
Wir wissen doch, dass sich im Kleingedruckten oft Ungemach verbirgt. Die Vollbremsung bei der Elektroauto-Förderung belegt das einmal mehr.
Sonntagabend verteidigte Bundesfinanzminister Lindner das sofortige Förder-Aus so: „Es gab kein festes Datum. Sondern es läuft aus, wenn kein Geld mehr zur Verfügung steht.“ Ich übersetze das so: „Das hätte jeder wissen können. Wer trotzdem ein E-Auto bestellt hat, ist selbst schuld.“
Das, so mein erster Reflex, kann nicht wahr sein. Jeder Autohändler und die Bundesregierung selbst warb mit der Förderung. Von Risiko kein Wort.
Selbst Montagfrüh, als das Förder-Aus längst verkündet war, lockte die Bundesregierung im Internet noch mit dem Zuschuss. Nicht die kleinste Warnung: „nur solange der Vorrat reicht“. Trotzdem versteigt sich der FDP-Chef zur Aussage, jeder hätte wissen können...
Das Hintertürchen im Bundesanzeiger versteckt
Ich sag es nicht gerne, aber rein formal hat Lindner recht. Er bezieht sich auf zwei Sätze, die seit dem 9. Dezember 2022 im Bundesanzeiger stehen: „Ein Rechtsanspruch (…) besteht nicht. Die Gewährung der Zuwendung steht unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit der veranschlagten Haushaltsmittel.“
„Jetzt ist kein Geld mehr da, also gibt’s nichts mehr, wo ist das Problem?“, übersetze ich Lindners Argumente. Vielleicht kann er mit seinem Verweis auf das Hintertürchen im Gesetz irgendwann einen Richter überzeugen, weltfremd und politisch inakzeptabel ist es dennoch. Wer schaut schon in den Bundesanzeiger?
War die Förder-Notbremse aus Geldnot in dieser Form wirklich nötig? Warum stellte man die Förderung für neue Kaufverträge nicht sofort ein, gewährte sie aber für geschlossene Kaufverträge weiter?
Das wäre fair gewesen und hätte nur eine überschaubare Summe gekostet. Ähnlich denke ich über die Kürzungen für die Landwirtschaft, Stichwort Agrardiesel. Muss diese Größenordnung sein? Laut Bauernverband geht es um eine Milliarde Euro.
5,5 Milliarden Euro für Dienstwagen - im Jahr!
Ich hätte da eine Idee: Warum kappt die Regierung nicht die Dienstwagen-Subventionen? Laut einer im August veröffentlichten Studie kosten die rund 5,5 Milliarden Euro im Jahr.
Traut sich die Regierung da nicht ran, weil viele Damen und Herren aus Politik und Verwaltung von Kürzungen selbst betroffen wären und zudem die anderen Dienstwagen-Privilegierten größeren Einfluss haben als ganz normale Landwirte?
Zurück zu den E-Autos. Wenn der Staat eine Förderung verspricht, müssen die Menschen sich darauf verlassen können. Das abrupte Förder-Aus ist ein Fehler mit unabsehbaren Folgen.
Wenn Menschen dem Staat nicht mehr vertrauen, hat unser Land ein deutlich größeres Problem als ein Loch im Haushalt. Dann geht es um den Kern des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Und was das Ziel der Bundesregierung angeht, 15 Millionen vollelektrische Autos bis 2030 auf die Straße zu bringen, wird es Zeit für ein Eingeständnis: Das war schon vor dem Förder-Aus unrealistisch.
Bisher sind erst 1,3 Millionen E-Autos in Deutschland zugelassen. Und das, obwohl der Bund sie seit 2016 mit 10 Milliarden Euro gefördert hat.
Gründe für so niedrige Zahlen muss man nicht lange suchen. Sicherlich spielen fehlende Ladestationen, eine längere Lade- als Tankdauer und eine geringe Reichweite eine Rolle. Entscheidend aber ist der Preis. E-Autos sind viel zu teuer.
Sechsmal um die Erde, erst dann hat man den Mehrpreis eingefahren
Ein Beispiel. Ein VW Golf kostet in der günstigsten Version 29.275 Euro. Das entsprechende Elektromodell von VW, der ID3, 39.995 Euro, also 10.720 Euro mehr.
Ja, für ein E-Auto fällt auch keine Kfz-Steuer an, aber machen wir der Einfachheit halber die folgende Rechnung auf: Wie viele Kilometer muss ich mit einem E-Auto fahren, wenn ich den höheren Preis allein über Ersparnisse beim Verbrauch reinholen will?
Nimmt man die Werksangaben ernst, kommt der Golf bei aktuellen Preisen auf Spritkosten von 8,50 Euro pro 100 Kilometer, beim ID3 fallen etwa 4,28 Euro Stromkosten an. Das heißt: Pro 100 Kilometer spare ich beim ID3 4,22 Euro Verbrauchskosten gegenüber dem Golf.
Bis ich den 10.720 Euro höheren Kaufpreis ausgeglichen habe, müsste ich also 254.300 Kilometer mit meinem ID3 fahren, also mehr als sechsmal um die Erde. Das schreckt ab.
Hoffnung, dass alles besser wird - irgendwann im Jahr 2030
Die Hersteller müssen ihre Preise senken und zwar drastisch. Vielleicht sollten sie ihre Entwicklungskosten über einen längeren Zeitraum abschreiben und ihre Gewinnerwartungen senken. Sonst bleiben sie auf ihren E-Autos sitzen. Eine Dauer-Subvention ist keine Lösung.
Erst wenn der Preis für E-Autos sich dem von Verbrennern annähert – Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer rechnet dafür mit dem Jahr 2030 – werden die mit einem Umstieg aufs E-Auto verbundenen Unannehmlichkeiten für Menschen der Umwelt zuliebe verkraftbar sein. So sind sie es nicht.
„Kein Tag ohne Rassismus“: Polizist Victor Ocansey weiß, was People of Color im Alltag erleben
„In der Weihnachtsbäckerei“ und „Dicke rote Kerzen“: Kitas müssen an die GEMA Gebühren zahlen
Durchbruch bei Verhandlungen: Asylsystem in der EU soll grundlegend reformiert werden
Gaspreisbremse fällt am 1. Januar weg: Anbieter-Wechsel kann mehr als 1.000 Euro sparen
Sparbeschlüsse der Ampel machen Strom teurer: So lassen sich trotzdem hunderte Euro sparen
Nach Unterstützung einer palästinensischen Terrorgruppe: Razzia bei linksradikaler Frauengruppe
Oberstes Gericht in Colorado: Trump vom Wahlzettel ausgeschlossen