Eine letzte Umarmung: Alkestis (Anne Rietmeijer) verabschiedet sich von Admetos (Steven Scharf).

Eine letzte Umarmung: Alkestis (Anne Rietmeijer) verabschiedet sich von Admetos (Steven Scharf). © Birgit Hupfeld

Alkestis tanzt in der Bochumer Eröffnungspremiere munter in den Tod

rnSchauspielhaus Bochum

Mit Euripides‘ Drama „Alkestis“ eröffnete Intendant Simons die Spielzeit am Schauspielhaus Bochum am Samstag (10. 9.). Ovationen im Stehen gab es nicht nur für seine tolle Inszenierung.

11.09.2022, 14:11 Uhr / Lesedauer: 2 min

Für ein letztes Liebesspiel ziehen sich Alkestis und Admetos in ihren Wohnwagen zurück, während nebenan der Tod mit Leichenwagen schon auf sie wartet (Bühne: Johannes Schütz). Denn der Herrscher über Thrakien hat ein vergiftetes Götter-Geschenk erhalten: Er kann am Leben bleiben, wenn jemand an seiner Stelle in den Tod geht.

Euripides‘ „Alkestis“ handelt von falschen Entscheidungen und feierte am Samstag eine umjubelte Saisoneröffnung im Schauspielhaus Bochum. Die beeindruckende Inszenierung von Intendant Johan Simons ist eine Koproduktion mit Athens Epidaurus-Festival, wo das antike Stück bereits am 1. Juli Premiere hatte.

Intendant Simons integriert Glucks Musik in den Theaterabend

Für die Ruhrtriennale hatte Simons bereits 2016 die Gluck-Oper „Alceste“ inszeniert. Die Musik hat er auch in den Theaterabend integriert. Vier Sängerinnen bilden nun den Chor.

Doch zunächst tanzt die wunderbare Anne Rietmeijer ausgelassen zu Vicky Leandros‘ „Ich liebe das Leben“ in den Tod – und erhält den ersten Szenenapplaus des Abends. Den gibt es später auch für ihren Mann, der zu „God only knows“ von den Beach Boys eine Tanznummer hat. Zuvor hat sie ihrem feigen Gatten noch eine Bedingung gestellt: Er darf nicht wieder heiraten.

Der feige Admetos wirft seinem Vater vor, dass er nicht für ihn sterben wollte

Der souveräne Steven Scharf gibt als Admetos eine trauernde, sich selbst bemitleidende Memme ab. Wütend wirft er seinem alten Vater vor, dass er nicht für ihn sterben wollte. Stefan Hunstein legt einen tollen Auftritt als selbstgefälliger Playboy-Papa im rosa Outfit mit Sonnenbrille (Kostüme: Greta Goiris) hin.

Pierre Bokmas Göttersohn Herakles, ein zupackender Wanderbursche mit Kittelschürze über den Outdoor-Klamotten, erfährt von der Amme, überzeugend verkörpert von Elsie de Brauw, dass sich Alkestis für ihren Mann geopfert hat. Er entreißt sie dem Tod, bringt sie seinem Freund Admetos zurück.

Nach der Aufführung folgt die Preisübergabe zum Theater des Jahres

Doch Simons, der seine Inszenierung durchaus humorvoll angelegt hat, scheint nicht an dieses von Euripides vorgesehene Happy End zu glauben. Alkestis verschwindet mit ihrer Tochter im Wohnwagen, und zurück bleibt Admetos, den sein Gewissen plagt. Und dann bricht tosender Applaus los.

Jetzt lesen

Das Schauspielhaus Bochum wurde dieses Jahr nicht nur von Kritikern zum besten Theater in NRW gewählt, sondern auch zum Theater des Jahres 2022 (wir berichteten). Und diese Auszeichnung übergab Franz Wille von der Zeitschrift Theater heute im Anschluss an die Aufführung auf der Bühne, und das Publikum spendete Ovationen im Stehen.

Termine: 28. 9., 9. / 16. / 25. 10. 2022; Karten: Tel. (0234) 33 33 55 55. www.schauspielhausbochum.de