Alternativer Nobelpreis für türkische Zeitung "Cumhuriyet"
Vier Preisträger geehrt
Es sollte Erdogan zu denken geben: Der alternative Nobelpreis geht in diesem Jahr unter anderem an die regierungskritische türkische Zeitung "Cumhuriyet". Auch die drei weiteren Preisträger stehen für den Wunsch nach einer besseren Welt.

Einer von vier Preisträgerin ist die unabhängige türkische Zeitung "Cumhuriyet".
Der alternative Nobelpreis wird von der Right-Livelihood-Stiftung mit Sitz in Stockholm, Schweden verliehen. Er bedeutet seit 1980 in jedem Jahr eine Abgrenzung zu den traditionellen Nobelpreisen. Mit dem Right-Livelihood-Award sollen Menschen, Organisationen und Unternehmen ausgezeichnet werden, die "grundlegende menschliche Werte im Angesicht von Krieg und Unterdrückung" verteidigen, heißt es in der Begründung der Stiftung.
Die vier Preisträger teilen sich das Preisgeld von drei Millionen schwedischen Kronen (rund 313 000 Euro). Mit ihnen zählt die Stiftung 166 Preisträger aus 68 Ländern. Die vier Preisträger im Überblick:
"Cumhuriyet", unabhängige türkische Zeitung
Die Auszeichnung für die türkische Zeitung "Cumhuriyet" (Deutsch: Republik) ist nicht nur eine Anerkennung für den zurückgetretenen Chefredakteur Can Dündar. Dass gerade die regierungskritische Zeitung im Jahr des gescheiterten Putschversuches geehrt wurde, ist auch ein Zeichen an den türkischen Präsidenten Erdogan.
Die "Cumhuriyet"-Redaktion zeichnete die Right Livelihood Award Stiftung "für ihren unerschrockenen investigativen Journalismus und ihr bedingungsloses Bekenntnis zur Meinungsfreiheit trotz Unterdrückung, Zensur, Gefängnis und Morddrohungen" aus. "Zu einer Zeit, in der die Meinungsfreiheit in der Türkei zunehmend bedroht ist, beweist die Cumhuriyet, dass die Stimme der Demokratie nicht zum Schweigen gebracht werden kann", schrieb die Stiftung.
"Wir haben Putsche, Putschversuche, Belagerungszustände und Ausnahmezustände durchgemacht, aber wir haben niemals eine Einschränkung des Informationsrechts unserer Leser zugelassen", sagte der Präsident der Cumhuriyet-Stiftung, Orhan Enric, der Right Livelihood Stiftung.
Syria Civil Defence, syrische Hilfsorganisation
Für ihr Engagement bei der Rettung von Zivilisten im syrischen Bürgerkrieg ist die Organisation Syria Civil Defence, besser bekannt als "Weißhelme", mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet worden. Zum ersten Mal geht der Preis damit nach Syrien, wie die Right-Livelihood-Stiftung am Donnerstag in Stockholm berichtete.
Die syrischen Weißhelme gelten auch als Kandidat für den Friedensnobelpreis, der am 7. Oktober in Oslo vergeben wird. Zahlreiche Hollywood-Promis haben sich für eine Auszeichnung der rund 3000 Freiwilligen eingesetzt, die ihr Leben riskieren, um ihre Mitmenschen nach Bombenangriffen aus den Trümmern zu retten. Mehr als 60.000 Menschen konnten laut Angaben der Stiftung gerettet werden.
"Die Weißhelme sind tief berührt", sagte der Direktor der Organisation, Raed al Saleh, der Stiftung nach der Preisvergabe. Die Auszeichnung sei auch eine Anerkennung "für die Tapferkeit der Zivilbevölkerung in Syrien, die versucht, ein Leben in Würde zu führen".
Mozn Hassan, Menschenrechtlerin aus Ägypten
Die ägyptische Feministin Mozn Hassan und ihre Organisation "Nazra für feministische Studien" bekommen den Preis "für ihren Einsatz für die Gleichstellung und die Rechte von Frauen unter Umständen von anhaltender Gewalt, Missbrauch und Diskriminierung".
"Nazra" prangert Menschenrechtsverletzungen in Ägypten an, und unterstützt Frauen und Mädchen, die während und nach der ägyptischen Revolution 2011 bei Kundgebungen sexuelle Übergriffe erlitten haben. In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen erkämpfte "Nazra" die Aufnahme von Frauenrechten in der ägyptischen Verfassung.
Weil gegen sie ermittelt wird, darf Hassan das Land derzeit nicht verlassen. "Das wird in vielen Ländern inzwischen gegen Akteure der Zivilgesellschaft verwendet, dass man sie als westliche Spione oder Vaterlandsverräter brandmarkt, weil sie Unterstützung aus dem Ausland bekommen", sagte der Direktor der Right Livelihood Award Stiftung, Ole von Uexküll. Dafür, dass Hassan zur Preisverleihung nach Stockholm kommen kann, will sich die Stiftung mit dem Netzwerk der Preisträger einsetzen.
Swetlana Gannuschkina, Menschenrechtlerin aus Russland
Swetlana Gannuschkina engagiert sich seit 1990 in Russland für Migranten und Binnenvertriebene und hat nach Angaben der Stiftung mehr als 50.000 von ihnen rechtliche Unterstützung, humanitäre Hilfe und Bildung ermöglicht.
Durch Prozesse vor Gerichten in Russland und vor dem Europäischen Gerichtshof konnte die Menschenrechtlerin die Zwangsrückführung von Migranten aus Russland in zentralasiatische Länder verhindern. Damit bewahrte sie sie vor Haft und Folter.
Die 74-jährige Russin nannte die Preisvergabe am Donnerstag "eine große Ehre und eine Solidaritätsbekundung". "Betrüblicherweise ist heute nur eine sehr kleine Anzahl an Flüchtlingen in Russland willkommen und die Rechte von Migranten werden regelmäßig verletzt", sagte Gannuschkina der Stiftung.
Mit dpa