Das Ballettmärchen aus seiner Heimat China läge ihm so sehr wie kein anderes der weit mehr als 40 Ballette, die er in Dortmunder herausgebracht hat, am Herzen, schreibt Wang im Programmheft. Er hat viel geändert in seiner Choreografie der Geschichte über die chinesischen Buddenbrooks.
Am deutlichsten für das Publikum wird das an der Rolle des alten Mannes (Armen Gevorgyan), der in der Neufassung als durchgehende Rolle angelegt ist. Und auch die Lichtregie (neu: Carlo Cerri) ist noch eindrucksvoller. Das Publikum feierte die Premiere, Xin Peng Wang, sein Team und die großartigen Tänzer am Samstag im ausverkauften Dortmunder Opernhaus mit Jubelschreien.
Tragische Liebesgeschichte
„Der Traum der roten Kammer“ ist eine Reise – durch viele Jahrhunderte (von der Ming Dynastie bis Mao) und durch die chinesische Kultur. Für uns Europäer ist das eine ferne, wenngleich farbenprächtige Welt. Wang holt sie näher: mit Menschen und Symbolen wie dem Kirschbaum, der präsent ist auf der Bühne, im Winter blüht und am Schluss gefällt wird – eine herzbewegende Szene.
Im Zentrum des chinesischen Nationalepos steht eine Liebesgeschichte, die Wang in seiner Neufassung schärfer herausstellt. Die tragische Liebe zwischen Pao Yü und seiner Cousine Lin Dai Yü wirkt damit noch emotionaler.

Simon Jones tanzt den Spross aus dem Haus des Drachenthrons kraftvoll, die zarte Lin Dai Yü verkörpert Amanda Vieira – eine Anmut auf Spitzenschuhen mit enormer Ausstrahlung. Sae Tamura zeigt wunderbar die härtere Seite der anderen Cousine Pao Tschai, die aus Versehen Pao Yüs Braut wird.
Wang stellt klug die Dreiecks-Liebesgeschichte in den Mittelpunkt; sonst würde man das mit 350 Figuren personalintensive Epos auch schlecht verstehen. Krieger, Gefolge am Palast, auch die Gesellschaft, die wie bei einer Modenschau zur Hochzeit flaniert, sind opulentes Kolorit in diesem Ausstattungs-Traum.
Prächtige Kostüme
Von Han Chunqi stammen die prächtigen, aufwändigen Kostüme, in denen die Compaganie unter anderem einen Tüchertanz mit Stoffbahnen an den Ärmeln tanzt. Frank Fellmann hat eine Bühne gebaut, in der Requisiten wir der Drachenthron, die Lichter im Laternentanz oder die Neonruten, die Paos Herz nach dem Tod der Geliebten schmerzen lassen, toll wirken können.
Wang krönt mit dem „Traum der roten Kammer“ seine Jubiläumsspielzeit in Dortmund. 2013 hat er sein Ballett damit auf eine Gastspielreise nach China geführt, die von chinesischer Zensur in der Kulturrevolutions-Szene überschattet war.
Bewegungsrepertoire erweitert
Für die Neufassung hat er auch das Bewegungsrepertoire in seiner Choreografie erweitert. So wirken Bewegungen aus dem chinesische Kung Fu, dem modernen Ausdruckstanz und dem klassischen Spitzentanz noch fließender und harmonischer.
Die sensible Kapellmeisterin Olivia Lee-Gundermann ist am Pult der Dortmunder Philharmoniker in diesem Tanz-Theater ein Glücksfall, und das Orchester lässt die Musik von Michael Nyman wunderbar farbig klingen.
Einblick in fremde Welt
Nach zweieinhalb Stunden schließt sich die rote Tür zur Kammer wieder; Xing Peng Wang hat uns hineinanblicken lassen in eine faszinierende, fremde Welt. – Für Ballettfreunde ist das ein Traum. Wahrscheinlich müssen die Tanzfreunde schnell sein beim Kartenkauf.
Weitere Aufführungen
Termine: 10. / 16. / 25. / 29. 2., 3. / 10. / 16. / 23. / 29. / 30. 3.2024; Karten: Tel. (0231) 502 72 22 oder www.theaterdo.de
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