Air-Berlin-Flug gestrichen: Und jetzt?

Fragen und Antworten

150 Millionen Euro hat Air Berlin von der Bundesregierung erhalten, um den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten. Dennoch hat die Airline zahlreiche Langstreckenflüge bereits aus ihrem Programm gestrichen. Fluggäste haben kaum eine Chance, ihr gezahltes Geld zurückzuerhalten.

BERLIN

, 13.09.2017, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min
Passagiere warteten am Dienstag in Düsseldorf teilweise vergeblich auf ihren Abflug.

Passagiere warteten am Dienstag in Düsseldorf teilweise vergeblich auf ihren Abflug.

Air Berlin hat am Donnerstag zahlreiche Langstreckenflüge aus dem Programm gestrichen. Ist das zulässig? Ja. Im normalen Flugbetrieb kann es ebenfalls vorkommen, dass Flüge gestrichen werden. „Gerade wenn Flüge nicht ausgebucht sind, kann es zu Flugabsagen kommen“, sagt Sabine Fischer-Volk, Expertin für Fluggastrechte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.  Aber in solchen Fällen sind Fluggäste rechtlich abgesichert.

'Welche Rechte sind das? Die Rechte für Fluggäste sind in der Europäischen Fluggastverordnung  klar geregelt. Fallen Flüge aus, hat man als Fluggast das Recht darauf, den Ticketpreis voll erstattet zu bekommen oder sich einen alternativen Flug anbieten zu lassen. Wird die Annullierung des Fluges 14 Tage vor Abflug  oder später bekanntgegeben und liegt die Schuld dafür bei der Airline, kann dem Fluggast sogar zusätzlich zum Ticketpreis noch ein Schadensersatz zwischen 125 bis 600 Euro zustehen.  Auch für die am Dienstag gestrichenen Flüge besteht der Anspruch auf Entschädigung. „Krankheit ist kein Entlastungsgrund“, so Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale. Das gelte auch, wenn sich Piloten im großen Stil krankmelden, wie es der Fall war.

Und wie setzen Fluggäste diese Rechte durch? Das ist im Fall von Air Berlin aktuell das Problem. „Der Anspruch ist immer noch da“, sagt Julia Blatt, Juristin beim Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz. Inwieweit sich dieser aber wegen der besonderen Situation der Insolvenz durchsetzen lässt, ist fragwürdig. Wer eine Pauschalreise gebucht hat, kann gegenüber dem Reiseanbieter seine Ansprüche geltend machen. Auch für Kunden, die nach dem Insolvenzstichtag am 15. August gebucht haben, stellt Air Berlin eine Erstattung des Ticketpreises in Aussicht. Ale, die vor der Insolvenz gebucht haben sind schlechter gestellt. Ihre Forderungen gelten als Altlasten. Für sie heißt es: Gezahlte Flüge  gehören zur Insolvenzmasse, die Wahrscheinlichkeit,  eine Rückzahlung zu erhalten, ist eher gering.  

Was können Fluggäste tun? „Unabhängig  davon, welchen Tarif Sie gewählt haben, haben Sie im Fall der Stornierung bei der Airline das Recht auf eine Umbuchung“, so die Juristin Blatt. Sie rät dazu, dies bei der Airline erstmal versuchen. Gerade Fluggäste, die direkt am Flugschalter erfahren, dass ihr Flug ausfällt, können probieren, eine Umbuchung zu erhalten, rät Blatt. Zusätzlich können Kunden versuchen, ihren Anspruch über Fluggastportale wie Flightright oder Fairplane geltend zu machen, diese Verlangen im Erfolgsfall eine Provision. Doch es bleibt dabei: Die Chancen, am Ende der Insolvenz tatsächlich Rückzahlungen und Entschädigungen zu erhalten, sind gering.  

Was sollten Fluggäste auf jeden Fall vermeiden? Fluggäste sollten ihren bereits gebuchten und nun vielleicht gestrichenen Flug auf keinen Fall stornieren. „Dann hat man gar keine Ansprüche“ , mehr so Fischer-Völker. Außerdem solle man nicht in Vorleistung treten und erwarten, dass man das Geld zurückbekommt, sagt Juristin Blatt. Wer jetzt einen Ersatzflug bucht, hat kaum eine Chance auf Erstattung.  

Viele Fluggäste werden also weder einen Flug noch ihr Geld zurück erhalten – obwohl die Bundesregierung 150 Millionen Soforthilfe gezahlt hat. Wie kann das sein? Verbraucherzentralen kritisieren schon länger, dass es keinen Insolvenzschutz  für Flugpassagiere gibt, die nicht pauschal gebucht haben. „ Es kann nicht sein, dass der Bund mit Steuergeldern eine Airline sichern will, aber die Verbraucherrechte der Steuerzahler links liegen lässt“, sagt Oskar de Felice, Rechtsexperte bei Flightright.  

Werden noch mehr Langstreckenflüge gestrichen? Gut möglich. Am Montag kündigte die Airline an, vom 25. September an keine Flüge mehr in die Karibik anzubieten. Diese gab es bislang von Düsseldorf nach Curacao, nach Cancún in Mexiko, Havanna und Varadero in Kuba sowie in die Dominikanische Republik (Punta Cana und Puerto Plata). Bereits Anfang September hatte Air Berlin erste Streichungen auf der Langstrecke angekündigt. Diese Ankündigung wird nun für die Strecken Berlin-Abu Dhabi, Berlin-Chicago, Berlin-Los Angeles und Berlin-San Francisco sowie Düsseldorf-Boston ebenfalls am 25. September wirksam und damit etwas früher als zunächst geplant. So wolle man den operativen Betrieb aufrecht erhalten, hatte die Airline begründet. Die Vereinigung Cockpit (VC) befürchtet, dass der Langstreckenbetrieb der Air Berlin komplett eingestellt werden könnte. VC-Präsident Ilja Schulz sagte der "Rheinischen Post", es bestehe die Sorge, dass mit einer "enormen Preiserhöhung die Langstrecke so unattraktiv gemacht werden soll, dass sie noch vor der Übernahme eingestampft werden kann".

mit Material von dpa