Anonyme Briefschreiberin stellt sich der Polizei
Wittener Fahrerfluchtdrama
Fünf Jahre nach dem tödlichen Fahrerfluchtdrama aus der Halloween-Nacht 2010 in Witten ist die Polizei einen entscheidenden Schritt vorangekommen: Der anonyme Briefeschreiber, der am Wochenende wichtige Hinweise auf das Umfeld des Täters gegeben hatte, hat sich gestellt. Es handelt sich um eine Frau. Zuvor hatte die Polizei einen hoch emotionalen Brief an den Täter selbst geschrieben.

An dieser Stelle hat sich am frühen Morgen des Allerheiligen-Feiertages 2010 der schreckliche Unfall ereignet.
Vor fünf Jahren war der 20-jährige Christian Marks am frühen Morgen auf dem Heimweg von einer Halloween-Party in Witten überfahren und einfach zurückgelassen worden. Eine Krankenschwester fand den Toten auf dem Weg. Der Fall "Christian" beschäftigt seitdem Polizei und Öffentlichkeit. "Wir haben einen großen Aufwand betrieben und hatten das Gefühl, ganz nah dran zu sein", erinnerte sich Polizeisprecher Volker Schütte. Doch auch ein Zeugenaufruf bei „Aktenzeichen XY“ blieb erfolglos, genauso wie eine ausgesetzte Belohnung.
Doch dann tauchte am Samstagabend der anonyme Brief auf. "Ich schreibe diesen Brief, um mein Gewissen bereinigen zu können..." Mit diesen Worten hatte der anonyme, handschriftlich verfasste Brief an die Polizei, begonnen. Ohne Absender war er Samstagnacht um 0.45 Uhr am Heckscheibenwischer eines Streifenwagens vor der Polizeiwache Witten entdeckt worden. Auf drei Seiten nannte der anonyme Schreiber zahlreiche konkrete Umstände zu der Fahrerflucht vor fünf Jahren. Dabei wurden laut Schütte auch Namen genannt.
Briefschreiber stellte sich Montagabend
Am Montagabend dann stellte sich der Verfasser oder die Verfasserin der Polizei und wurde vernommen. Gleichzeitig waren auf Grund der Berichterstattung zusätzliche weitere Hinweise mit konkreten Informationen bei der Polizei eingegangen. „Diese Angaben werden derzeit alle überprüft“, sagte Schütte. "Wir sind noch lange nicht am Ende unserer Ermittlungen und immer noch für jeden Hinweis dankbar."
Auslöser der ganzen Entwicklung und der neuen Flut von Hinweisen war ein hoch emotionaler, offener Brief der für Witten zuständigen Polizei Bochum, den Polizeisprecher Volker Schütte stellvertretend für seine Kollegen am Freitag an den Täter selbst geschrieben hatte. In diesem schrieb Schütte unter anderem: "Auch nach der Verjährung werden Sie Ihre Schuldgefühle sowie die Angst, verraten oder entdeckt zu werden, nie mehr loswerden. Und diese Angst verjährt nie! Können Sie und Ihre Mitwisser damit bis zum Ende des Lebens klarkommen? Wohl kaum!"
Unklar ist, ob in dem Fall die Verjährungsfrist von fünf Jahren gilt, die jetzt in der Nacht zum 2. November offiziell abgelaufen wäre. Wenn der Fahrer gewusst habe, was er angerichtet habe, und dennoch weitergefahren sei, dürfte die Frist vermutlich nicht gelten, hieß es bei der Polizei. Nach der Auswertung des Schreibens durch die Polizei kann die Staatsanwaltschaft Bochum die Verjährung unterbrechen und Verdächtige vernehmen. Allerdings nur, sofern schwerwiegende Hinweise vorliegen, die auf eine fahrlässige Tötung und Fahrerflucht schließen lassen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bereits am Montag.
Mit Material von dpa