Andi Feiler spricht über Krankheit und Schwindelgefühle „Ich habe mich zu extrem aufgeregt“

Andi Feiler so offen wie nie
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Wenn man auf dem Fußballplatz in der Nähe von Andreas Feiler steht, hält man es nicht lange aus. Aber nicht, weil er etwa so ein unangenehmer Zeitgeist wäre. Im Gegenteil. Der sympathische und verrückte Fußballtrainer kann schreien. Und wie! Wenn ihm etwas nicht gefällt, wird Feiler laut. Das bekamen seine Spieler beim Fußball-Landesligisten Königsborner SV besonders in den vergangenen Wochen oft zu spüren. Sportlich läuft es beim KSV mehr schlecht als recht. Und das nagte zuletzt an Feilers Gesundheit.

Er spricht nach seinem Ausscheiden als KSV-Trainer über seine gesundheitlichen Probleme, für die der Fußball mitverantwortlich ist, die vergangenen vier Jahre beim Königsborner SV, die schönsten Momente und mögliche Zukunftspläne. Feiler zeigt sich so offen wie nie zuvor.

In dem Statement des Königsborner SV liest es sich schon so, als habe er bereits länger über den Schritt nachgedacht, als Trainer eine Pause einzulegen. „Es war keine Kurzschlussreaktion“, bestätigt Feiler. „Letzte Saison habe ich schon eine Pause gemacht. Es sind jetzt aber mehrere Sachen zusammengekommen, die mich persönlich sehr belastet haben. Ich bin gesundheitlich angeschlagen, habe eine Herzinsuffizienz und extrem hohen Blutdruck. Damit laufe ich Gefahr, einen Herzinfarkt zu erleiden. Ich habe mich manchmal zu extrem aufgeregt − auch im Training, sodass ich Schwindelgefühle bekommen habe und mich festhalten musste.“

Feiler dachte anfangs noch, diese Symptome würden vorübergehen, aber es wurde nicht besser. Der 5:3-Sieg am Sonntag bei der SG Welper habe ihm wieder ganz neue Baustellen offenbart. Die Partie sei noch schlechter gewesen als die 0:3-Niederlage in der Vorwoche. „So musste ich letztlich zu diesem Entschluss kommen, auch wenn es mir extrem schwer gefallen ist“, sagt der Königsborner.

„Ich bin kein einfacher Charakter und kein typischer Trainer“

Er habe die Mannschaft nicht mehr erreicht. „Ich wusste in der Halbzeit plötzlich nicht mehr, was ich sagen sollte. Ich hatte das alles schon vor dem Spiel erzählt. Wenn man sich wiederholt, nutzt sich das Gesagte ab“, so Feiler. Sportlich gesehen brauche die Mannschaft einen Trainer, der nun einen anderen Zugang zu ihr findet. „Mannschaft und Verein liegen mir sehr am Herzen, darum hänge ich nicht an dem Posten“, erklärt Feiler.

„Ich halte mich auch nicht für so flexibel, meine Persönlichkeit oder meinen Charakter so zu verändern, dass ich vielleicht besser ankomme oder anders vermitteln könnte.“ Er sagt über sich selbst: „Ich bin kein einfacher Charakter und kein typischer Trainer im Amateurfußball. Beim KSV wurde immer sehr viel Rücksicht auf meine Persönlichkeit genommen.“

Der hockende Trainer Andi Feiler.
Der hockende Trainer Andi Feiler. © Ray Heese

Der Mannschaft mache er keine Vorwürfe: „Ich war immer nur fachlich kritisch und durchaus derbe, ja. Ich habe aber nie jemanden beleidigt oder war unter der Gürtellinie.“ Spieler, die ihn kennengelernt hätten, wüssten, dass diese Kritik nur der Entwicklung der Mannschaft dienen würde, „und niemals, um einen fertig zu machen“, sagt Feiler. Er wolle dem Team nicht unterstellen, „dass die Spieler am Ende gegen mich gespielt haben.“

Verletzungen verhinderten eine Profikarriere

Zum Königsborner SV hat der 50-Jährige eine ganz besondere Verbindung, wie er sagt: „Es ist mein Herzens-, mein Jugendverein. Hier habe ich selbst bis zur C-Jugend gespielt.“ Er versuchte sein Glück danach bei Borussia Dortmund, doch Verletzungsprobleme machten den Sprung in den Profibereich unmöglich.

„Ich habe in der Zeit verletzungsbedingt viele Rückschläge erlitten. Ich stand vor der Wahl, was ich alternativ beruflich machen möchte. Denn noch ein Bänderriss und ich wäre komplett raus gewesen. Dann habe ich lieber ganz mit dem aktiven Fußball aufgehört, eine Ausbildung als Fitnesstrainer gemacht und Sport studiert“, so der heutige Gymnasiallehrer.

