Ambitioniertes Klimaschutzpaket für NRW 70 Maßnahmen für den Klimaschutz

Ambitioniertes Klimaschutzpaket für NRW: 70 Maßnahmen für den Klimaschutz
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Mit knapp 70 Maßnahmen für den Klimaschutz will die schwarz-grüne Landesregierung die Energiewende in Nordrhein-Westfalen beschleunigen. Knapp ein Jahr nach Amtsantritt legte Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur (Grüne) dem Landtag am Mittwoch ein Klimaschutzpaket mit einem Volumen von rund zwei Milliarden Euro vor.

Damit will die Koalition ihrem Ziel näherkommen, Nordrhein-Westfalen zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas zu machen. Das Land müsse sich auf die Folgen der Klimakrise einstellen, sagte Neubaur.

Die technologischen Möglichkeiten müssten so genutzt werden, dass der Klimaschutz für die Menschen „erträglich“ bleibe und daraus ein erfolgreiches Geschäftsmodell für die vielen Unternehmen in NRW werde.

Hilfe für Kommunen und Industrie

Das rund 100 Seiten lange Klimaschutzpaket sieht neben dem bereits begonnenen Ausbau von Wind- und Solarenergie die Unterstützung der Kommunen beim Klimaschutz und bei der Wärmewende vor. Die NRW-Kommunen sollen vorbereitet werden auf die vom Bund angekündigte verpflichtende kommunale Wärmeplanung.

Die Ampel-Bundesregierung hatte sich zuvor auf einen Kompromiss beim Gebäudeenergiegesetz und dem sogenannten Wärmeplanungsgesetz geeinigt. Länder und Kommunen sollen in den kommenden Jahren konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen - etwa über den Ausbau der Fernwärme.

In NRW wurden laut Landesregierung die Mittel für den Ausbau der Fernwärme dieses Jahr erhöht. Fernwärme ist Wärme, die nicht im Wohnhaus erzeugt wird, sondern aus einem Kraft- oder Heizwerk in der Umgebung kommt. Meistens wird dort Wasser erhitzt, das dann durch isolierte Rohre in die Häuser geleitet wird.

Auch die Energieeffizienz von Gebäuden und Quartieren soll in NRW gesteigert werden. Industrie, Mittelstand, Handwerk und Unternehmen sollen beim Wandel zu klimaneutraler Produktion unterstützt werden. Ein Viertel der Mittel für die Klimaschutzmaßnahmen soll dafür bereitstehen. Außerdem sollen umweltfreundliche Verkehrsmittel wie das Fahrrad oder der öffentliche Nahverkehr attraktiver werden.

Klimaschutzgesetz wird verschärft

Ein Kernbestandteil des Pakets ist die Verschärfung des NRW-Klimaschutzgesetzes. Dafür legte Schwarz-Grün nun Eckpunkte vor. Das bisherige Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, soll „im Rahmen des technisch und wirtschaftlich zuverlässig Möglichen“ angehoben werden.

Außerdem wird ein verpflichtender „Klima-Check“ für alle Förderprogramme des Landes eingeführt. Ein „Klima-Tracking“ soll die Ausgaben des Landes überprüfen, ein „Klimaschutz-Monitoring“ soll die Maßnahmen der Landesregierung unter die Lupe nehmen.

Klimaschutz nicht gegen die Menschen

Die SPD-Opposition warf der Landesregierung vor, die Energiewende auf dem Rücken der sozial schlechter gestellten Menschen durchziehen zu wollen. Klimaschutz sei auch ein „Gerechtigkeitsprojekt“, sagte SPD-Landtagsfraktionschef Jochen Ott. Er warf Neubaur vor, „viele rhetorische Floskelwolken“ und „rhetorische Zuckerwatte“ produziert, aber wenig Neues geboten zu haben.

FDP-Fraktionschef Henning Höne sprach von einem „Sammelsurium“ an Vorschlägen. Neubaur lege eine nur dürftige Bilanz vor und wolle nun vor der Sommerpause offenbar ein Lebenszeichen von sich geben. NRW sei Industrieland Nummer eins, doch von Neubaur sei ein Jahr lang seit Amtsantritt der schwarz-grünen Regierung wenig zu hören gewesen.

Neubaur, die auch stellvertretende Regierungschefin ist, versprach, Maßnahmen etwa bei der Gebäudesanierung und Wärmeversorgung „mit den Menschen zusammen, angebotsorientiert und nicht von oben verordnet“ umzusetzen. Akzeptanz zum Beispiel beim Aufbau neuer Windanlagen sei ein wesentlicher Baustein, denn die Veränderungen würden auch in der Landschaft sichtbar werden.

SPD-Oppositionsführer Ott sagte dagegen, Schwarz-Grün beschließe etwa eine Photovoltaik-Pflicht, wolle aber Mieterinnen und Mieter nicht bei der Anschaffung von Balkon-Solargeräten unterstützen. Die Förderung von sogenannten Bürger-Windparks richte sich an gutsituierte Menschen, die genug Geld für Investitionen in Windenergie hätten. „Aber Menschen mit normalen Einkommen haben gar nichts davon.“ Die Menschen im Land wollten das Klima schützen. Aber sie wollten nicht die Hauptlast des Energieumbaus tragen.

Ausbau der Windenergie

Die Grünen in NRW haben sich ehrgeizige Ziele auch beim Ausbau der erneuerbaren Energien gesetzt. So sollen laut Koalitionsvertrag in dieser Legislaturperiode in NRW mindestens 1000 zusätzliche Windkraftanlagen errichtet werden. Die Fraktionen von CDU und Grünen brachten am Mittwoch einen Gesetzentwurf ins Plenum ein, mit dem die pauschale 1000-Meter-Abstandsregel für Windenergieanlagen zu Wohnsiedlungen komplett abgeschafft wird. Bei der Erneuerung älterer Windanlagen wurde diese Regel bereits gekippt. Das Gesetz soll im August verabschiedet werden.

Die SPD warf CDU und Grünen vor, seit Amtsantritt Ende Juni 2022 Zeit verschenkt zu haben und den eigenen Ausbauzielen hinterherzuhinken. Nach Ansicht der FDP sollte die bisherige Abstandsregel erhalten bleiben. Das habe auch CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst noch im Wahlkampf gefordert, sagte FDP-Fraktionschef Höne. Nicht der Abstand sei bei Windanlagen das Problem, sondern die bis zu zwei Jahre dauernden Genehmigungsverfahren.

Der CDU-Abgeordnete Jan Heinisch verwies darauf, dass der Ausbau der Windenergie ohne Akzeptanz der Menschen nicht funktionieren werde. Im neuen Landesentwicklungsplan werde ein ungesteuerter Ausbau verhindert.

Für die AfD sagte der Abgeordnete Christian Loose, die Regierung mache mit ihren Plänen zum Ausbau der Windkraft „eine Politik gegen unsere Bürger“.

dpa

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