Augenzeugen des Busunfalls in Kamen „Der Bus muss bremsen! Warum bremst er denn nicht?“

Unfall am Markt: „Der Bus muss doch bremsen! Warum bremst er nicht?“
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Spätestens, als der Bus die Kurve am Alten Markt nicht nimmt, merken Ayfer Görenli und Evin Delice, dass etwas nicht stimmt. Die beiden Frauen aus Bergkamen sitzen in einem Fahrzeug der VKU-Linie 13, der am Dienstagmittag aus der Straße Am Geist kommt und eigentlich an der Haltestelle Kamen Markt halten soll. Kurz vorher hat der Fahrer das Bewusstsein verloren, der Bus touchiert einen entgegenkommenden Mercedes, fährt über eine Verkehrsinsel, überrollt auf dem Gehweg einen Fahrrad-Ständer mit zwei Rädern und kommt kurz vor der Hauswand einer Arztpraxis zum Stehen.

Doris Specht sitzt ebenfalls in dem Unglücksbus: „Helfen Sie ihm“, habe sie ihrem Sitznachbarn zugerufen, als sie sah, wie der Fahrer zusammenbrach, berichtet sie unmittelbar nach dem Unfall. Der Mann habe es geschafft, das Fahrzeug kurz vor dem Aufprall mit der Wand zum Stoppen zu bringen.

In diesem Moment stockt Alfred Mallitzky der Atem: Der FDP-Ratsherr sitzt vor „Pama‘s Café“ auf dem Alten Markt, als er ein „Knirschen und Knarren“ hört. Dann sieht er, wie der Bus von der Straße abkommt und auf den Gehweg fährt.

Ein junger Mann, der an der Bushaltestelle am Markt steht, beobachtet das Gleiche: „Ich habe gedacht: Der Bus muss doch bremsen“, sagt er. „Warum bremst der denn nicht?“ „Zum Glück waren keine Passanten da“, meint Mallitzky. Wer die zerstörten Fahrräder sieht, über die der Bus gefahren ist, ahnt, dass dieser Unfall auch schlimmer hätte ausgehen können – viel schlimmer.

Busunfall Alter Markt in kamen
Der Bus fährt über einen Fahrradstände und reißt zwei Fahrräder mit. © Marcel Drawe

Alle Passagiere überstehen den Unfall unverletzt. Allzu viele seien es nicht gewesen, berichtet Ayfer Görenli: „Im Bus saßen sechs bis acht Leute.“ Die wollen nach dem Unfall natürlich so schnell wie möglich raus. Was gar nicht so einfach ist, denn niemand weiß, wie sich die Türen von innen entriegeln lassen. „Schließlich hat ein Busfahrer sie von außen geöffnet, der von der Bushaltestelle auf der anderen Straßenseite kam“, schildert Görenli.

Da hat sie ihr Mobiltelefon schon in der Hand, um die 112 zu wählen. Verständlicherweise ist die Bergkamenerin extrem aufgeregt. Sie drückt ihr Handy dem Helfer in die Hand, der den Notarzt alarmiert. Der ist ziemlich schnell zur Stelle und kümmert sich um den Busfahrer, der bewusstlos in seinem Sitz liegt. Nachdem Sanitäter ihn aus dem Bus und in den Rettungswagen gebracht haben, ist der Mann schon wieder ansprechbar. Genauere Informationen über seinen Gesundheitszustand sind im Laufe des Dienstags nicht zu bekommen.

Busunfall Markt Kamen
„Zum Glück waren keine Passanten da.“ Der außer Kontrolle geratene Bus überrollte einen Fahrrad-Ständer, Menschen kamen nicht zu Schaden. © Marcel Drawe

Derweil stehen Ayfer Görenli und Evin Delice etwas ratlos neben dem Bus. Sie haben sich halbwegs von ihrem Schreck erholt. VKU-Verkehrsmeister Michael Magnus, der von der Firmenzentrale an der Lünener Straße zur Unfallstelle geeilt ist, hat sie gebeten, sich als Unfallzeuginnen für die Polizei zur Verfügung zu stellen. Die lässt auf sich warten. Als die Beamten eintreffen, sind die meisten Fahrgäste aus dem verunglückten Bus schon weg. Zuvor hatten sie anderweitig Hilfe bekommen.

Zum Beispiel von Suat Kochan, der der Döner-Imbiss betreibt, neben dem der Bus zum Stehen gekommen ist. Er hat den Unfall zwar nicht gesehen, aber gehört: „Das klang als wäre eine Bombe in das Haus eingeschlagen“, sagt er. Er versorgt die geschockten Busfahrgäste mit Wasser.

Busunfall Markt Kamen
Der Bus ist an der Front beschädigt, aber noch fahrtüchtig. © Marcel Drawe

Kinat Levant steht der Schrecken ebenfalls ins Gesicht geschrieben. Er saß am Steuer des Mercedes, den der außer Kontrolle geratene Bus touchiert hat. Die Schäden an der Fahrerseite sind deutlich zu erkennen. Levant ist das in diesem Moment ziemlich egal: „Die Hauptsache ist doch, dass kein Mensch zu Schaden gekommen ist.“

Diesen Satz unterschreibt wohl jeder, der den Busunfall erlebt hat. Ganz sicher auch die Verantwortlichen der Firma Vehling-Reisen aus Bergkamen, der der Bus gehört. Sie müssen sich um den Abtransport des Fahrzeuges kümmern. Der Bus ist zwar an der Front beschädigt, aber noch fahrtüchtig. Vehling-Technikern und Mitarbeitern des städtischen Bauhofes gelingt es, das zerstörte Fahrrad unter dem Bus wegzuziehen und die Reste des Fahrrad-Ständers wegzuflexen. Knapp zwei Stunden nach dem Unfall fährt der Unglücks-Bus über die Bahnhofstraße davon.

Videos zu dem Busunfall finden sich unter hellwegeranzeiger.de

Busunfall Markt Kamen
Wer das Fahrrad sieht, das der Bus überrollt hat, der ahnt: Dieser Unfall hätte auch viel viel schlimmer ausgehen können. © Marcel Drawe

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Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 31. Oktober 2023.