Altkanzler Schröder: Jetzt spricht er erstmals seit Kriegsbeginn über sein Treffen mit Putin
Krieg in der Ukraine
Seit Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine steht Gerhard Schröder in der Kritik. Nun äußerte sich der Altkanzler erstmals. Unter anderem sprach er über das Zustandekommen seiner Moskau-Reise.

Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder (SPD) hat sich erstmals zu seiner Moskau-Reise geäußert. © picture alliance/dpa
Altkanzler Gerhard Schröder hat sich erstmals seit Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine ausführlich in einem Interview geäußert. Mit der US-amerikanischen Tageszeitung „New York Times“ sprach Schröder bei „reichlich Weißwein“ über die Kriegsverbrechen der russischen Truppen, seine Posten bei russischen Energiekonzernen und die EU-Sanktionen gegen Moskau.
Angesprochen auf die Kriegsverbrechen im Kiewer Vorort Butscha sagte Schröder der Zeitung: „Das muss untersucht werden“, allerdings glaube er nicht, dass der entsprechende Befehl von höchster Stelle, also von Putin selbst gekommen sei.
„Wenn der Krieg vorbei ist, werden wir wieder mit Russland handeln“
Die harten Sanktionen der westlichen Staaten gegen Russland werden nach Ansicht Schröders auf lange Sicht nicht durchzuhalten sein. „Man kann ein Land wie Russland nicht auf Dauer isolieren, weder politisch noch ökonomisch“, sagte er. „Die deutsche Industrie braucht die Rohstoffe, die Russland hat. Dabei geht es nicht nur Öl und Gas, sondern auch um Seltene Erden. Und diese Rohstoffe können nicht einfach ersetzt werden.“ Der Altkanzler ergänzte: „Wenn der Krieg vorbei ist, werden wir wieder mit Russland Handel betreiben.“
Darüber hinaus hat sich Schröder erneut zur Vermittlung im Ukraine-Krieg bereiterklärt. „Ich habe immer deutsche Interessen vertreten. Ich tue, was ich kann. Wenigstens eine Seite vertraut mir“, sagte der frühere SPD-Chef und heutige Lobbyist für russische Energie-Unternehmen. Man müsse nun so schnell wie möglich zu einer Friedenslösung kommen. „Ich denke, dieser Krieg war ein Fehler, und das habe ich auch immer gesagt.“
Schröder war im März nach Moskau gereist, um mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu sprechen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war über die Reise nach eigenen Angaben nicht informiert. Zu den Details des Gesprächs mit Putin äußerte sich der 78-Jährige Schröder in dem Interview nicht und verriet nur so viel: „Was ich Ihnen sagen kann ist, dass Putin daran interessiert ist, den Krieg zu beenden. Aber das ist nicht so leicht. Da gibt es ein paar Punkte, die geklärt werden müssen.“
Schröder reiste nach Moskau zu Putin
Schröder hat Putin dem Bericht zufolge im Kreml getroffen und mit ihm - wie wenige Wochen zuvor Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron - an einem inzwischen berühmt gewordenen sechs Meter langen Tisch gesessen. Außerdem habe er in Moskau mit Putins Berater Wladimir Medinski und dem Oligarchen Roman Abramowitsch gesprochen.
Die Initiative für die Moskau-Reise ging Schröders Angaben zufolge von ukrainischer Seite aus, den Kontakt habe das Schweizer Medienunternehmen Ringier hergestellt. Der ukrainische Parlamentarier Rustem Umerow habe ihn vor der Reise nach Moskau bei einem Treffen in Istanbul über die ukrainischen Positionen informiert.
Nach dem Gespräch mit Putin habe es ein weiteres Treffen mit Umerow in der türkischen Metropole gegeben. Danach sei der Kontakt abgebrochen. Er sei aber bereit, mit beiden Seiten wieder zu sprechen, sagte Schröder der „New York Times“.
Der Altkanzler kann sich einen Rücktritt von seinen Posten für russische Energiekonzerne offensichtlich nur für einen Fall vorstellen: Wenn der russische Präsident Wladimir Putin Deutschland und der Europäischen Union das Gas abdreht. Er sagte, dass er zwar nicht mit einem solchen Szenario rechne: „Das wird nicht passieren.“ Sollte es aber doch dazu kommen, „dann würde ich zurücktreten“, fügt er hinzu, ohne explizit zu sagen, von welchen Posten.
Schröder ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energieriesen Rosneft und war zuletzt auch für die Pipeline-Gesellschaften Nord Stream und Nord Stream 2 tätig. Er steht in Deutschland massiv in der Kritik, weil er sich trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht von seinen Posten trennt. Vier SPD-Verbände haben deswegen ein Parteiausschlussverfahren gegen Schröder beantragt.
Auch der russische Energieriese Gazprom hat Schröder Anfang Februar - kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine - für einen Aufsichtsratsposten nominiert. Die Hauptversammlung ist für den 30. Juni geplant. Schröder ließ laut „New York Times“ in dem Interview offen, ob er die Nominierung annehmen wird.
Die US-Zeitung sprach nach eigenen Angaben zwei Mal mit dem früheren Bundeskanzler und SPD-Chef in seiner Heimatstadt Hannover. Es ist das erste Mal seit Beginn des Ukraine-Kriegs, dass der langjährige Freund Putins sich in einem Interview äußert.
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