Berlinale-Film zeigt Hochstapler unter sich

Filmfestival in Berlin

Mit einem bezaubernden Supermarkt-Märchen aus der ostdeutschen Provinz geht der Wettbewerb der Berlinale zu Ende. Am Schluss gab es ein paar Humor-Höhepunkte. Aber wer bekommt den Bären?

Berlin

, 23.02.2018, 18:06 Uhr / Lesedauer: 2 min
Sandra Hüller und Franz Rogowski: eine Liebe in den Supermarkt-Gängen und am Gabelstapler. Foto: dpa

Sandra Hüller und Franz Rogowski: eine Liebe in den Supermarkt-Gängen und am Gabelstapler. Foto: dpa

Welcher Film in diesem Jahr den Goldenen Bären gewinnt? Selten waren die Sieger der Berlinale so wenig vorhersagbar wie in diesem Jahr. Was auch daran liegt, dass Jury-Präsident Tom Tykwer und seine Kollegen nicht eben die Qual der Wahl haben.

In Umfragen ist „Seasons of the Devil“ vorn



In Kritikerumfragen führt die vierstündige Philippinen-Saga „Season of the Devil“ des Regisseurs Lav Diaz, die in den Dschungel und die brutale Ära der Militärdiktatur seines Landes führt. Und das im Gewand eines Rock-Musicals. Klar, wer diese Strapaze durchgestanden hat, der feiert sie auch.

Berlinale-Chef Dieter Kosslick steht ja schon länger in der Kritik. Der Wettbewerb seines Festivals fällt kontinuierlich hinter die Filmfestspiele in Cannes und Venedig zurück, selbst der Prominenten-Auflauf blieb in diesem Jahr überschaubar. Frischer Wind wird der Berlinale gut tun, Kosslicks Vertrag läuft 2019 aus.

Der Humor der letzten Filme tröstet



Tröstlich ist auch, dass es doch ein paar Humor-Höhepunkte zum Schluss gab. Wie die wilde iranische Satire „Khook“, zu Deutsch: „Schwein“ von Mani Haghighi. Sie handelt von einem eitlen Regisseur mit Berufsverbot, der sich schrecklich verkannt fühlt: Ein Serienmörder geht um, der alle prominenten Filmemacher des Landes ermordet. Nur ihn trifft es nicht. Gemeinheit!

Lustig, bissig und vor allem politisch scharfsinnig ist der polnische Beitrag „Twarz“ von Malgorzata Szumowska. Ihre Satire erzählt von einem Bauarbeiter, der während der Arbeit an einer gigantischen Jesus-Statue verunglückt und hernach zum Helden verklärt wird. Aufs Vergnüglichste attackiert die Regisseurin dabei den erstarkenden Nationalismus mit religiösem Fundament in ihrer Heimat. Das hätte auf jeden Fall eine Auszeichnung verdient.

Das Supermarktmärchen überzeugt



Sehr amüsant ist schließlich auch der vierte deutsche Wettbewerbsbeitrag dieser Berlinale: Thomas Stubers „In den Gängen“. Mit Sandra Hüller und dem diesjährigen Shootingstar Franz Rogowski (auch Hauptdarsteller in Christian Petzolds „Transit“) in den tragenden Rollen erblüht ein magisch-realistisches Supermarktmärchen aus der ostdeutschen Provinz.

Der Film spielt unter Warenräumern, die mit dem Gabelstapler die Regale befüllen. Zu klassischer Musik wird dabei dem Gefühl des Abgehängtseins getrotzt. Auf die Frage, was sie an dem Film gereizt habe, hatte Sandra Hüller die schönste Antwort parat: „Ich wollte unbedingt mal Gabelstapler fahren“.

Außer Konkurrenz, in der Special-Reihe, stand dann am Freitagabend noch die Dokumentation „Songwriter“ über Popstar Ed Sheeran auf dem Berlinale-Programm.

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