Der Weg zum Fußballtrainer

Weil sein Patenkind beim SSV Mühlhausen in der Jugend spielte, wurde Feiler dann Fußballtrainer. Das muss inzwischen fast 25 Jahre her sein. „Das war der Jahrgang von Jan Pfeffer (heute Kapitän der ersten Mannschaft des SSV, Anm. d. Red.). Irgendwann bin ich dann in die Rolle des Co-Trainers von Eitzi (Dirk Eitzert, Anm. d. Red.) reingerutscht“, spricht Feiler über seine ersten Trainerstationen.

Zusammen mit seinem Kumpel Benjamin Hartlieb (heute Trainer des Holzwickeder SC) trainierte er vor über zehn Jahren den VfL Schwerte, wechselte von da zum Hombrucher SV und war zu Oberliga-Zeiten Fitnesstrainer beim HSC. 2019 dann der Wechsel zurück zu seinem Jugendverein, mit dem er in der Kreisliga startete und zweimal bis in die Landesliga aufstieg.

Hüpft vor Freude über den Aufstieg: Andreas Feiler (vorne).
Hüpft vor Freude über den Aufstieg: Andreas Feiler (vorne). © Sebastian Reith

Spieler von damals wie Veit-Laurin Wettklo und Markus Sobala sind bis heute da. „Solche Spieler haben mich einfach beeindruckt, weil sie furchtbar lange Verletzungspausen hatten und nie aufgegeben haben.“

Der jetzige Schritt tue ihm sehr leid, „weil ich mich von so vielen Leuten aus dem Umfeld verabschieden musste. Da war ein Umfeld, auf das ich mich immer verlassen konnte.“

Feiler spricht über emotionale Momente abseits der Aufstiege

Abgesehen von den beiden Aufstiegen hat Feiler auch viele andere tolle Erinnerungen an die KSV-Zeit. „Da war ein extrem schöner Moment im letzten Heimspiel gegen Herne. Da habe ich unter den Zuschauern meinen ehemaligen Pastor gesehen, Alfred Buß, der mich damals konfirmiert und vermählt hat“, so der Vater von zwei Kindern.

Noch eine andere Anekdote geht ihm nah: „Da gibt es den Vater eines ehemaligen Mitspielers von mir bei Königsborn. Mein Mitspieler ist leider schon verstorben. Der Papa kommt aber weiterhin. Meinetwegen. Um den KSV zu gucken.“

Wenn er den KSV beschreiben müsste, nennt Feiler sofort Attribute wie „familiärer Verein“: „Hier wird man liebevoll aufgenommen. Es ist dieses Ruhrgebiets-Klima. Alle sind sehr herzlich. Das hat mir sehr viel gegeben und das werde ich auch sehr vermissen.“

Linksaußen müssen ein bisschen verrückt sein

Wie es nun beim Fußball-Landesligisten weitergehen soll, vermochte auch Andi Feiler nicht zu sagen. Ob sein Co-Trainer Kevin Jagusch eine Option wäre? „Ich habe lange mit ihm zusammengearbeitet, wir haben ein vertrauensvolles Verhältnis. Wenn er es machen würde, würde er es gut machen“, ist Feiler überzeugt. „Ich glaube aber, dass er nicht die Zeit aufwenden kann für die Haupttrainertätigkeit.“

Andi Feiler (r.) neben Co-Trainer Kevin Jagusch.
Andi Feiler (r.) neben Co-Trainer Kevin Jagusch. © Schürmann

Feiler selbst will nun erst einmal zur Ruhe kommen. „Ich muss Kraft, Energie und Gesundheit sammeln. Ein bisschen Abstand zum Fußball ist sicherlich nicht verkehrt. Ich habe einen stressigen Job als Lehrer am Gymnasium. Das hat mit einem Gymnasium von früher aber nichts mehr zu tun. Unser Bildungssystem ist im Wandel und für viele Leute wie mich, die lange dabei sind, manchmal schwer nachvollziehbar.“

Eine Rückkehr auf den Trainerstuhl (oder in die Hocke − so traf man Feiler ständig an der Seitenlinie an), kann er sich irgendwann durchaus vorstellen. Dafür ist er einfach zu fußballverrückt: „Ich hätte auch kein Problem damit, wieder Co-Trainer zu sein oder im Jugendbereich zu arbeiten. Ich habe einfach nur Freude daran, Fußballer zu entwickeln“, so der ehemalige Linksaußen, der sich am Ende einen Scherz nicht verkneifen kann: „Über die Linksaußen sagt man ja wie bei Torhütern, dass sie ein bisschen verrückt sind.“ Diese Eigenschaft hat Feiler sicherlich auf dem Platz, aber ganz sicher auch an der Seitenlinie erfüllt.

Anfeindungen oben links
Andi Feiler (oben, l.) bei dessen erster Trainerstation in Mühlhausen. © Privat