
Phelim McDermott (vorne) schafft in „Tao of Glass“ mit drei Figurenspielern poetische Bilder. © Kenton
Bei den Ruhrfestspielen überlagert der Monolog die Musik von Glass
Uraufführung in Recklinghausen
In „Tao of Glass“ erklingen bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen neue Kompositionen des weltberühmten Philip Glass erstmals in Deutschland. Leider geht die Musik etwas unter.
Die Musik des mittlerweile 85-jährigen Pioniers der Minimal Music Philip Glass passt so gut in die Zeit wie kaum eine andere. Viele weitaus jüngere Musiker spielen heute in seinem Geiste vor allem Klavier.
Pianisten-Popstar Víkingur Ólafsson generierte vor kurzem millionenfache Streams mit Glass-Neueinspielungen. So war die Neugier groß auf die zehn neuen Kompositionen der Deutschlandpremiere „Tao of Glass“ bei den Ruhrfestspielen.
Nur selten liegt der Fokus der Aufführung auf der Musik
Tatsächlich ist die Aufführung am stärksten in den seltenen Momenten, in denen der Fokus auf der Musik liegt: Wenn etwa am Schluss einer dieser raffinierten, selbstspielenden Steinway-Flügel ein neues Glass-Stück spielt, sich Violine und Klarinette dazu gesellen und Schicht um Schicht den Zauber der Klang-Patterns entfachen.
Die Drehbühne (Fly Davis) rotiert dazu wie ein Plattenteller und das Publikum im Ruhrfestspielhaus lauscht fasziniert und atemlos. Aber leider dreht sich „Tao of Glass“ im Wesentlichen nicht um die Musik, sondern um die Geschichte des Hauptdarstellers, Regisseurs und Text-Verantwortlichen Phelim McDermott mit ihr.
McDermott und Glass sind seit der Kindheit befreundet
McDermott ist seit Kindheitstagen Fan von Philip Glass‘ Musik und seit langem mit dem Komponisten befreundet. Gemeinsam haben sie das Stück entwickelt und die Erzählung dieser Tatsache nimmt genauso viel Raum ein wie weitere autobiografische Anekdoten, die um die Geschichte des Darstellers mit Glass‘ Musik kreisen.
Das ist leider oft ziemlich sentimental und geschwätzig. Und die Idee, den biografischen Puzzleteilen einen Kitt durch die chinesische Philosophie des Taoismus und ein Bewusstseins-Konzept des amerikanischen Psychoanalytikers Arnold Mindell zu verpassen, geht auch nur bedingt auf.
Puppenspieler sorgen für starke visuelle Momente
Das Schlimmste ist, dass Phelim McDermott mit seinem Monolog-Monopol oft den Zugang zu den neuen Glass-Kompositionen verstellt. Ein Kammer-Quartett aus Klavier, Geige, Klarinette und Percussion führt sie eigentlich sehr feinsinnig auf und verpasst den repetitiven Klangschichtungen einige Male auch einen guten Drang nach vorne.
Trotzdem wirken sie in diesem Umfeld oft wie schmückendes Beiwerk. Ebenfalls tolle Arbeit machen drei Figurenspieler und sorgen immer wieder für starke visuelle Momente.