überhaupt möglich ist.

Natürlich sind das die handelnden Personen selbst. Darüber müssen wir nicht reden. Um die kümmert sich der Staatsanwalt. Was aber ist mit anderen? Was ist mit den staatlichen Kontrollen, die ganz offensichtlich nicht im Ansatz gegriffen haben.

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Schnell zeigen die Finger auf die Veterinäraufsicht in diesem Fall des Kreises Unna, wobei: So etwas kann im Moment auch in jedem anderen Kreis der Republik geschehen. Unna ist hier mit Sicherheit nicht besonders blind und untätig. Vielleicht hat der Kreis Unna nicht alles richtig gemacht und an der ein oder anderen Stelle versagt, mag sein. Entscheidend ist das nicht.

Ein strukturelles Problem ist entscheidend

Viel wichtiger ist ein strukturelles Problem und damit nähern wir uns den eigentlich Verantwortlichen. Es gibt ausreichend Gesetze und Verordnungen, ganze Handbücher mit Hinweisen, wer was wann wie wo zu tun hat. Das ist schön, aber es gibt viel zu wenig Fachpersonal, um all das umzusetzen. Dadurch wird die rechtlich bindende Vorgabe, dass jeder Betrieb, auf dem Nutztiere gehalten werden, mindestens alle drei Jahre einmal kontrolliert werden muss und das unangekündigt, zur Farce.

Die Ausstattung der Veterinärämter in den Kreisen und kreisfreien Städten ist so, dass diese Vorgabe auch nicht im Ansatz zu erfüllen ist. Die Männer und Frauen im Veterinäramt müssen ja nicht nur auf den Höfen nach dem Rechten schauen, sondern auch den Transporteuren, den Schlachthöfen, den Verarbeitungsbetrieben, dem Einzelhandel und vielen anderen auf die Finger klopfen. Dabei sind im Kreis Unna gerade einmal 2,72 Stellen (Zahlen von 2017) für Menschen reserviert, die sich mit dem Tierschutz befassen. In Dortmund sind es 4,2 und im Kreis Recklinghausen 6,7 Stellen.

So wird es mit Sicherheit neue Skandale geben

Niemand sollte sich angesichts solcher Zahlen wundern, dass immer wieder solche Skandale wie in Werne geschehen können. Es wird sie mit Sicherheit weiter geben, entdeckt und unentdeckt, wenn sich nicht grundlegend etwas ändert.

Übrigens: Auch das Argument, Tierschutz-Organisationen könnten solche Missstände doch auch aufdecken, und zwar mit noch viel weniger Personal, zieht nicht: Erstens haben die keinen flächendeckenden Kontrollauftrag, zweitens setzen die Mittel wie heimlich installierte Videokameras zur Dokumentation ein. Staatsdienerinnen und -dienern ist das verboten.

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Die völlig unzureichenden und sogar gesetzeswidrig zu wenigen Kontrollen machen es den Verbrechern unter den Groß- und Kleinvieh-Baronen, die ihre Tiere quälen und unter unsäglichen Bedingungen halten, viel zu leicht, ihre Tierquälereien fortzusetzen. Wer nur alle 10, 15 Jahre mit einer Überprüfung rechnen muss, für den ist der Anreiz, sich regelkonform zu verhalten, gering.

Die eigentliche Verantwortung für das Kontroll-Versagen liegt daher beim Bund und beim Land, denn: Tierschutz ist zwar Ländersache, aber der Bund hat nach EU-Vorgabe die Regeln, nach denen in Deutschland kontrolliert wird, vorgegeben.

Wer Kontrolle bestellt, muss auch für Kontrolle bezahlen

Und wenn danach ein Betrieb mindestens alle drei Jahre kontrolliert werden soll, dann müssen Bund und Land den Kreisen und kreisfreien Städten das notwendige Geld zur Verfügung stellen, um diese Aufgabe auch erfüllen zu können. Regeln aufstellen, die dann ein anderer bezahlen muss, das ist ein Verstoß gegen ein Grundprinzip der Demokratie, das Konnexitätsprinzip. Übersetzt heißt das: Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen.

Und wenn trotzdem Geld fehlt, könnte man sich doch etwas einfallen lassen: Wie wäre es, wenn jeder Zuchtbetrieb für jedes Kilo produziertes Fleisch einen Kontrollbeitrag von ein paar Cent an den Staat abführen müsste? Damit könnte dann viel Personal für wirksame Kontrollen eingestellt werden. Zahlen müssten das dann am Ende all jene, die gerne Fleisch essen. Diesen Aufschlag, da bin ich mir sicher, würden sie aber gerne zahlen, wenn sie damit wüssten, dass die Tiere anständig und artgerecht behandelt wurden, bevor sie auf den Teller kamen.

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