Ein Knall, ein Beben – dann stürzt ein ganzes Haus in sich zusammen: Vor acht Monaten explodierte im Südwesten von Bochum ein Wohnhaus. In den Trümmern fanden Einsatzkräfte später eine tote Frau (61). Seit Montag (11.9.) geht es vor dem Bochumer Schwurgericht um schwere Vorwürfe gegen zwei Bauarbeiter (30,51). Sie sollen Gefahren durch eine zuvor durchbohrte Gasleitung nicht ausreichend ernstgenommen haben.
Zum Prozessauftakt fanden beide Männer Worte der Entschuldigung und Anteilnahme. „Mir tut das unheimlich leid für die Familie. Ich wollte niemals jemandem etwas antun“, beteuerte der 51-jährige Angeklagte, seinerzeit Vorarbeiter auf der Unglückbaustelle.
Auch sein 21 Jahre jüngerer Schwiegersohn richtete gleich zu Beginn sein „herzliches Beileid an die Familie“.

Ob und in welchem Umfang die beiden Bauarbeiter strafrechtlich Verantwortung für die verheerende Hausexplosion vom 10. Januar tragen, müsse der Prozess klären, betonte Verteidiger Roman von Alvensleben.
Sein Mandant, der Vorabeiter, sei immer noch „völlig fassungslos“, sich „sicher gewesen, dass keine Gefahr besteht“ und gehe bis heute davon aus, trotz eines ersten Gasverdachts damals „alles Erforderliche getan“ zu haben. Er stelle sich aber auch klar seiner Verantwortung. „Wenn man ihm am Ende sagt, Du hast eben nicht alles unternommen, um das Unglück zu verhindern, dann wird er damit leben müssen“, erklärte der Verteidiger.
In dem Bochumer Wohngebiet hatten im fraglichen Zeitraum horizontale Bohrarbeiten zur Verlegung von Glasfaserkabeln stattgefunden. Der angeklagte Vorarbeiter soll von einem mehrere Meter entfernten „Bohrterminal“ aus die Erdbohrungen gesteuert haben.
Sein Schwiegersohn soll per Funk mit ihm verbunden gewesen und an Ort und Stelle mit einem Messgerät den Verlauf des Bohrkanals kontrolliert haben.
Steuersignal ignoriert?
Gegen 17.10 Uhr, so die Anklage, durchdrang der Diamantbohrkopf eine Gasleitung. Gleichzeitig soll die auf 72 Grad Celsius angestiegene Temperatur des Bohrkopfes auch eine Art Steuersignal auslöst haben, was von den Bauarbeitern jedoch ignoriert worden sein soll.
Infolge zweier Löcher (jeweils 150 Millimeter groß) soll fortan stundenlang unterirdisch Erdgas ausgetreten sein, sich laut Anklage „seinen Weg in die umliegenden Häuser“ gesucht und dann – ausgelöst durch einen Zündvorgang - letztlich in dem später zerstörten Wohnhaus zu einer Explosion geführt haben.
Links ein weißes Haus, rechts ein rötlich geklinkertes – in der Mitte ein riesiger Berg aus Schutt und Trümmern: Die Bilder von der Unglücksstelle hatten schockiert.

Eine 61-jährige Bewohnerin des Hauses war unter den Trümmern begraben worden und verstorben. Der Sohn (35) der Frau überlebte das Unglück wie durch ein Wunder mit Prellungen und Schürfwunden.
Die Vorwürfe gegen die Bauarbeiter stützen sich darauf, dass wenige Stunden vor der Explosion während der Bohrarbeiten ein Baustopp mit Blick auf ein Gasleck erfolgt war. „Gas! Gas!“ habe ein anderer Bauarbeiter dem 30-jährigen Angeklagten gemeldet, der wiederum sofort den Vorarbeiter informiert.
Kanaldeckel geöffnet
Der 51-Jährige will daraufhin an der Bohrerstelle mehrere „Riechproben“ gemacht, aber nie selbst Gas gerochen haben. „Nichts, nichts, gar nichts habe ich gerochen“, beteuerte der Vorarbeiter. Weder an von ihm extra geöffneten Gerätekappen, noch aus geöffneten Kanaldeckeln.
„Ich habe sogar einen Zollstock genommen und bin bis auf den Bohrer gegangen, habe dann noch alle Kollegen gefragt, ob sie was riechen – keiner hat was gerochen“, erklärte der Angeklagte.

Dass ihnen mit der Anklage vorgeworfen wird, sie hätten den Boden an der Verdachtsstelle vor allem auch deswegen entgegen der Vorschriften nicht sofort eröffnet, um den bevorstehenden Feierabend nicht zu gefährden, wiesen beide Bauarbeiter zurück. „Es war schon dunkel, die Sichtverhältnisse waren schlecht“, erinnerte sich der 30-Jährige. „Wenn wir dann noch mit Baggern rumgemacht hätten, hätten sich die Anwohner sofort beschwert.“
Man habe sich daher auf den Plan verständigt gehabt, am nächsten Morgen bei Helligkeit die Stelle „aufzumachen und zu kontrollieren“. Verhängnisvoll: Dazu kam es dann aber infolge der Explosion nicht mehr.
Urteile im Oktober geplant
Die Richter haben beiden Arbeitern bereits signalisiert, dass am Ende Verurteilungen unter anderem wegen fahrlässiger Tötung sowie fahrlässiger Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion stehen könnte. Für den Prozess sind doch Verhandlungstage bis zum 27. Oktober anberaumt.
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