Angst vor Globalisierung ist Antrieb für Populismus

Studie in Europa

Wer wählt AfD, Front National oder UKIP? Und warum? Laut einer Studie sind es in der Mehrheit EU-Bürger, die Angst vor der Globalisierung haben. Und überraschend: Der persönliche Wertekompass spielt dabei nicht die entscheidende Rolle. Wir haben die wichtigsten Ergebnisse grafisch zusammengefasst.

Gütersloh

30.11.2016, 16:05 Uhr / Lesedauer: 2 min
Viele Menschen in Europa haben Angst vor der Globalisierung und wirtschaftlichen Nachteilen.

Viele Menschen in Europa haben Angst vor der Globalisierung und wirtschaftlichen Nachteilen.

Rechtspopulistische Parteien in Europa profitieren von der Angst vor der Globalisierung. Dabei spielt das Flüchtlingsthema die größte Rolle. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Bertelsmann-Stiftung am Mittwoch in Gütersloh vorgestellt hat. Länderübergreifend sehen vor allem die Anhänger von AfD (78 Prozent), der französischen Front National (76) und der FPÖ in Österreich (69) die Globalisierung als Bedrohung. In allen untersuchten Ländern zählt sich mindestens die Hälfte der Anhänger der rechtsnationalen Parteien wie der italienischen Forza Italia oder der britischen UKIP zu den Globalisierungspessimisten, wie es in der Studie mit dem Titel „Globalisierungsangst oder Wertekonflikt?“ heißt.

„Wir dürfen das Werben um besorgte Bürger nicht den Populisten überlassen. Die etablierten Parteien müssen die Angst vor der Globalisierung in ihre Arbeit einbeziehen“, sagt Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung zum Studien-Ergebnis.

"Angst lässt sich leichter auflösen als fest zementierte Werte"

Für die Forscher dabei überraschend: Der persönliche Wertekompass, also ob sich die Befragten eher liberal, konservativ oder autoritär einschätzen, spielt für die Anziehungskraft der populistischen Parteien nur eine untergeordnete Rolle. Isabell Hoffmann, Autorin der Studie, sieht im Faktor Angst etwas Positives: „Das ist ein Hoffnungsschimmer für die Politik, denn Angst lässt sich leichter auflösen als fest zementierte Werte.“

Insgesamt spaltet das Thema Globalisierung die Europäer. Die Mehrheit von 55 Prozent sieht internationale Verflechtungen als Chance, fast jeder zweite (45 Prozent) aber als Gefahr. Und dabei gilt: „Je niedriger das Bildungsniveau und je höher das Alter der Befragten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen Globalisierung als Gefahr empfinden“, sagt Hoffmann. Globalisierungs-Pessimisten fürchten sich nach der Analyse der Bertelsmann-Stiftung am meisten vor Problemen durch Flüchtlinge in ihren Ländern.

Großbritannien überrascht, Deutschland im Trend

Der Blick auf die einzelnen EU-Länder zeigt allerdings auch große Unterschiede und Überraschungen. Nach dem Brexit-Votum, also der Entscheidung der britischen Wähler für ein Verlassen der EU, leben in Großbritannien mit 64 Prozent EU-weit die meisten Globalisierungsoptimisten. Deutschland liegt mit einer Mehrheit von 55 zu 45 Prozent im Trend. Die meisten Pessimisten leben mit 55 und 54 Prozent in Österreich und Frankreich. Italien und Spanien, deren Bürger massiv unter der Finanzkrise nach 2007 gelitten haben, sind mit jeweils 61 Prozent auch mehrheitlich Globalisierungs-Befürworter.

„Wer die Menschen jahrzehntelang belügt und die Spaltung der Gesellschaft durch eine verfehlte Politik vorantreibt, der muss sich über den Erfolg des Rechtspopulismus und die grassierende Politikverdrossenheit nicht wundern“, sagte Bernd Riexinger in einer Stellungnahme zum Ergebnis der Studie. Der Vorsitzende der Linken bezeichnet die Globalisierung „als fadenscheinige Begründung für den Abriss des Sozialstaats“. 

von dpa