Auf den Beweisfotos scheint es fast so, als habe er ein wenig ein schlechtes Gewissen: Der Koala, dem der australische Gärtner den Namen Claude gegeben hat, sieht ganz danach aus, als hätten die jungen Blätter ihm ausgezeichnet geschmeckt. Auf alle Fälle wirkt er nicht unterernährt – kein Wunder vielleicht, denn insgesamt hat Claude Pflanzen im Wert von rund 6000 Australischen Dollar gefuttert. Umgerechnet sind das über 3500 Euro.
Der Diebstahl hat sich in einer Gärtnerei in South Gundurimba, einer Ortschaft mit knapp über 300 Seelen in der Nähe von Lismore im australischen Bundesstaat New South Wales, abgespielt. Dem Gärtner Humphrey Herington fiel irgendwann auf, dass etliche seiner Setzlinge angekaut waren oder komplett fehlten. Im ersten Moment dachte er an Possums, die wie Koalas Beuteltiere sind und normalerweise fast alles Grünzeug fressen, das ihnen unterkommt.
Irgendwann erwischte Herington den Übeltäter dann jedoch auf frischer Tat. Als er und seine Kollegen eines Morgens zur Arbeit kamen, saß Claude neben all den Pflanzen und klammerte sich an einem Pfosten fest. Der Koala wirkte vollgefressen, ganz so, als sei er zu satt, um auf einen Baum zu klettern. „Claude hat Tausende von Setzlingen gefressen“, sagte Herington. Er habe sämtliche Arten von Koalafutterbäumen getestet, die sie in der Gärtnerei anbauen würden. „Offensichtlich dachte Claude, dass es sich um ein Restaurant handelt“, scherzte der Australier. „Aber wenn das der Fall wäre, würde seine Rechnung inzwischen etwa 6000 Dollar betragen.“
Ein Giftcocktail an Blättern
Koalas fressen eine Vielzahl von Eukalyptusblättern und einige andere verwandte Baumarten. Die Beutler, die bis zu 20 Stunden am Tag schlafen, brauchen täglich rund 500 Gramm Blätter. Über diese Mahlzeit decken die Tiere auch den Großteil ihres Wasserbedarfs ab. Da die Blätter eher energiearm sind und im Durchschnitt nur 5 Prozent Zucker und Stärke enthalten, sind Koalas eher behäbig. Da Eukalyptusblätter viele giftige Verbindungen enthalten, die denen von Cyanid ähneln, können die wenigsten Tiere sie fressen. Das heißt, Koalas haben ihre Nahrung relativ exklusiv für sich. Die Beutler können mit den giftigen Ölen umgehen, da sie ein recht spezielles Verdauungssystem haben. Spezielle Bakterien in ihren Körpern, die sie nach der Geburt über ihre Mütter erhalten, helfen ihnen dabei.
Obwohl Claude der wahrscheinlich knuddeligste Dieb aller Zeiten ist, wurde er trotzdem von der Gärtnerei verbannt. „Ich habe ein Handtuch um ihn gelegt und ihn ein paar Hundert Meter die Straße hinunter zu einem großen Baum bei meinem Nachbarn getragen“, berichtete der australische Gärtner. Zwei Tage später sei Claude aber schon wieder zurück gewesen und habe sich erneut über Nacht den Bauch voll geschlagen.
Setzlinge sind für Aufforstungsprojekte
Tanya Pritchard von der Tierschutzorganisation WWF Australien, für die die Setzlinge für Aufforstungsprojekte gezüchtet werden, war davon wenig überrascht. „Diese Setzlinge werden gut bewässert und gedüngt und sind erstklassiges Futter für einen Koala“, meinte sie. Claude habe dadurch einen rechten Gourmetgeschmack entwickelt. Das Verhalten zeige aber auch, dass es sich lohne, die Arbeit, die sie über das Projekt „Koala Friendly Carbon“ leisten würden, weiter auszubauen. Die Aufforstungsprojekte stellen nicht nur ein neues Habitat für die Tiere dar, die Bäume sollen auch sogenannte grüne Korridore bilden, um Habitate miteinander zu verbinden.
Auch Claude muss sich seine Mahlzeiten künftig in der freien Natur suchen. Denn Herington hat ihm inzwischen endgültig einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Es tut mir leid, Claude, aber die Party ist vorbei“, sagte der Gärtner. Der Koala habe ihn quasi „um Haus und Hof“ gefressen. Deswegen habe er damit begonnen, einen Zaun zu bauen, um Claude damit den Zutritt zum Gelände zu versperren.
Neue Impfung gibt Hoffnung
Grundsätzlich ist jeder gesunde Koala ein positives Zeichen: Vor allem die Rodung großer Waldflächen hat die Beutler so reduziert, dass die australische Regierung im Februar 2022 eingestehen musste, dass die Tiere aussterben könnten. In den Koalaregionen im Osten des Landes wurden die Tiere deswegen als „gefährdet“ eingestuft. Aktuell geht die Australische Koalastiftung (AKF) von weniger als 80.000 Tieren in der Wildnis aus. Die Zahlen sind jedoch nur Schätzungen.
Neben Rodungen gefährden Buschfeuer die Tiere, zahlreiche Koalas sterben jedes Jahr aber auch durch Hundeangriffe, in Verkehrsunfällen und durch Chlamydieninfektionen. Im Falle der bakteriellen Infektion gibt es inzwischen aber einen Durchbruch: Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben nach rund zehn Jahren Forschungsarbeit eine Impfung gegen die weit verbreitete Infektion entwickelt, die bei Koalas Blindheit und Unfruchtbarkeit verursacht und letztendlich zum Tod der Beuteltiere führt. Seit einigen Monaten werden nun schon die ersten Tiere in der Wildnis geimpft.
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