
© Björn Hickmann/ stage picture
Berliner Freaks besuchen Frau Luna im Computer
Musiktheater im Revier
Regisseur Thomas Weber-Schallauer hat die 120 Jahre alte Operette von Paul Lincke mit viel Witz aufgefrischt. Im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen ist diese Produktion ein großer Spaß.
Von Karsten Mark
Gelsenkirchen. Mit dem Fesselballon bis zum Mond? Das kann man heutzutage nun wirklich niemandem mehr erzählen. Doch die Liedtexte sind nun mal so, wie sie sind. Da kann sich der Berliner Start-up-Hipster Fritz Steppke nur immer wieder entschuldigen: „Der Komponist hat es so gewollt.“
Technisch ist die Neufassung von Paul Linckes 120 Jahre alte Operette „Frau Luna“, die Regisseur Thomas Weber-Schallauer auf die Bühne des Musiktheaters im Revier in Gelsenkirchen gebracht hat, bereits um Lichtjahre weiter. Denn Steppke ist keiner der tollkühnen Männer, die ihr Leben riskieren, um neue Welten zu entdecken. Eher das Gegenteil, manche sagen auch: eine Memme. Steppke und seine Berliner Kumpels erleben Abenteuer lieber auf der Couch mit der VR-Brille auf dem Kopf – also jenem Gerät, das mittels Computer in die „virtuelle Realität“ entführt.
Steppke X
Das liegt im Trend, dafür gibt es einen Markt, ist Steppke überzeugt und hat deshalb die erste „virtuelle Weltraumagentur Steppke X“ gegründet. Es ist ein solides Grundkonzept, das Weber-Schallauer gefunden hat, um schräge Typen und Erscheinungen unserer Zeit zu karikieren: Da kommt der Berliner Wohnungsmarkt ins Spiel, wenn Vermieterin Pusebach droht, die Miete zu vervierfachen und argumentiert: „Alles, was kein Klo ist, ist heute ein Loft.“
Auf dem Mond schließlich beklagen die Berliner Freaks mangelnde „Willkommenskultur“, als sich Mond-Sheriff Theophil über die illegale Einreise ohne Mond-Visum beklagt.
Komische Talente
Die Gelsenkirchener Frau Luna hat alles, was man sich von einer aufgefrischten Operette wünschen kann: Gags, die zünden und ein spielfreudiges Ensemble mit sängerischer Leichtigkeit.
Anke Sieloff verdreht mit ausgeprägtem Sex-Appeal dem jungen Sebastian Schiller als Steppke den Kopf, Christa Platzer gibt die ständig eifersüchtige Frau Pusebach und Joachim Maaß den aufgeblasenem Mond-Sheriff Theophil. Ava Gesell hat als Marie Pusebach zwar keine so große Rolle, lässt allerdings mit schönem Sopran aufhorchen.
Als starke komische Talente erweisen sich auch der Tenor Martin Homrich als Prinz Sternschnuppe und Altistin Patricia Pallmer als Lämmermeier. Für den musikalischen Schwung sorgt Kapellmeister Bernhard Stengel.
Termine: 11. / 13. / 19. / 25. / 31.10., 21. /31.12., 9.4., 16.5.; Karten: Tel. (0209) 409 7200. www.musiktheater-im-revier.de