"Besuch der alten Dame": Munter und bissig
Naturbühne Hohensyburg
Seit Kurzem hat die Naturbühne Hohensyburg das Stück "Besuch der alten Dame" von Friedrich Dürrenmatt im Programm. Regisseurin Sina Weber hat die bitterböse Geschichte flott und mit Humor umgesetzt, findet unser Rezensent Kai-Uwe Brinkmann.
Geld regiert die Welt. Und verdirbt den Charakter. So etwa lässt sich der Kern von Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ zusammenfassen. Eine Milliardärin kehrt zurück an den Ort ihrer Jugend, um Rache zu nehmen für Schmach und Verleumdung.
Ein Vermögen für einen Mord
Claire lobt ein Vermögen aus, wenn die Bewohner des maroden Städtchens ihren Ex-Geliebten umbringen. Werden die Bürger das Blutgeld nehmen? Sie werden. Sonst hätte Dürrenmatt nicht die Pointe: Erst kommt das Fressen, dann die Moral, wie Brecht es formulierte.
An der Naturbühne Hohensyburg hat Sina Weber den modernen Klassiker in Szene gesetzt. Gleich kommt die steinreiche Claire nach Güllen, das Empfangskomitee wartet. Die Bürgermeisterin (Sabine Bathe-Kruse) sammelt eilig Fakten für die Laudatio.
Alfred wähnt sich zuerst in Sicherheit...
Güllens Trumpf ist Claires Jugendliebe Alfred (Werner Ahlke). Er soll die Milliardärin bezirzen, damit der Rubel rollt und der Ort wieder auf die Beine kommt. Da ist sie nun, Claire (schön schnippisch: Sabine Klingspor), Dame von Welt, umringt von Speichelleckern und Lakaien. Alfred wärmt alte Geschichten auf, er glaubt sich am Ziel: „Ich hab’ sie im Sack!“
Irrtum. Claire eröffnet der Gemeinde ihren Plan. Geld gibt es nur gegen Alfreds Kopf. Mit uns nicht! Wir sind Humanisten!
...bis ihm plötzlich die Muffe geht
Alfred ist erleichtert – bis er sieht, dass die Güllener sich teure Schuhe und Hobbys zulegen, bezahlt mit Krediten und Wechseln auf sein Ableben. Chronik eines angekündigten Todes. Der Lehrer (Michael Karrasch), der beschwipst gegen den Mammon wettern wollte, fordert nun Alfreds Tod im Namen der Gerechtigkeit. Wie die Stimmung kippt und es Alfred mulmig wird, fängt das Stück gut ein.
Humor blitzt auf, wenn Claire ihre häufig wechselnden Gatten verhöhnt. Tritte gegen Jetset und Finanzkapital werden von der Inszenierung forciert. Stefan Bauer hat Lieder beigesteuert, die das Geschehen kommentieren. Trotz kleiner Längen eine muntere Aufführung, die nur das Zentrum der Bühne zu selten bespielt und sich etwas in den Außenbereichen verliert.