Wüst warnt vor der AfD als „Nazipartei“ Ungelöste Migrationsprobleme sind Schlüsselthema

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Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat auch mit Blick auf die jüngsten Landtagswahlergebnisse vor der gesellschaftlichen Sprengkraft ungelöster Migrationsprobleme gewarnt. Bei der anstehenden Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) werde das „ein Schlüsselthema“ sein, sagte er am Dienstag in Düsseldorf.

Bei seinem Auftritt vor der Landespressekonferenz beschäftigte sich der CDU-Politiker, der auch als einer der möglichen Kanzlerkandidaten der Union gehandelt wird, vor allem mit internationalen und bundespolitischen Fragen. Im Folgenden Ausschnitte seiner zentralen Äußerungen.

Israel: „Es liegen aktuell keine Erkenntnisse zu einer konkreten erhöhten Gefährdungslage vor“, sagte Wüst zu möglichen Risiken in NRW infolge des Hamas-Terrors in Israel. Die bereits erweiterten Schutzmaßnahmen an jüdischen und israelischen Einrichtungen blieben auf hohem Niveau. Die ersten Mitarbeiter des nordrhein-westfälischen Landesbüros in Tel Aviv seien auf Grund der Gefahrenlage bereits ausgereist, andere kämen im Laufe dieser Woche zurück.

Palästina: „Wir stehen ohne Wenn und Aber an der Seite Israels“, betonte Wüst. „Ich halte es für unerträglich angesichts der Bilder, die wir aus Israel sehen, hier Israel-feindlich zu demonstrieren“, sagte er mit Bezug auf eine Kundgebung am vorigen Montag in Duisburg. Deswegen würden alle rechtlichen Möglichkeiten genutzt, solche Demonstrationen einzuschränken oder auch zu verbieten.

Migrationsproblematik: Wenn in Umfragen rund 80 Prozent der Wählerinnen und Wähler sagten, es brauche eine andere Asyl- und Flüchtlingspolitik, damit weniger Menschen kämen, müsse das zu denken geben, mahnte Wüst. Die Kommunen könnten den vielen Menschen, die nach Deutschland einreisten, kaum noch gerecht werden. „Alle Beteiligten müssen sich klar sein, dass die Grenzen des Möglichen erreicht sind.“

Belastung der Kommunen: Auch nach NRW kämen jeden Monat mehr Flüchtlinge. Im August seien es fast 8000 Menschen gewesen - darunter nicht einmal 1000 aus der Ukraine. Die Landesregierung habe den Kommunen zugesagt, bis Anfang nächsten Jahres 3000 zusätzliche Unterbringungsplätze zu schaffen. „Zudem leisten wir weitere 808 Millionen Euro Unterstützung bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen und geben damit die Mittel des Bundes vollständig weiter“, versicherte Wüst. „In Summe geben wir fast das Dreifache an die Kommunen, was wir vom Bund erlangen.“ Der sei allerdings das wichtigste Glied in der Kette für strukturelle Lösungen. „Es ist wenig passiert, leider zu wenig“, warf er der Bundesregierung vor.

Sachleistungen: Eine Umstellung von Bargeld- auf Sachleistungen für Asylbewerber bringt aus Wüsts Sicht nichts als zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Eine Bezahlkarte zu prüfen, könne hingegen sinnvoll sein - aber nur, wenn eine solche Lösung bundesweit einheitlich eingeführt würde.

AfD: Viele Bürger, die über die mangelnde Handlungsfähigkeit des Staates frustriert seien, landeten bei der AfD, stellte Wüst nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen vom vergangenen Wochenende fest. Die prägende Figur der AfD sei Björn Höcke. „Den darf man einen Faschisten nennen, den darf man einen Nazi nennen“, sagte Wüst. „Wenn die prägende Figur einer Partei Nazi ist, dann ist das eine Nazi-Partei.“ Er könne jeden Wähler nur davor warnen, diese Partei zu wählen.

Neuwahlen: Obwohl sich laut repräsentativer Umfrage eine Mehrheit der Bürger für eine vorgezogene Bundestagsneuwahl ausgesprochen hat, sieht Wüst das nicht kommen. „Dass die Menschen unzufrieden sind, ist ja völlig klar“, sagte der CDU-Politiker. Realistisch betrachtet, könnten die regierungstragenden Ampel-Parteien allerdings „gerade nach diesen Wahlergebnissen kein Interesse an Neuwahlen“ haben. Er plädiere dafür, sich lieber der Lösung der Probleme zuzuwenden.

Planungsbeschleunigung: Zu den Kernproblemen in Deutschland zähle die drängende Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, die im Bund weiter auf die lange Bank geschoben werde, während sich die Länder längst einig seien. „Ob es das Stück Schiene ist, Straße, Pipelinebau, die Dinge dauern schlicht zu lange“, kritisierte Wüst. Auch das trage dazu bei, dass mehr als zwei Drittel der Bürger das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates verloren hätten.

Energie: Um Tempo gehe es auch bei Planung und Bau von Pipelines aus Belgien nach NRW. „Die belgischen Freunde sind klar“, resümierte Wüst. Planungswerk und Baurecht seien dort geregelt. Was fehle, sei der Netzentwicklungsplan Gas aus Deutschland. Den müsse der Bund jetzt endlich vorlegen. Angesichts der Bauzeiten von bis zu sieben Jahren müsse er auch die Ausschreibungen für neue Gaskraftwerke starten. Sonst werde der Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2030 nicht erreicht.

Die K-Frage: Gewohnt einsilbig blieb Wüst bei der „K-Frage“. Haben die Landtagswahlsiege von Boris Rhein (CDU) in Hessen und Markus Söder (CSU) in Bayern Auswirkungen auf die offene Frage der Unionskanzlerkandidatur 2025? „Die Kanzlerfrage wird im nächsten Jahr entschieden.“

dpa

Wüst fordert Klarheit über Finanzierung der Flüchtlingskosten: Bisher keine Lösung vom Bund