Kaputt in Hollywood „Babylon - Rausch der Ekstase“ diese Woche neu im Kino

Von Kai-Uwe Brinkmann
Babylon - Rausch der Ektase: Kaputt in Hollywood
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Dass es im alten Hollywood alles andere als prüde zuging, weiß man aus Kenneth Angers Skandalchronik „Hollywood Babylon“. Auch im Kino gab es schon allerlei zu sehen von wilden Parties in der Filmwelt.

Regisseur Damien Chazelle („La-La-Land“) scheint noch einen draufsatteln zu wollen, wenn er in „Babylon - Rausch der Ekstase“ eine Fete inszeniert, die mit Begriffen wie Bacchanal, Orgie, spätrömische Dekadenz nur unzureichend beschrieben ist.

Schampus, Koks, Exzess

Der Mexikaner Manuel (Diego Calva) fährt 1926 zur Villa eines reichen Filmmoguls, wo er als Party-Gag einen Elefanten abzuliefern hat. Im Haus steppt der Bär, eine feierwütige Meute frönt dem Exzess zu fiebriger Jazzmusik. Schampus fließt in Strömen, Kokain ist pfundweise vorhanden.

Manche Gäste treiben es auf den Tischen, im Obergeschoss nötigt ein fetter Schauspieler (wohl „Fatty“ Arbuckle) eine Frau auf Drogen zu perversen Spielchen. Als die Dame überdosiert ins Koma fällt, will man sie heimlich abtransportieren. Manuel liefert mit dem Elefanten die nötige Ablenkung für das Manöver.

Nobody Nellie (Margot Robbie) in Babylon
Nobody Nellie (Margot Robbie) träumt ebenfalls von Hollywood. © Paramount Pictures

Einen Zipfel vom Ruhm

Chazelle orchestriert die Party als rauschhaftes Bildgewitter, als aberwitzige Zuckung der Hollywood-Spaßgesellschaft, die eine goldene Ära durchlebt und das fortschrittlichste Medium der Zeit bespielt.

Kino-Stars wie Jack Conrad (Brad Pitt) sind die neuen Götter. Jeder träumt davon, beim Film einen Zipfel vom Ruhm zu erhaschen. Manuel bekommt als Chauffeur seine Chance. Conrad stellt ihn als Mädchen für alles ein, Manuel wird es zum Studioleiter bringen.

Frivole Luder im Salon

Nobody Nellie (Margot Robbie) träumt ebenfalls von Hollywood. Dank ihrer Hoppla-hier-komm-ich-Chuzpe schafft sie es auf die Party. Wo sie die tanzende Venus gibt und als Komparsin am Filmset einspringen darf. Sie spielt das frivole Luder im Saloon, was ihr weitere Rollen einbringt.

Manuel und Nellie haben jetzt einen Fuß in der Studiotür. Glücklich werden sie nicht in der Traumfabrik. Auf Party folgt Kater, sie enden kaputt in Hollywood.

Filmstar Jack Conrad (Brad Pitt, r.) und Manuel (Diego Calva)
Filmstar Jack Conrad (Brad Pitt, r.) hat Manuel (Diego Calva) als seinen Fahrer und Assistenten engagiert. © Paramount Pictures

Niedergang und Schatten

Damien Chazelle betätigt sich als Chronist von Krise und Umbruch. Aus Stummfilm wird Tonfilm. Geschmack wandelt sich, Altstars müssen abdanken, Hollywood giert stets nach Frischfleisch. „Babylon“ begleitet die Figuren bis in die 1950-er Jahre, happige 190 Minuten dauert der Film.

Man spürt, dass Chazelles Herzblut in dieses Projekt floss. Hier will er alles einfangen: Hollywoods Pioniergeist und Magie, Niedergang und Schattenseiten und das Dilemma der Menschen, die der Kino-Moloch frisst und irgendwann ausspuckt.

Ein Flopp kündigt sich an

Womöglich hat der Regisseur (auch Skript) sich übernommen. Ja, der Film ist zu langatmig und der Tonartwechsel von Dur zu Moll nicht jedermanns Sache: In den USA floppte „Babylon“ schmerzlich.

Obwohl Brad Pitt eine Glanzleistung zeigt, Margot Robbie eine Wucht ist, Tobey Maguire als irrer Gangster überrascht, lässt all das den Zuschauer seltsam kalt. Kann es sein, dass historisch-psychologische Epen eine Kino-Mode von gestern sind?

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