Die Nachricht erschütterte: Am 30. Juni wurde in einem Bochumer Café ein Säureangriff verübt. Als tatverdächtig gilt ein Bergkamener, der seit dem 1. Juli in Untersuchungshaft sitzt.
Auf der anderen Seite des Angriffs steht das Opfer. Dhia, ein Student, der 2019 aus Tunesien nach Bochum kam. In der vergangenen Woche wurde er 31 Jahre alt. Ein Geburtstag im Krankenhaus. Besucht wurde er dort von Serdar Yüksel. Der 51-Jährige ist Vorsitzender der Awo Ruhr-Mitte, die nun eine Spendenaktion für den jungen Mann startete. Denn was Dhia dem Awo-Chef erzählte, macht tief betroffen.

Der 30. Juni war ein schöner, sonniger Tag. Dhia und seine Frau Angela waren am Kemnader See spazieren. Auf dem Nachhauseweg entschieden sie spontan, in ihrem Lieblingscafé „Fräulein Coffea“ noch ein Stück Kuchen zu essen und einen Kaffee zu trinken. Dhia telefonierte kurz mit Bekannten, die zur Fußball-EM in Gelsenkirchen zu Besuch waren. Auf Arabisch.
„Er kämpft beim Gespräch im Krankenhaus mit den Tränen und seinen Verletzungen, hat Schmerzen und vor allem immer noch Angst“, heißt es in einer Pressemitteilung der Awo Ruhr-Mitte. Dhia wird darin wörtlich zitiert: „Wir saßen draußen, haben bestellt und die Kellnerin kam gerade mit dem Kuchen und dem Kaffee. Ich habe meine Frau angesehen – dann spürte ich einen brennenden Schmerz.“
Es bleibt die Frage nach dem Warum
Den Mann, der dafür verantwortlich war, habe er nicht kommen sehen. Er sah ihn nur noch davonlaufen. Die Schmerzen wurden derweil qualvoll. Bei vollem Bewusstsein sei er dann nur noch kurz gewesen. „Ich war dann wie in einer anderen Welt. Meine Frau hielt meine Hand, die anderen Gäste im Café und die Mitarbeitenden haben mir geholfen und mich beruhigt, bis die Polizei und die Feuerwehr eingetroffen sind“, wird Dhia zitiert.
Den Tatverdächtigen Bergkamener kennt Dhia nicht. „Deswegen frage ich mich immer wieder, warum es mich treffen musste. Ich lebe gerne in Deutschland, engagiere mich sozial, lebe ein normales Leben. Warum?“, fragt sich der Mann, der 2018 ganz bewusst nach Deutschland kam.

„Ich bin Fußballer, verfolge den deutschen Fußball und das Land hat mich gereizt. In Frankreich hätte ich auch studieren können, das wäre sprachlich leichter gewesen. Aber ich suchte die Herausforderung – und fühlte mich in Bochum zu Hause.“
Ohne den Angriff würde Dhia weiter an seinem Master im Bauingenieurwesen in Mülheim arbeiten, nebenbei in Teilzeit in der Branche praktische Erfahrungen sammeln. All das wird auf längere Zeit nicht mehr gehen.
Einmal wurde Dhia laut Awo-Angaben schon operiert, weitere Hauttransplantationen müssen folgen. „Gesundheitlich sind noch einige Hürden zu nehmen, aber es wird aufwärts gehen. Was lange bleibt, ist das seelische Tief“, heißt es in der Mitteilung.
Kurzfristig reisen deshalb Dhias Eltern an, um Sohn und Schwiegertochter zu unterstützten. Seine Mutter werde definitiv mehrere Wochen bleiben.
„Derzeit weiß niemand so richtig, wie es für die beiden weitergeht“, wird Serdar Yüksel in der Awo-Mitteilung zitiert. „Dhia wird auf absehbare Zeit nicht arbeiten und studieren können. Er wird auf psychologische Begleitung angewiesen sein.“
Awo-Spendenkonto für Dhia
Spenden sind möglich auf das folgende Konto:
- Inhaber: AWO Bochum
- IBAN: DE75 4305 0001 0001 2088 18
- Stichwort: Dhia